Afghanistan – Koalitionsparteien nach Bundestagswahl

Skrupellose Komplizenschaft von Regierungsparteien mit NATO-Kriegsverbrechern
von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait


http://www.nrhz.de/flyer/media/27722/anreisser.jpgDas Afghanistan-Debakel der NATO, die größte Niederlage des Westens in der jüngsten Geschichte, stellt die Unkultur der Unverantwortlichkeit und mangelnde politische Bildung der Regierungsträger Deutschlands bloß, sowie die fehlende Aufarbeitung des Desasters. Kein Rücktritt, niemand fordert mit Nachdruck, dass die offiziellen Komplizen, die sich auf höchster Ebene der amtierenden CDU/CSU/SPD-Regierung befinden und Köpfe vorhergehender Regierungen, also auch von FDP und Grünen, zurücktreten von ihren Funktionen oder Ämtern. Dieser Personenkreis trägt die Verantwortung für die Komplizenschaft mit den USA im Krieg gegen Afghanistan. Aber statt sich ihrer Verantwortung zu stellen, bestehen sie weiter auf dieser Art von Politik mit dem Entsenden von Bundeswehr in fremde Länder, ohne dazu von jenen Ländern darum gebeten worden zu sein. Sie wollen ihre verfehlte Außenpolitik weiter betreiben, ihren Militärinterventionismus und ihr Mitmachen bei US-Kriegen, was nur zu neuem Leid, Tod und Verwüstung führt.

Verantwortung für die monströsen Kriegsverbrechen in Afghanistan nirgendwo ein Thema


In der Tat sind die CDU/CSU/SPD, FDP und Grünen die verantwortlichen Parteien des kriminellen Afghanistan-Desasters. Keine dieser Parteien sollte deshalb wieder gewählt werden. Keine ihrer Vertreter anerkennen ihre Schuld als Mittäter und ziehen die Konsequenzen daraus. Bei dem Triell im ZDF und ARD am 12.9. wurde die Frage nach ihrer Verantwortung für die monströsen Kriegsverbrechen in Afghanistan erst gar nicht aufgeworfen – was für eine merkwürdige Pressefreiheit!

"Die deutsche Außenpolitik hat ihre verbrecherischen Komponenten. Anstatt die deutsche  Mittäter an den Pranger zu stellen, praktiziert ARD-Tagesschau doch das genaue Gegenteil: Durch ihre Selektion, Distraktion und Fragmentierung von Fakten behindert sie eine qualifizierte Meinungsbildung. ... Afghanistan-Beiträge bestehen zu fast 50 Prozent aus Sensationsberichten über Terror-Anschläge und sonstige katastrophale Ereignisse. Wobei selbstverständlich die US-Drohnenbombardements und ungezählte Luftangriffe der alliierten Streitkräfte nicht erwähnt werden... Kontinuierliche, unabhängige Information über die Ziele und Ergebnisse des Bundeswehr-Engagements hatten deutsche Medien nicht zu bieten. Das zentrale Problem des Landes stand völlig außerhalb ihrer Betrachtung: Afghanistan mit seinen 39 Millionen Einwohnern ist heute ein der ärmsten Länder der Welt – mit einem Pro-Kopf-Einkommen von jährlich nur 438 Dollar = 368,84 Euros." („'Trauerspiel Afghanistan': Zweiter Akt“ von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam, 02.09.2021)

Medien gefesselt im Obrigkeitskomplex

Desinformation und Falschheit zieht sich durch so gut wie alle großen deutschen Medien. Gefesselt in ihrem Obrigkeitskomplex reproduzieren sie alles, was ihnen von oben, von Regierungsseite oder NATO-Stellen diktiert wird. Dort, bei diesen Stellen werden Finten und Lügen konstruiert, die die Medien willig und bedenkenlos verbreiten. Das heißt hierzulande Pressefreiheit!

Friedhelm Klinkhammers und Volker Bräutigams weitere erhellende Ausführungen dazu („Trauerspiel Afghanistan“, 02.09.2021) seien hier etwas umgeschrieben, gekürzt wiedergegeben:

Der Wertewesten führt seinen terroristischen Kolonialkrieg weiter. Nach der Explosion im Flughafen Kabuls hatten die GIs wahllos in die Menschenmenge geballert.

Mainstream-Medien gelingt es, von den Verbrechen der westlichen Besatzer in Afghanistan abzulenken und sie “unsichtbar” zu machen. Bis heute – und trotz der verdienten Niederlage in diesem zwanzigjährigen Kolonialkrieg – propagiert die transatlantische Medienmeute die ausgeschöpfte Litanei vom Kampf für „Demokratie und Menschenrechte“. Die verantwortlichen US-NATO-Polit-Eliten werden zwar jetzt wegen ihrer Fehleinschätzungen und Versäumnisse beim Abzug gescholten, aber die Frage nach ihrer Verantwortung für die monströsen Kriegsverbrechen in Afghanistan wird immer noch nicht aufgeworfen. 

Christian Lindner dürfte sich nicht so verblendet zeigen, was die NATO angeht. Sicher, gemäß entsprechendem Vertrag ist die NATO ein „defensives Bündnis“, aber die NATO-Praxis zeigt das Gegenteil, vertragswidrige Aggressionen und Angriffskriege. Was soll eigentlich ein allein dastehender, bis zu den Zähnen bewaffneter westlicher Block? Gerade darin liegt das Problem der NATO. Sie musste seit der Auflösung des Warschauer Paktes und nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 immer wieder neue Gegner maliziös erfinderisch konstruieren, um sich selbst zu legitimieren, denn der Kommunismus war verschwunden. Fakten zeigen die aggressive offensive NATO-Praxis vom kriminellen Bombenangriff auf Belgrad und Jugoslawien 1999 bis zu weiteren NATO-Angriffskriegen in Libyen, Irak, Syrien und so weiter. Mehr Arroganz und Ignoranz seitens der deutschen Politikerriege, die seit 1991 die Entscheidungsträger waren, geht nicht. Die Kriegsverbrechen der USA, die die militärische Führung der NATO innehaben, und die deutsche Komplizenschaft sind in einem Untersuchungsausschuss aufzuklären.

Schon im November 2019 kennzeichnete der Präsident Frankreichs die NATO als „hirntot“.  Gute Beziehungen mit den USA sind mit Sicherheit ohne NATO besser zu unterhalten, wie auch aus den Äußerungen von US-Präsident Joe Biden und seinem Vorhaben klar wird. Wörtlich sagte er aufklärerisch genug: <Diese Entscheidung über Afghanistan betrifft nicht nur Afghanistan. Es geht darum, die Ära großer Militäroperationen zur Umgestaltung anderer Länder zu beenden.> Damit ist Joe Biden dabei, ein neues Kapitel in der Weltpolitik aufzuschlagen. Ohne NATO selbstverständlich. Die USA wollen nicht länger für den Schutz des Westens zuständig sein. Joe Biden will und darf nicht weiter mit seinen USA den Weltpolizisten spielen.

Die NATO gehört zur Geschichte der Nachkriegszeit. Das Projekt Friedens- und Sicherheitsordnung mit Russland vom Atlantik bis Wladiwostok, das seit der Regierung Kohl-Genscher im Bundeskanzleramt und Auswärtigem Amt fertig dokumentiert vorliegt, ist zu verwirklichen.

Transatlantischer Militärindustriekomplex

So wie sich die Grünen von dem Friedensvermächtnis ihrer Partei-Mitbegründerin Petra Kelly völlig entfernt haben, hat auch die FDP das Vermächtnis von Thomas Dehler verraten. Schon der Sowjet-Kommunismus war eigentlich niemals eine Gefahr, um einen solchen Wahnsinn wie die NATO zu rechtfertigen. Der ganze Kalte Krieg war eine verschwendete Zeit, wie der große FDP-Politiker Thomas Dehler im Bundestag in einer historischen, dramatischen Rede schon in den 50er Jahren erkannte. Er bezeichnete die haltlose, bodenlose Kalte-Krieg-Politik als einen „Witz“.

Verschwunden der Kommunismus, wurde der Terrorismus, dann der Islamismus und heute Russland als Feind erfunden. Hauptsache, die NATO hat eine Aufgabe und der transatlantische Militärindustriekomplex behält seine lukrativen NATO-Aufträge. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen und die deutsche Regierungsspitze bleibt immer noch in vergangenen irrsinnigen Vorurteilen und Phantastereien verankert, ja paralysiert.

Mahnung vor weiterem Bundeswehr-Engagement in Afghanistan von deutschem Militärattachée schon vor vierzehn Jahren

Weder die Bundeskanzlerin noch einer ihrer Minister noch gar einzelne Abgeordnete wüssten präzis zu sagen, wie viele Milliarden Euro genau aus Deutschland am Hindukusch eigentlich verpulvert wurden – 7 Milliarden, 17 Milliarden, 47 Milliarden, X-Milliarden? Auch der Bundesrechnungshof weiß es nicht. Kein Thema für die Medien. Die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage der Linksfraktion, es seien 12,1 Milliarden Euro für Afghanistan ausgegeben worden, erlaubt nur einen Blick auf einen Teil des Verteidigungshaushalts.

Der ehemalige NVA-Offizier und spätere deutsche Militärattaché in Kabul, Oberstleutnant Jürgen Heiducoff mahnte schon 2007 den damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, die weitere Eskalation der militärischen Gewalt in Afghanistan zu stoppen angesichts der zivilen Opfer und unsägliches Leid der Zivilbevölkerung als Folge des Kriegs. Er schrieb 2007 an den damaligen Außenminister Walter Steinmeier, heutigen Bundespräsident:

"Wenn immer mehr zivile Opfer und unsägliches Leid durch die eigenen Militärs unter der Zivilbevölkerung produziert werden, dann eignet sich das Mittel der militärischen Gewalt nicht, um die Probleme in diesem Land zu lösen. … Tragen Sie bitte dazu bei, die weitere Eskalation der militärischen Gewalt in Afghanistan zu stoppen."

Wie Klinkhammer und Bräutigam treffend darauf hinweisen, musste Heiducoff seinen Platz räumen, während Steinmeier hingegen aufstieg und im Schloss Bellevue Platz nahm. Von dort spielte er nach dem Rückzugsdebakel in Kabul den schrecklich Betroffenen, obwohl er als vormaliger Außenminister über die Zustände in Afghanistan, ihre Entwicklungen und Risiken genaustens informiert war, und zwar seit 2007. Steinmeier versäumte es, sich persönlich verantwortlich zu zeigen, Fehler einzugestehen, Lehren aus dem Afghanistan-Debakel zu ziehen, das nie hätte stattfinden dürfen.

Wenn schon der Einsatz der Bundeswehr von Anfang an ein Riesenfehler war (und noch dazu ein Verstoß gegen das Grundgesetz), dann hätte dieser Fehler spätestens 2007 korrigiert werden müssen, als von einem Offizier vor Ort, nämlich dem Militärattaché, die schlimmen Verhältnisse gemeldet wurden. Aber weder Steinmeier noch das Bundeskanzleramt zeigten sich bereit, diese völlig verfehlte Außenpolitik als solche einzugestehen und zu korrigieren. Sie ziehen es vor, sich skrupellos weiter schuldig dafür zu machen, dass weiterhin gegen den Willen von zwei Dritteln der Deutschen Auslandseinsätze der Bundeswehr stattfinden sollen. Dasselbe gilt für alle Kanzler-Kandidaten, CDU-Armin Laschet, SPD-Olaf Scholz und Grüne Annalena Baerbock, die die verfehlte Außenpolitik Deutschlands auch weiter betreiben wollen.

Beleidigung der Intelligenz und Sozialdemokraten-Unsinn über Afghanistan

Fast genau zwei Jahrzehnte dauerte der Kolonialkrieg der USA und der NATO gegen Afghanistan. Kolonialkrieg, denn die regierungsoffizielle Behauptung, man wolle das Land mit Demokratie und Menschenrechten beglücken, war eine ebensolche Beleidigung der Intelligenz und Zeugnis undemokratischer Bildung, wie der Sozialdemokraten-Unsinn „Deutschlands Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt“. Der einstige Bundespräsident Horst Köhler hatte einmal gesagt, in Afghanistan gebe es nicht nur den Terrorismus, sondern auch Seltene Erden. Wenig später sah er sich zum Rücktritt gezwungen.

Rund 3.600 Soldaten der westlichen „Wertegemeinschaft“ ließen bis 2020 in diesem nutzlosen Krieg ihr Leben. Auch sie waren mitverantwortlich dafür, dass in Afghanistan und im benachbarten Pakistan rund 241.000 Menschen umgebracht wurden. Die allermeisten Opfer waren Frauen, Kinder und Alte sowie Soldaten der regulären afghanischen Armee und Polizisten. Die Kriegskosten für die USA betrugen 2,3 Billionen (!) Dollar. Das ist mehr als das Hundertfache des jährlichen afghanischen Brutto-Inlandsprodukts von 19 Milliarden Dollar.

Allgemeine Heuchelei innerhab der SPD über das Verbrechen Afghanistan-Krieg


Das Verbrecherische dieses Krieges wurde der deutschen Öffentlichkeit nie wirklich bewusst. Falschaussagen, Desinformation und Sprachregelung beherrschen die Berichterstattung. Führende deutsche Massenmedien ließen sich von einer Politikerkaste mit Nachrichten füttern und manipulieren, deren Selbstbetrug sich mit ihrer Charakterlosigkeit auf peinliche Weise vermengen: Frank-Walter Steinmeier und Heiko Maas sind beschämende Exponenten der allgemeinen Heuchelei innerhab der SPD, wobei ein reaktionärer Kandidat Olaf Scholz nichts ändern wird, weil er sich von der CDU nicht groß unterscheidet, erst recht nicht im Weitermachen von Auslandseinsätzen, von Kriegsinterventionen mit der Bundeswehr  – mit den dazu gehörenden Lügen. 

Fortgesetzte Falschheit und Lüge

So auch im Fall Afghanistan: Osama bin Laden verweigerte öffentlich kategorisch in den Anschlag von 9/11 verwickelt worden zu sein: „Ich habe bereits gesagt, dass ich in die Anschläge vom 11 September in den Vereinigten Staaten nicht involviert war. Als Muslim versuche ich mein Bestes, eine Lüge zu vermeiden“.(Interview mit Osama bin Laden in der Zeitung Ummat vom 28.September 2001, Karachi, Pakistan) Die US-Behörden haben in der Tat keine Beweise über die Teilnahme von Islamisten an den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgelegt. Das FBI hatte eingeräumt, keine Beweise über eine Beziehung zwischen Osama bin Laden und 9/11 zu besitzen.

"Bis heute, zwanzig Jahre danach, ist sogar die Standardlüge noch im Schwange, die Taliban seien mitverantwortlich gewesen für die Terroranschläge am 11. September 2001 in New York und Washington.  Den gerichtsfesten Beweis, Osama bin Laden habe sich zu dem Anschlag bekannt, hat niemand je antreten können. Der frühere US-Außenminister Colin Powell betonte vielmehr in einem Interview mit der 'New York Times', gegen Bin Laden habe es keine Indizien gegeben. Die Anklage sei vielmehr 'ein Rechtsfall, der nicht einmal vor einem normalen Strafgericht standhalten würde'."

Doch Sendungen deutscher Medien sind voll von diesem Gejammer über die bösen Taliban. Dass zehntausende afghanische Frauen mit ihren Kindern bei US-Drohnenangriffen von US- und NATO-Soldaten massakriert wurden, ist kein vorrangiges Thema!

Hamid Karsai, Präsident von Afghanistan (2004-2014) war eine Marionette der USA. Folglich tauchte keine mediale Meldung über sein frauenfeindliches Regime auf.


Verfasst am 21.09.2021


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitunge