Irakische Kommunistische Partei (Kader):[1][10]

„Die USA haben unser Land erobert und den Jahrestag des Falls von Bagdad zu Feiertag erklärt. Zur gleichen Zeit haben sie die Feiern zum Jahrestag der glorreichen Juli-Revolution abgeschafft. Paul Bremers ‚Rat’ (gemeint ist der von der USA eingesetzte und kontrollierte „Provisorische Verwaltungsrat“, d.Red.) hat das abgesegnet, ein ‚Rat’, dem auch, nach einem unerhörten Bruch mit der Vergangenheit, das Sekretariat der Kommunistischen Partei des Irak angehört. (…)

Nun ist der verräterische Kurs des Sekretariats der Kommunistischen Partei des Irak und seiner Anhänger und Mitläufer nicht über Nacht entstanden. Am 2. April 2003 meldete das Parteiorgan ‚Tariq ash-Sha’b’, dass eine Gruppe von Kämpfern der Kommunistischen Partei des Irak gemeinsam mit den Amerikanern gegen die irakische Armee kämpft. Diese Kämpfer feierten den Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei des Irak dort an der Front unter den Amerikanern. (…)

Die Annäherung der Partei an die US-Amerikaner geschah sowohl heimlich als auch offen und wurde gekrönt von offiziellen Besuchen, allerdings außerhalb des Rahmens der von den USA unterstützen Opposition, die sich bei der Londoner Konferenz traf. Im Verlaufe dieser Treffen und im Umfeld der Irakischen ‚Rats’-Versammlung setzte die Partei genau die Politik um, die die CIA für sie geplant und ausgearbeitet hat während der letzten 13 Jahre. (…)

Dieser Kniefall wurde enthüllt durch ein Dokument des Pentagon und ein anderes Papier von Qasim Sirhan, beide wurden im Internet publiziert. Sie zeigen, dass die Hauptfiguren der Renegatengruppe um Hamid Majid (gemeint ist die Führung der KP des Irak, dessen Generalsekretär eben jener Hamid Majid ist, d. Red.) nichts anderes sind als bezahlte Agenten im Dienst der CIA. (…)

Wir irakische Kommunisten haben nie und nimmer an der Seite der Eroberer gestanden und auch nicht an der Seite irgendeiner Gruppe, die sie unterstützte. Die Besatzung ist unser erster Feind und wir arbeiten mit all unserer Kraft darauf hin, sie los zu werden. Wir sind Teil des nationalen Widerstandes mit all seinen unterschiedlichen ideologischen Facetten. Wir stehen an der Seite unseres ehrenhaften irakischen Volkes, wenn es heldenhaft gegen die Besatzung aufsteht. Der ‚Regierungsrat’ oder ähnliche verräterische und falsche Körperschaften der Besatzungsmacht sind in unseren Augen nichts anderes als undemokratische, nicht anzuerkennende Gremien, die mit Paul Bremer (US-Prokonsul im Irak, d. Red.) kooperieren. (…)“

            KP Iraks (Kader)


Joachim Guilliard: Anmerkungen zum Artikel „Zur aktuellen Lage im Irak“ von Rashid Ghewielib[1][11]

Der Vertreter der mit der Besatzung kollaborierenden Irakischen Kommunistischen Partei in Deutschland, Rashid Ghewielib, erhielt die Gelegenheit sich „Zur aktuellen Lage im Irak“ in der PDS-Zeitschrift "Disput" (Nr. 9/2004) zu äußern. Zu seinem (…) Artikel hat Joachim Guilliard in einer E-Mail vom 22. September 2004 einige der wesentlichen Kritikpunkte aufgelistet (es gäbe noch einiges mehr dazu zu sagen). Mit Genehmigung von Joachim Guilliard wird seine Analyse hier dokumentiert:

„Der Text enthält dieselbe die Besatzungsherrschaft unterstützende Propaganda wie frühere Äußerungen Rashids und andere Texte der irakischen KP. Auch eine gewisse Distanzierung zu den USA hat nie gefehlt. Man findet aber nie eine konkrete Kritik an der Besatzungspolitik. (Man sollte ihn z.B. mal mit dem Bericht des US-amerikanischen Center for Economic and Social Rights ‘Beyond Torture: U.S. Violations of Occupation Law in Iraq’ konfrontieren http://www.cesr.org/beyondtorture.htm)

Der Propagandacharakter seines Textes wird besonders deutlich, wenn er den ‚Regierenden Rat’ als Gremium preist, das auf Druck der UNO geschaffen worden wäre, und allen ‚wichtigen politischen Parteien’ Mitsprache eingeräumt hätte. Und uns dann noch das Märchen auftischt, die ‚Interimsregierung’ wäre durch Konsultationen zwischen den politischen Hauptkräften entstanden und würde nun das Land eigenständig regieren.

Da ist die Financial Times in einem ihren jüngsten Editorials ehrlicher: ‘The transitional political process, designed to lead to constituent assembly and general elections next year, has been undermined because the nervous US-dominated occupation authority has insisted on hand-picking various permutations of interim Iraqi governors, mostly exiles or expatriates with no standing among their people.’

An sich weiß doch jeder, dass die Interimsregierung die ‚gleiche Unabhängigkeit wie ein Hund an der Leine’ hat, d.h. solange frei ist, solange sie in die gleiche Richtung wie ihr Herr trottet. (in meiner neuen IMI-Studie ‚Im Treibsand Iraks’ habe ich einiges an Material dazu zusammengetragen, ab >Die ‚Übergangsregierung’ – ‚Souveränität’ per Definition<, http://www.embargos.de/irak/occupation/hintergrund/im_treibsand_jg2.htm#_Toc25092)

Die Mehrheit der politischen Kräfte im Lande (z.B. Al Sistani und seine Anhänger) lehnt bis heute eine Mitarbeit in den von den Besatzern geschaffenen und kontrollierten Gremien ab. Schon von daher ist es merkwürdig, wenn eine Organisation, die behauptet gegen die Besatzung zu sein, da mitmacht.

Mein Problem bei der Politik der IKP ist aber weniger diese Beteiligung – darüber könnte man ja noch diskutieren. Zu Kollaborateuren werden Rashid und seine Parteigenossen dadurch, dass sie die Besatzungsherrschaft beschönigen und eine Unabhängigkeit der Interimsregierung vorspiegeln, die nicht existiert, die Möglichkeit eines sanften Weges zur Selbstbestimmung und Demokratie vorzugaukeln, in völligem Gegensatz zu den von den USA am Boden geschaffenen Realitäten. Wenn sie tatsächlich, wie er schreibt „keinerlei Illusionen“ über die US-Politik haben, dann ist ihre Unterstützung schlicht verbrecherisch.

Mit seinen Äußerungen über den Widerstand im Irak bedient Rashid ebenfalls die US-amerikanische Propaganda. Es sind dieselben Stereotypen: Reste der Diktatur, ausländische Kämpfer, Islamisten. Wo das nicht so recht hinhaut, wie in Najaf, bemüht er noch den Einfluss der Nachbarstaaten, insbesondere des Irans. Tatsächlich enge Beziehungen zum Iran hat aber nicht Al Sadr, sondern SCIRI, der Koalitionspartner der IKP.

Ich habe beim Tribunal in New York mit einer ganzen Reihe von Irakern sprechen können, allesamt langjährige Kämpfer/innen gegen Husseins Regime. Das was diese aus ihrem Land und über den Widerstand erzählen, hört sich ganz anders an, als was Rashid auftischt.

Selbstverständlich ist der Widerstand viel breiter, als er es uns aus Parteiinteresse weismachen will. Es ist ziemlich billig, da nur auf die üblen Seiten zu zeigen. Es ist ja wohl kaum vorstellbar, dass sich Widerstandskämpfer in den umkämpften Städten lange gegen den militärisch haushoch überlegenen Gegner halten könnten, wenn sie nicht Unterstützung durch einen guten Teil der Bevölkerung hätten. Die Gleichsetzung der Widerstandsorganisation mit deutschen Neonazis ist daher eine üble Verleumdung.

Selbst die Baath-Partei hat im übrigen nichts mit Faschismus gemein und es ist auch Quatsch, alle Baath-Mitglieder als treue Parteigänger Saddam Husseins hinzustellen. (Husseins Herrschaft stützte sich ja nicht auf die Partei, sondern hauptsächlich auf verwandtschaftlich verbundene Cliquen und verbündete Stammesführer.)

Propaganda ist auch, wenn er die Beendigung der Kämpfe in Najaf als Verdienste der Interimsregierung und der Nationalkonferenz ausgeben will. Hat doch das Abkommen zwischen Al Sistani und Al Sadr vor allem gezeigt, dass Lösungen dann möglich werden, wenn sich die Besatzer und ihre Quislinge raushalten. Gewinner waren schließlich die Besatzungsgegner, sowohl Al Sistani als auch Al Sadr. Der eindrucksvolle Marsch diente ja nicht nur der Unterstützung Al-Sistanis, sondern war quasi auch „Entsatz“ für Al Sadrs Leute, die nach Ankunft der Demonstranten beim Schrein, in der Menge ihr sicheres Geleit fanden.

Übel finde ich auch das Schweigen von Rashid und der gesamten IKP über das brutale Vorgehen der Besatzungstruppen, das routinemäßig von der Interimsregierung abgesegnet wird. Bei vielen diese Angriffe auf Falluja, Najaf und die anderen Städten, über die die USA die Kontrolle verloren haben, mit den Hunderten von Toten, gab es immer auch aus den Reihen des ‚Regierenden Rats’, der ‚Interimsregierung’ und regionalen Räten, Proteste, Rückzugsdrohungen etc. – aber nie von der IKP.

Z.B. traten der stellv. Gouverneur von Najaf, Jawdat Kadam Najim al-Kuraishi, und 16 Mitglieder des Provinzrates aus Protest gegen die US-Angriffe zurück: ‚I resign from my post denouncing all the US terrorist operations that they are doing against this holy city", so al-Kuraishi. (‚Ich trete von meinem Posten zurück und verurteile alle die terroristischen Operationen der USA, die sie gegen diese heilige Stadt unternehmen.’/Übers.KvR)

Desgleichen der Direktor für Stammesangelegenheiten im Innenministerium, der Al-Jazeera (inwzischen bekannten und populärer arabischer Fernsehsender, d.Red.) gegenüber angab, dass ‚he could no longer work with the interim government in good faith, given the 'carnage and barbaric aggression of the US-led forces in Najaf ... I am a part of this nation, I am a part of these people. My fellow tribesmen are now fighting in Najaf and Sadr city.’ (‚dass er nicht länger in der Interimregierung guten Glaubens mitarbeiten kann, angesichts des Blutbads und der barbarischen Aggression der von den USA angeführten Kräfte in Nadschaf…Ich bin Teil dieser Nation, ich bin Teil dieses Volkes. Meine Stammesbrüder kämpfen nun in Nadschaf und Sadr City.’/Übers.KvR)

Von der IKP habe ich bisher noch keine einzige Stellungnahme gegen all diese Massaker gesehen. Wir sollten einer solchen Organisation wirklich keinen Raum für ihre Propaganda lassen.“

            Joachim Guilliard,

            in: Anti-Imperialistische Korrespondenz, Klaus v. Raussendorff, 19. Oktober 2004