Russland
Gorbatschow sieht in Nato-Osterweiterung keinen Wortbruch
Wurde in den Zwei-plus-Vier-Gesprächen die
Osterweiterung der Nato ausgeschlossen? Nein, sagt nun der ehemalige
sowjetische Staatschef Gorbatschow. Dies sei ein Mythos. 9. November 2014
00:00 Uhr
Der ehemalige sowjetische Staatschef Michail
Gorbatschow besucht den Checkpoint Charlie in Berlin. | ©
REUTERS/Hannibal Hanschke
Der frühere sowjetische Staats- und Parteichef
Michail Gorbatschow hat der Darstellung widersprochen, ihm sei in Gesprächen
über die deutsche Vereinigung ein Verzicht auf eine Ost-Erweiterung der Nato
zugesagt worden. Bei den Verhandlungen 1990 sei dies kein Thema gewesen, sagte
Gorbatschow dem heute-journal im ZDF. Er fügte hinzu: "Der Warschauer Pakt existierte doch noch. Die Frage
stellte sich damals gar nicht."
Im Zwei-plus-Vier-Vertrag von
1990 sei es um das Territorium der DDR gegangen, sagte Gorbatschow. Auf die
Frage, ob es also ein Mythos ist, dass er vom Westen betrogen worden sei,
antwortet Gorbatschow: "Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. Da hat die
Presse ihre Hand im Spiel gehabt."Trotzdem hat Gorbatschow den Westen
wegen seiner Russland-Politik scharf kritisiert und vor einem neuen Kalten
Krieg gewarnt. Nach der deutschen Wiedervereinigung habe es so ausgesehen, als
könnte Europa durch die Schaffung von gegenseitigem Vertrauen ein Beispiel für
Konfliktlösungen weltweit werden, hatte Gorbatschow bei einer Veranstaltung zum
Jahrestag des Mauerfalls am Samstag gesagt. Die Geschichte habe sich aber
anders entwickelt. Europa und die internationale Politik hätten den Test der
Erneuerung nicht bestanden. "Die Welt steht am Rande eines neuen Kalten
Krieges. Einige sagen, er hat bereits begonnen", sagte Gorbatschow.
Der Westen und insbesondere die USA hätten ihre
Versprechen nach der Wende von 1989 nicht eingehalten. Stattdessen habe man
sich zum Sieger des Kalten Krieges erklärt. Den Politikern im Westen seien
Euphorie und Triumphalismus zu Kopfe gestiegen. Sie hätten Russlands Schwäche
ausgenutzt und das Monopol auf Führung in der Welt erhoben. "Die
Ereignisse der vergangenen Monate sind die Konsequenzen aus einer kurzsichtigen
Politik, die darauf abzielt, vollendete Tatsachen zu schaffen und die
Interessen des Partners zu ignorieren", sagte er. Im Ukraine-Konflikt warb
er um Verständnis für die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin,
den er früher oft kritisiert hatte. In jüngsten Äußerungen Putins sei trotz
harscher Kritik am Westen und den USA das Bestreben zu erkennen, Spannungen
abzubauen und eine neue Grundlage für eine Partnerschaft zu schaffen.
Gorbatschow forderte eine schrittweise Aufhebung der Sanktionen, die beiden
Seiten nur schadeten. Vor allem die von der EU und den USA verhängten
Strafmaßnahmen gegen Politiker müssten beendet werden.
Meinungen
von Lesern zum Dargelegten von Gorbatschow:
Bis 2009 hatte die Nato zum Missfallen Russlands nach
und nach zwölf
osteuropäische Staaten aufgenommen. Eine Aufnahme der Ukraine soll Deutschland während des Nato-Gipfels
2008 in Bukarest blockiert haben.
Falsch zitiert:
Im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 sei es um das
Territorium der DDR gegangen, betonte Gorbatschow. "Keine Stationierung
von Atomwaffen, keine Nato-Truppen, Reduzierung der Bundeswehr. Hier wurde
alles erfüllt und wird erfüllt", sagte Gorbatschow.«
Dieser Passus findet sich im heute-journal so
nicht.
Würde er stimmen:
Keine Stationierung von Atomwaffen: Check.
Reduzierung der Bundeswehr: Check.
Aber: Keine Nato-Truppen? In den neuen Ländern
gibt es einige. Sind
die dort dienenden Soldaten keine Betandteile der Nato-Truppen !!
Gut, dass es nicht stimmt — Gorbi wäre andernfalls
nicht mehr bei Verstand.
(direkt) in den 2+4 Verhandlungen 1990 gab es das
Versprechen wohl nicht.
Aber Herr Genscher hat es öffentlich (Video kann
jeder raussuchen) ausposaunt, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnen
wird. Im Hintergrund der laufenden Verhandlungen haben das die (zu diesem
Zeitpunkt zu vertrauensseligen) Russen wohl als Zusage oder Versprechen
empfunden, auch wenn es in den Verhandlungen selbst kein solches gegeben hat.