Kuba
Von den USA und der EU
ausgehaltene Oppositionsgruppe »Damen in Weiß« zerlegt
sich selbst
von Volker Hermsdorf am
29.9.2014 in: Jungewelt
Die im Jahr
2003 nach der Verhaftung von rund 70 Konterrevolutionären in Kuba unter dem
Namen »Damen in Weiß« gegründete Gruppe von Systemgegnerinnen zerfällt. Nachdem
die spanischen Tageszeitungen El País und El Mundo sowie der Nuevo Herald aus
Miami bereits Anfang des Monats über die Abspaltung von 34 ehemaligen
Mitgliedern der Gruppe in Santiago de Cuba berichtet hatten, meldete die
spanische Nachrichtenagentur EFE später auch den Austritt von zehn
Aktivistinnen in Havanna. Einige der Abtrünnigen offenbarten jetzt Tatsachen
aus dem Innenleben der Dissidentengruppe und erklärten, sich mißbraucht und
ausgenutzt zu fühlen. Hinter den Kulissen gehe es nicht um Demokratie und
Menschenrechte, sondern nur um Geld, Privilegien und Macht, erklärten sie in
Stellungnahmen, die das Internetportal Cubainformación am vergangenen Dienstag
veröffentlichte.
Die Enthüllungen blamieren auch deutsche und europäische Politiker, die die
»Damen« mit Geld, Lob und Auszeichnungen überschüttet hatten. So übergab
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) im April 2013 in Brüssel den mit 50 000 Euro dotierten Sacharow-Preis der laut
Daraus dürfte in absehbarer Zeit nichts werden. Belkis Cantillo, eine der
Mitbegründerinnen der »Damas« und deren bisherige Chefin in Santiago de Cuba,
wirft Soler jetzt selbst »diktatorisches Verhalten« vor. Einem daraufhin
von Soler angekündigten Rauswurf kamen Cantillo und mehr als 30 ihrer
Mitstreiterinnen durch Austritt zuvor. Vor allem geht der Streit aber um Geld.
»Für jeden Protestmarsch gegen die Regierung erhalten wir 30 Dollar«, sagt eine
der Ausgetretenen und klagt, dass dies bei dem vielen Geld, das aus dem Ausland
an die Gruppe fließe, »verdammt wenig« sei. »Aber wir einfachen Mitglieder
wissen nicht, was hereinkommt und wo welche Beträge bleiben. Angeblich ist das
Vermögen der Gruppe bei einer Bank in Miami angelegt, doch wir wissen darüber
nichts«, klagt eine andere. Berta Soler habe einen kleinen Zirkel Vertrauter um
sich geschart, der den größten Teil des Geldes und die vielen luxuriösen
Auslandsreisen unter sich aufteile. Tatsächlich pendelt Soler seit Anfang 2013
auf Einladung von Parteien, Stiftungen und Regierungseinrichtungen zwischen den
USA, Europa und Lateinamerika hin und her und residiert dabei in Luxushotels.
Mittlerweile fliegen aber auch in den von strammen Antikommunisten dominierten
Fernsehsendern Miamis die Fetzen. Auf die Frage der in Florida prominenten
ultrarechten Moderatorin María Elvira Salazar, wie sie den Zerfallsprozeß der Gruppe
aufhalten wolle, antwortete Soler am Telefon brüsk: »Jede Person, die bei den
›Damen in Weiß‹ austritt oder austreten will, kommt nicht wieder zurück.« In
Santiago de Cuba haben die Frauen um Cantillo daraufhin Mitte September eine
neue Contragruppe mit dem Namen »Bürgerinnen für die Demokratie« gegründet.
Im chilenischen Internetportal diarioUchile wertet der frühere
Landwirtschaftsminister der Regierung Allende und zwischen 2006 und 2008 als
Botschafter in Havanna amtierende Jaime Tohá die Krise der »Damen in Weiß« als
Indiz für eine generelle Veränderung der von den USA geförderten Opposition in
Kuba. Für diesen Eindruck spricht auch der Teilnehmerkreis einer Zusammenkunft
ausgewählter »Dissidenten« in der US-Interessenvertretung in Havanna. Auf Einladung
von deren im August angetretenen neuem Chef Jeffrey DeLaurentis wurden etwa 20
Systemgegner, unter ihnen die einschlägig bekannten Yoani Sánchez, Guillermo
Fariñas und José Daniel Ferrer, bei einem »Arbeitsessen« bewirtet. Berta Soler
gehörte nicht zum Kreis der Eingeladenen.
Quelle: http://www.jungewelt.de/2014/09-29/027.php (nur
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