DDR- Militär

Die NVA war eine Armee des Volkes

 

von NVA- Oberst a.D. Bernd Biedermann

 

 

Die Gründung der Nationalen Volksarmee in einer Zeit, in der zwei deutsche Staaten eingebunden waren in sich gegenüberstehenden Militärpakten, war Ausdruck des Selbstbehauptungswillens der DDR, die ihr Recht auf Verteidigung wahrgenommen hat.

 

Auf Beschluss der Volkskammer vom Januar 1956 wurde am 1. März 1956 die

NVA und das Ministerium für Nationale Verteidigung gegründet.

 

Schon ein Jahr später wurden unsere Streitkräfte in den Warschauer Vertrag eingegliedert.

 

Unter den Bedingungen des Ost-West-Konflikts diente das dem Schutz unseres Staates als auch dem Bündnis.

 

Sehr schmerzhaft war für uns die spätere Erkenntnis, dass die Einbindung in den Warschauer Vertrag nur solange unsere Sicherheit gewährleisten konnte, wie die Sowjetunion diesen Vorposten zu ihrer eigenen Sicherheit benötigte.

 

Was für eine Armee war die NVA, die von jenen verteufelt wird, die sie im

Nachhinein als nicht legitim diffamieren wollen, und die zugleich von Anderen – nicht nur von unseren Freunden – zu d. besten Armeen d. Welt gezählt wird ?

 

       Die Nationale Volksarmee war die nationale, reguläre Armee eines souveränen Staates.

 

       Sie war eine Volksarmee, aus dem Volke und für das Volk geschaffen. Allein ihr Name war Verpflichtung.

 

       Die NVA war von Anfang an eine Koalitionsarmee.

 

       Der Auftrag der NVA war in der Verfassung der DDR verankert:

 

 „Die Nationale Volksarmee und die anderen Organe der Landesverteidigung schützen die sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen alle Angriffe von außen.“

 

Im Artikel 8 unserer Verfassung war festgeschrieben:

          „Die Nationale  Volksarmee wird niemals einen Eroberungskrieg unternehmen oder ihre Streitkräfte gegen die Freiheit eines anderen

          Volkes einsetzen.“

 

Folgerichtig hat die NVA zu keiner Zeit an militärischen Interventionen oder Kriegen teilgenommen.

 

Die NVA hatte sich im Laufe der Jahre zu einer modern ausgerüsteten, gut ausgebildeten und schlagkräftigen Armee entwickelt.

 

Das Ringen um eine hohe Gefechtsbereitschaft bestimmte den militärischen Alltag. Dafür haben ihre Angehörigen einen hohen Preis gezahlt. Sie haben in ihrer großen Mehrheit den Sinn ihres Dienstes darin gesehen, die DDR zuverlässig zu schützen und zur Erhaltung des Friedens beizutragen.

 

Einen letzten Beweis dafür, dass sich Soldaten aller Dienstgrade als Angehörige einer wahrhaftigen Volksarmee verstanden, erbrachten sie, als sie sich getreu ihrem Vorsatz, dem Frieden zu dienen, während der Ereignisse 1989/90 loyal verhielten.

 

Diszipliniert und besonnen sorgten sie dafür, dass diese kritische Situation unserer Geschichte gewaltlos verlief und nicht eskalierte.

 

In der Öffentlichkeit wurde das Militär der DDR situationsbedingt zweifellos sehr unterschiedlich wahrgenommen.

 

Deutlich erkennbar war eine spürbare Akzeptanz beiden militärischen Zeremoniellen wie Paraden, dem wöchentlichen Großen Wachaufzug Unter den Linden und beim Großen Zapfenstreich. Daran nahmen stets tausende Menschen als Zuschauer teil und sparten nicht mit Beifall.

 

Bei den Angehörigen der Nationalen Volksarmee war der Solidaritätsgedanke stark ausgeprägt. Die NVA nahm bei den jährlichen Spendenaktionen immer einen vorderen Platz ein.

 

Bei der Realisierung der Vertrauens- und Sicherheitsbildenden Maßnahmen der KSZE sah sich die NVA bald in einer Vorreiterrolle. Andere Unterzeichner des Stockholmer Abkommens orientierten sich zunehmend an der NVA.

 

Daran hat sich bis zur Einstellung dieser sinnvollen Maßnahmen nichts geändert.

 

Mit dem Ende der DDR, auf die wir vereidigt waren, endete auch die Existenz der Nationalen Volksarmee.

 

Es war ein bitteres, ein unwürdiges Ende.

 

Von einer „Armee der Einheit“ war fortan die Rede. In Wahrheit hat es eine solche Armee nie gegeben, weil sie politisch nicht gewollt war. Ungeachtet dieser ernüchternden Tatsachen lebt die Nationale Volksarmee nicht nur in den Herzen und Hirnen ehemaliger Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten. Sie hat auch im Gedächtnis ihrer vielen Freunde einen festen Platz.

 

Kurzbiografie von Bernd Biedermann

 

Bernd Biedermann begann nach dem Abitur 1960 als Freiwilliger den Wehrdienst in der NVA und entschied sich dafür, Berufssoldat zu werden. Er absolvierte die Flak-Artillerie-Schule in Potsdam und wurde 1962 zum Offizier ernannt. Danach versah er Dienst in der Truppe und nahm jahrelang am Diensthabenden System der Luftverteidigung teil. Von 1968 bis 1971 studierte er an der Militärakademie in Dresden, die er mit einem Sonderdiplom abschloss. Er verblieb zunächst als Fachlehrer an der Militärakademie bis er 1973 zur Aufklärung versetzt wurde. Anschließend absolvierte er einen Lehrgang für den Auslandsdienst und 1974 ein Praktikum beim Militärattaché in Beijing. Dem schloss sich ein einjähriger Kurs an einer sowjetischen Militärakademie an. Von 1979 bis 1982 war er Gehilfe des Militärattachés in Beijing und von 1984 bis 1988 Militär-, Marine- und Luftwaffenattaché bei der Botschaft der DDR in Brüssel und Luxemburg. Danach versah er Dienst im Bereich Aufklärung und im Verifikationszentrum des Ministeriums für Nationale Verteidigung. 1988 war er als Manöverbeobachter in der BRD und 1989 in Frankreich eingesetzt. Nachdem er am 3.10.1990 von der Bundeswehr als Oberst übernommen wurde, diente er noch einige Wochen in der Bundeswehr. Er beendete seine aktive Laufbahn auf eigenen Entschluss am 31.12.1990. Von 1991 bis 2002 war er in leitenden Positionen bei privaten Unternehmen in der Kampfmittelräumung tätig. Er lebt in Berlin und ist als Publizist und Buchautor tätig.