Erklärung
des US-Friedensrates vom 6. Januar 2021 in Washington DC:
Die Bewegung
steht vor einer ernsten Bedrohung!
10. Januar 2021
https://uspeacecouncil.org
Die tiefen politischen und sozialen Widersprüche des kapitalistischen Systems
der USA, die in den letzten Jahrzehnten für die Menschen immer sichtbarer
wurden und mit der Wahl von Donald Trump im Jahr 2016 an die Oberfläche
getreten waren, fanden ihren krassesten Ausdruck in der offenen Randale von
Trump Anhängern und der Übernahme des Kongressgebäudes am 6. Januar.
Der
rechtsgerichtete Aufstand in Washington, DC am 6. Januar 2021 war eine
Manifestation der sich verschärfenden wirtschaftlichen und sozialen Krise in
den Vereinigten Staaten. Das hohe Maß an sozialer Ungleichheit und
wirtschaftlicher Unordnung in der gesamten Gesellschaft, für das die
herrschende Klasse der USA im Rahmen der kapitalistischen Ordnung keine
Lösungen hat, hat zum Verlust der Legitimität des Staates und seiner
Institutionen geführt. Das allgemeine Unwohlsein in der US-Gesellschaft
wird jedoch fälschlicherweise als Kampf zwischen Trump und seinen Legionen
einerseits und den Demokraten und „gemäßigten“ Republikanern andererseits
dargestellt.
Was passiert
ist: ein Aufstand, aber kein Putsch
Viele haben
die Ereignisse am 6. Januar als einen Putschversuch von Trump interpretiert, um
die Staatsmacht mit extra-legalen Mitteln zu erhalten. Und viele,
insbesondere die Anhänger der Demokratischen Partei, freuten sich über das
Scheitern dieses Putschversuchs und den endgültigen Sieg der Demokraten bei
diesen Wahlen. Es wird der Eindruck erweckt, dass dieser „gescheiterte
Putsch“ den letzten Atemzug einer abartigen Ära darstellte, die mit der Wahl
von Donald Trump begann und mit dem Übergang zu Joe Biden endet. Aber dies
war weder ein Putschversuch gegen die herrschende Klasse der USA noch die
letzte Phase einer vermeintlich abweichenden Ära in der zeitgenössischen
US-Geschichte.
Erstens hat
sich kein erfolgreicher Staatsstreich in der Geschichte lediglich auf
offizielle Anfechtungen des Wahlprozesses oder die Übernahme des Parlaments
eines Landes durch einen Mob wütender Zivilisten beschränkt. Ein
Putschversuch erfordert auch die Mobilisierung oder Unterstützung des gesamten
oder eines Teils des Unterdrückungsapparats des Staates – des Militärs, der Polizei
und anderer Zwangsorgane – und die Übernahme der Exekutive des Staates, nicht
nur des Parlaments des Landes. Es gibt viele Putschbeispiele, die dieses
Muster belegen – 1953 im Iran, 1973 in Chile, 2002 in Venezuela, 2009 in
Honduras, 2014 in der Ukraine und 2019 in Bolivien, um nur einige zu nennen.
Diejenigen,
die die Ereignisse vom 6. Januar als Putschversuch bezeichnen, ignorieren die
Tatsache, dass die Mehrheit der herrschenden Klasse in den USA aus mehreren
Gründen kein Problem mit der Wahl von Biden hatte: 1.) Trump war bereits zu störend für den normalen Betrieb des Staates
geworden; – 2.) insbesondere Trumps Umgang mit der Pandemie hatte
insbesondere die Wirtschaft und die Legitimität der Kapitalistenklasse in
Schutt und Asche gelegt. 3.) Die Biden-Regierung würde als Kopie der
Obama-Regierung ihren Interessen reibungsloser und weniger konfrontativ dienen.
4.) Viele ehemalige Verteidigungsminister beider Parteien hatten bereits vor
einer militärischen Beteiligung an den Wahlen gewarnt. Trump war sich
daher bewusst, dass jeder Putschversuch zum Scheitern verurteilt sein würde,
bevor er begann. So wie es Glenn Greenwald
treffend beobachtet
hat: „Es gibt
einen großen Unterschied zwischen einerseits Tausenden von Menschen, die sich
nach einer lange geplanten, koordinierten Verschwörung mit dem Ziel, die
permanente Macht zu ergreifen, ihren Weg ins Kapitol freischießen und
andererseits einer impulsiven und von Missständen getriebenen Menschenmenge,
die mehr oder weniger ins Kapitol eindringt… und dann ein paar Stunden später
wieder geht.“
Das, was
Trump und seine Anhänger taten als Putschversuch zu bezeichnen, ist ein Ablenkungmanöver, das in das irreführende Narrativ einer
Seite des Fraktionskampfes innerhalb der herrschenden Klasse der USA, nämlich
der Demokratischen Partei, fällt.
Zweitens
wurde das, was am 6. Januar geschah, nicht einfach von Trump und seinen „Ermöglichern“ angezettelt, sondern war eine weitere
Manifestation der sich verschärfenden Legitimitätskrise des imperialistischen
US-Staates, die im vergangenen Jahr durch das Versäumnis des Staates, das Leben
der Menschen zu schützen, weiter verschärft wurde – sowohl physisch als auch
wirtschaftlich – angesichts der COVID-19-Pandemie. Jahrzehntelange Verschwendung
der Ressourcen des Landes für Kriege und militaristische Politik im Ausland auf
Kosten der elementarsten Bedürfnisse der Menschen haben zu tiefen Spaltungen,
Polarisierung und weit verbreitetem Misstrauen gegenüber staatlichen
Institutionen geführt, so dass ein normales Geschäft „business
as usual“ für die
Regierungsparteien der USA unmöglich wird.
Was am 6.
Januar geschah, war eine rechtspopulistische und rassistische Reaktion in
die entgegengesetzte Richtung als progressive Forderungen auf die gleichen
kumulativen Auswirkungen der sich vertiefenden Klassenspaltungen und der
Polarisierung der gesamten Gesellschaft – massive Arbeitslosigkeit,
grassierende Armut und eine enorme Zahl von Todesfällen – alles direkte
Ergebnisse der Politik der Vernachlässigung durch die Regierung. Auch das
war ein klarer Ausdruck des Misstrauens
der Massen gegenüber den Institutionen des US-Staates. Hier war der
Wahlprozess nur ein Auslöser, nicht die Ursache dieser Explosion – genauso wie
die Ermordung eines Prinzen der Auslöser für den Beginn des Ersten Weltkriegs
war, nicht dessen Ursache.
In
Deutschland führte der gleiche gefährliche Prozess der sich verschärfenden
Krise im Kapitalismus in den 1930er Jahren zum Aufstieg Hitlers, des
Nationalsozialismus und zum Zweiten Weltkrieg. Auch dort wurden die
zutiefst gestressten und von Armut betroffenen Massen von Menschen, die
berechtigte Einwände gegen die herrschende Situation hatten, von
„populistischen“ Irreführern wie Hitler zur Errichtung eines faschistischen
Staates in die Irre geführt. Auch dort war der Angriff auf das deutsche
Parlament, den Reichstag der Auslöser der den Prozess auslöste.
Drittens
werden die Hauptursachen der weit verbreiteten Krise, von der das System
betroffen ist, ignoriert, wenn die aktuelle Krise als eine von der
Trump-Administration verursachte „abweichende“ Periode betrachtet
wird. Die kumulativen Widersprüche des Systems, die sich in den letzten
Jahrzehnten verschärft haben, sind offener an die Oberfläche getreten und
werden als Hauptantriebskraft aller gegenwärtigen und aufkommenden Spannungen
wirken. Mit anderen Worten: Die Ereignisse vom 6.
Januar sind nicht die letzte Phase einer „abartigen“
Trump-Ära, sondern die Anfangsphase einer neuen Ära verschärfter
Konfrontationen. Tief verwurzelte Klassen- und Rassenkonflikte, nicht nur
überstrukturelle politische Konflikte, werden die Hauptarena des Kampfes der
Menschen bilden.
Bedrohungen
für die Bewegung
Die
Ereignisse vom 6. Januar im Kapitol spielten sich ab vor dem Hintergrund
schwerer Krisen, nicht nur in den USA, sondern in
der ganzen Welt – nukleare Vernichtung, Klimakatastrophe und neoliberale
Zerstörung des Gesellschaftsvertrags -, die eine internationale Bewegung
herausfordern.
Diese
Ereignisse werden benutzt, um von grundlegenderen Problemen
abzulenken. Über Nacht wurden die grundlegenden Bedürfnisse der
arbeitenden Bevölkerung nach wirtschaftlicher Entlastung von Zwangsräumungen,
Arbeitslosigkeit und selbst der Pandemie in den Hintergrund
gedrängt. Während mit nur 20 oppositionellen Demokraten ein Rekordetat von
740 Milliarden US-Dollar den Kongress quasi ohne Widerstand durchlief, wurden
dringend benötigte Reformen, die den Werktätigen zugute kommen könnten, auf die lange Bank geschoben.
Ein Programm
gegen inländischen Terrorismus wird von den Demokraten im Namen der Bekämpfung
des Faschismus angepriesen, obwohl dies ein weiterer Schritt in Richtung des
autoritären Staates ist. Das geltende Recht legalisiert bereits jetzt
exzessive Polizeibefugnisse, um der Bedrohung durch inländischen Terrorismus
entgegenzuwirken. Der von beiden
Parteien unterstützte Patriot Act, für den sich Joe Biden als einer der Hauptautoren rühmt, bietet
bereits einen rechtlichen Deckmantel für die Aufhebung der Freiheiten der Bill of Rights. Obama hat 2011 mit seiner NDAA
den Habeas Corpus abgeschafft.
Diese Erweiterungen der Zwangsgewalt
des Staates wurden und werden verwendet werden, um Volksbewegungen zu
unterdrücken und müssen deshalb bekämpft werden. Ebenso wird die Manie zur
Zensur der sogenannten Hassrede genutzt, um etwaige
Meinungsverschiedenheiten zu der gegenwärtigen Ordnung zum Schweigen zu
bringen.
Das Versagen
der Polizei des US-Capitols, sich auf den offen
organisierten Marsch vorzubereiten und die Komplizenschaft von
Strafverfolgungsbeamten mit den rechten weißen Supremacisten,
die am 6. Januar in das Capitol eindrangen, machen
die Ungleichheit bei der Behandlung derjenigen deutlich, die in den USA rechts
und links stehen, insbesondere diejenigen, die indigen, schwarz und braun
sind. Dies hat sich im Jahr 2020 in der Behandlung von Demonstranten, die
sich gegen Polizeigewalt wehren, gezeigt.
Die Antwort
der herrschenden Klasse auf diese Legitimitätskrise besteht darin, zunehmend
auf Repression zu setzen, weil sie die Widersprüche des globalen Kapitalismus
nicht lösen kann.
Der Weg nach
vorn
Was in den USA geschieht, ist ein
Mikrokosmos dessen, was die kapitalistischen Finanzinstitutionen und Eliten auf
dem Planeten durch Handelsabkommen und eine imperialistische Außenpolitik
angerichtet haben, die die
Bevölkerung durch illegale Eingriffe, Aggressionen und Wirtschaftskriege
unterdrückt hat, um die Bedingungen für Ausbeutung, Land- und
Ressourcendiebstahl und Umweltzerstörung zu schaffen. Unsere Aktionen können nicht auf die USA beschränkt werden, denn wenn
die globalen Eliten bereit sind, Menschen überall zu unterdrücken und
auszubeuten, werden die Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, weitergehen.
All dies
zeigt uns, dass die Ära der Hoffnung auf Reformen von oben beendet ist. Es ist an der Zeit, dass die Volksbewegung
diesen gefährlichen qualitativen Wandel in der aktuellen Situation in den USA
erkennt und ihre Herangehensweise, ihre Taktik und ihre Organisationsmethoden
an die Anforderungen der gegenwärtigen Situation anpasst.
Eine einheitliche Massenbewegung an
der Basis ist erforderlich, um die grundlegenden Klassenwidersprüche des
Systems als Ganzes anzugehen und sich nicht darauf zu beschränken, nur die
Symptome zu bekämpfen, indem man
kosmetische Veränderungen durch Wahlen und Reformen von oben anstrebt.
Wir
müssen alle Kontingente der Volksbewegung – Arbeit, soziale Gerechtigkeit,
Bürgerrechte, Menschenrechte, Umwelt, Frieden – in einem einzigen koordinierten
Netzwerk zusammenführen, mit einer klaren Agenda, die sich mit den Ursachen der
gegenwärtigen Krise befasst und nicht nur mit ihren vielfältigen Symptomen.
Insbesondere
angesichts der Tatsache, dass die tiefen sozialen, wirtschaftlichen und
ökologischen Krisen, mit denen unser Volk heute konfrontiert ist, durch
jahrzehntelange militaristische Politik, die von beiden Konzernparteien
gefördert wurde, verschärft wurden, ist es jetzt zu einer dringenden Aufgabe
unserer Friedensbewegung geworden, dies den Menschen zu erklären, besondere
denen, die der rechtspopulistischen Propaganda zum Opfer fallen, dass die
Hauptursache ihres Leidens die imperialistische Militär- und Wirtschaftspolitik
der US-Regierung ist und nicht ihre Mitbürger – Afroamerikaner, andere People of Color, Immigranten, die Armen usw. – die selbst die
Hauptopfer derselben Politik sind.
Wir müssen
schnell auf diese und andere dringende Aufgaben reagieren, wenn wir nicht
wollen, dass sich die hässliche Geschichte der Vergangenheit wiederholt,
diesmal in den Vereinigten Staaten.
Kommentar zum Obigen von Brigitte Queck
1.Sehr
richtig stellt der US-Friedensrat fest, dass sich in den USA die tiefen
politischen und sozialen Widersprüche des kapitalistischen Systems verschärft
haben.
2. Der Sturm
auf das Capitol war ein klarer Ausdruck des
Misstrauens großer Teile der Bevölkerung gegen Institutionen des US-Staates.
Denn: wie kann
es sein, dass fast 10 Millionen von US-Bürgern MEHR den US-Präsidenten Trump
ihre Stimme gaben, ALS ZU DESSEN Amtsantritt als Präsident UND TROTZDEM NICHT ERNEUT US-PRÄSIDENT
WURDE ?
Die Mehrheit
der ärmeren Bevölkerung in den USA hatte nämlich verstanden, dass Trump
wenigstens EINIGE SEINER VERSPRECHEN NACH SEINEM AMTSANTRITT ALS US-PRÄSIDENT
ERFÜLLT HAT:
a) keine neuen Aggressionskriege gegen
andere Staaten anzuzetteln,
b)
einen Teil der US-Soldaten aus dem Ausland abzuziehen und wieder nach
Amerika zu holen> Damit erfüllte er zumindest auch partiell den Wunsch der
US-Friedensbewegung “Holt unsere Soldaten heim!“
3. Den Sturm
auf das Capitol deshalb als rechten Aufstand abzutun,
finde ich aus diesem
Grunde vermessen !!
Zu den Menschenmassen, die am 6. Januar
2021 das Capitol stürmten, gehörten auch
ehemalige Soldaten wie Ashli Babbitt, die 14 Jahre lang als
Sicherheitsexpertin der Air
Force im
Irak und in Afghanistan ihren Dienst getan hat und die verbrecherischen
Angriffskriege—so, wie auch viele ehemalige Golfkriegsveteanen—anprangerte !
Dafür wurde
diese UNBEWAFFNETE US-Offizierin am 6.1.2021 mit einem gezielten
Schuss
niedergestreckt und BIS HEUTE IN ALLEN WESTLICHEN MEDIEN DEREN
FRÜHERE TÄTIGKEIT
ALS SICHERHEITSEXPERTIN DER US-ARMY
VERSCHWIEGEN !!!
4. Richtig
ist, dass die herrschende Klasse nach der erfolgreichen Niederschlagung des Sturms
auf das Capitol—zu
dem die Nationalgarde hinzugezogen werden musste(!!)—
nunmehr zu noch repressiveren Mitteln
greifen wird, um Volksbewegungen in den USA zu
unterdrücken.
5. Richtig ist, dass nicht nur in den USA,
sondern in allen imperialistischen Staaten der Welt,
eine EINHEITLICHE
MASSENBEWEGUNG ERFORDERLICH IST, UM DIESES
GESELLSCHAFTSSYSTEM, DAS NICHT IN DER LAGE IST, DIE ANSTEHENDEN
PROBLEME DER MENSCHHEIT WIE SOZIALE
SICHERHEIT UND FRIEDEN FÜR
ALLE MENSCHEN IN DER WELT ZU LÖSEN, ABZUSCHAFFEN !!!