Russland in die NATO ?
Der frühere
Verteidigungsminister und jetzige CDU-Sicherheitsexperte Volker Rühe erklärte
in seinem Gastbeitrag für die in Düsseldorf erscheinende „Rheinische Post“ am
16. Oktober 2010: „In Regionen, die für uns von vitaler Bedeutung sind, haben
Europa, Amerika und Russland gemeinsame Interessen“. Dabei führte er gemeinsame
Herausforderungen wie den sog. Kampf gegen den Terrorismus, das Problem der
Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und die Instabilität im Nahen Osten an. Außerdem
„hätte Russland auch viele Möglichkeiten, die NATO in Afghanistan zu
unterstützen.“
Der Grünen
–Fraktionschef Frithjof Schmidt erklärte am 22.10.2010, es sei wichtig,
„Russland nicht länger als Feind zu betrachten“. Man müsse ein „echtes System
kollektiver Sicherheit“ schaffen, „das von Vancouver bis Wladiwostok reicht.“
Ist eine solche
Einmütigkeit führender deutscher Politiker ein Zufall ?
Nun, die
Bilderberg-Konferenz, wo führende Wirtschaftsleute, Politiker, Medienmogule,
bzw. einflussreiche und von der Wirtschaft gesponserte Journalisten, sich
jährlich versammeln, um die Strategie und Taktik gegen Staaten, die der sog.
westlichen Wertegemeinschaft noch nicht angehören, beraten wird, liegt noch
nicht weit zurück !
Sicher hätten es wohl
einige westliche Politiker, vor allem in den USA, gern, Russland in die NATO
einzubeziehen. Unwillkürlich fühlt man sich erinnert an die kalte Vereinnahmung
der DDR und der anderen sozialistischen Staaten durch den Westen auf dem Wege
der Perestroika. Nur, dass wir heute kein sozialistisches Russland haben,
sondern den Versuch des Westens, Russland seiner Souveränität vollends zu
berauben und in das westliche Wertesystem einzubeziehen. Dass die USA daran ein
Hauptinteresse haben, äußerte Hillary Clinton in ihrer Grundsatzrede vor dem
US-Außenministerium am 8. September 2010, dass die USA am Konzept eines
absoluten Weltführers festhalten. Sie führt u.a. aus:
„ Die Komplexität und
die Vernetzung in der heutigen Welt haben eine neue, amerikanische Ära
eingeleitet, eine Ära, in der unsere weltweite Führungsrolle von großer
Bedeutung ist, auch wenn wir häufig neue Wege beschreiten müssen.“ ( siehe
unter www.ag-friedensforschung.de
)
Und Dr.Josef Braml der Deutschen
Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) zitiert in seinem Beitrag „Der
weltweite Westen. Perspektiven amerikanischer NATO-Politik unter Präsident Obama in der Zeitschrift für Außen-und
Sicherheitspolitik, Volume 2, Number
3 den amerikanischen Präsidenten:
„Die globale NATO ist
ein Instrument, das es den USA erlaubt, seine Werte und Interessen im globalen
Maßstab durchzusetzen. Zusätzlich zu seinen transatlantischen Bündnispartnern
sollen auch die Demokratien in Asien in die Pflicht genommen werden, einen
finanziellen und militärischen Beitrag für eine liberale Weltordnung zu
leisten.“
Mit der Aufnahme
Russlands in die NATO hätten die USA Folgendes erreicht:
1. Die USA würden
ihrer Rolle als einzige führende Weltmacht einen großen Schritt näher kommen, weil
mit einer eventuellen Unterschrift Russlands unter eine NATO- Mitgliedschaft
auch all etwaigen Bündnisverpflichtungen mit unterschrieben würden.
2. Die USA und ihre
NATO-Partner hätten dann eine uneingeschränkte Kontrolle über die in Russland
lagernden Bodenschätze und deren Ausbeutung.
3. Damit würde
Russlands Rolle in der UNO als Verteidiger einer multinationalen Welt vollends
eliminiert werden.
4. Durch die damit
einhergehende vollständige Einbindung Russlands in den NATO- Aggressionskrieg
gegen Afghanistan würde Russland auf politischem, militärischem und
ökonomischem Gebiet äußerst geschwächt und allmählich zu einer Provinz des
Westens degradiert werden.
5. Notwendige
Problemlösungen im Nahen Osten, oder die Beendigung des NATO- Krieges gegen
Afghanistan u. a. würden dann hinausgeschoben, bzw. verunmöglicht werden.
6. Durch den Verlust
des Bündnispartners Russland würde eine gerechtere Weltordnung auf der Welt für
lange Zeit hinausgezögert werden.
Mit anderen Worten : eine Einbindung Russlands in die NATO läge weder im
Interesse Russlands selbst, noch im Interesse der internationalen
Weltgemeinschaft.
Brigitte Queck, Dipl.
Staatswissenschaftlerin Außenpolitik