SCHWEIZ : PROTESTSCHREIBEN AN DEN BUNDESRAT

bezüglich Beziehungen zu dem derzeitigen brasilianischen Präsidenten

18.1.2019

 

Schweizerische Bundeskanzlei

Bundeshaus West

3003 Bern

Basel, 18. Januar 2019

 

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Maurer

Sehr geehrte Herren Bundesräte Cassis und Parmelin

 

Mit Entrüstung haben wir erfahren, dass Sie als Vertreter der offiziellen Schweiz für das kommende World Economic Forum WEF eine Zusammenkunft mit dem äußerst umstrittenen neuen Präsidenten von Brasilien offensiv anstreben.

 

Nicht nur in fortschrittlichen Kreisen, auch in der bürgerlichen Presse wurde die Wahl von Jair Bolsonaro als “akute Gefahr für das Überleben der Demokratie in Brasilien” bezeichnet (TagesAnzeiger vom 8. Oktober 2018). Die Wahl Bolsonaros kam zustande, weil der aussichtsreichste Kandidat, Lula da Silva, mit äußerst umstrittenen Methoden verhindert wurde.

Das UN-Menschenrechtskommittee hatte Brasilien vor der Wahl in einer informativen Note dazu aufgefordert, die Kandidatur Lulas für die Präsidentschaftswahlen nicht zu behindern.

 

Diese Aufforderung wurde

von den Verantwortlichen in Brasilien ignoriert.

Der Öffentlichkeit – also auch dem Bundesrat – ist bekannt, mit welch primitiven Äußerungen sich Bolsonaro “profiliert” hat:

 

«Der Fehler der Militärdiktatur bestand darin, zu foltern, statt zu töten.» «Polizisten, die nicht töten, sind keine Polizisten.»

«Frauen sollen weniger verdienen als Männer, weil sie schwanger werden.»

«Die Schwulen sind ein Produkt des Drogenkonsums.»

 

Bolsonaro hat sich dafür ausgesprochen, Brasiliens größte Favela von Militärhelikoptern aus zu beschießen. Er musste eine Abgeordnete finanziell

entschädigen, nachdem er gesagt hatte, sie sei zu hässlich, um von ihm

vergewaltigt zu werden.

 

Nun im Amt, bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen.

Per Dekret hat Bolsonaro jedem Bürger erlaubt, vier Waffen zu besitzen. Er hat die Kriminalisierung von sozialen Bewegungen angeordnet und bezeichnet die Landlosen des Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra MST als Terroristen. Bolsonaro hat Umweltschutzbestimmungen für das Amazonasgebiet

außer Kraft gesetzt und der Agrarlobby damit grünes Licht zur Ausbeutung und Plünderung dieses für das Überleben der Menschheit und des Planeten wichtigen Naturschutzgebietes gegeben.

 

Der Verdacht liegt nahe, dass sich auch in der Schweiz domizilierte Großunternehmen an diesem Sündenfall beteiligen wollen.

Die Schweizer Regierung lädt sich und damit dem ganzen Volk größte moralische Schuld auf, wenn sie sich nicht entschieden von dieser Natur- und

menschenverachtenden Politik distanziert und im Gegenteil den zerstörerischen Machenschaften von Syngenta, Nestlé und Ruag Vorschub leistet.

 

Abscheu erfasst uns bei der Vorstellung, dass für wirtschaftliche Interessen unschuldige Ureinwohner von brasilianischen Faschisten und Auftragskillern abgeknallt werden könnten – womöglich mit Schweizer Munition („Brasilien ist ein Waffen-Eldorado“ NZZ vom 10. August 2018).

 

Wir bitten den Bundesrat eindringlich, sich von solchen Verbrechen an der Menschheit zu distanzieren.

Mit freundlichen Grüßen

ALBASUIZA

Natalie Benelli Samuel Wanitsch