Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach einer von den USA einberufenen Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der sogenannten G7-Gruppe die Unterstützung der Bundesrepublik für die Weltgesundheitsorganisation WHO bekräftigt.
Die Konferenz vereinbarte auch ein Schuldenmoratorium für Entwicklungsländer.
Die Videoschaltkonferenz war durch den US-amerikanischen Präsidenten einberufen worden, da die USA derzeit den Vorsitz in der informellen Staatengruppe innehaben. Thema war die Covid-19-Pandemie.
Donald Trump hatte vor zwei Tagen entschieden, die Zahlungen der USA an die Weltgesundheitsorganisation WHO bis auf Widerruf einzustellen. Seine beiden Hauptargumente für diesen Boykott:
die WHO habe ihre Pflichten verletzt und China dominiere mittlerweile die Weltorganisation.
Für diesen erneuten Alleingang der Vereinigten Staaten gegen eine internationale Organisation, die zudem Teil der UNO ist, erntete Trump massive Kritik aus allen Teilen der Welt, auch aus der Europäischen Union und namentlich Deutschland.
Der Sprecher der Bundesregierung, Staatssekretär Steffen Seibert, teilte nach der Konferenz im Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit, die deutsche Regierungschefin habe während der Schaltkonferenz betont,
„dass die Pandemie nur mit einer starken und
koordinierten internationalen Antwort besiegt werden kann.“
Merkel habe nicht nur der WHO, sondern auch anderen multilateralen Organisationen und Netzwerken wie der „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations CEPI“ (Deutsch: Koalition für Innovationen in der Epidemievorbeugung), der „Globalen Impfallianz GAVI“ sowie dem „Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria GFATM“ die volle Unterstützung Deutschlands zugesichert. Diese Solidaritätserklärung habe sich laut Seibert auch auf die Initiative von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erstreckt, für den 4. Mai eine „virtuelle Geberkonferenz zu Covid-19 auszurichten“, wie das Bundespresseamt in einer Mitteilung erklärte.
Deutschland ist nicht das einzige Land, dass sich mit der WHO und ihr angeschlossener Programme und Institutionen solidarisiert. Inzwischen haben sich beinahe zwei Dutzend Staaten demonstrativ hinter die WHO gestellt, darunter einige, die sich der von Deutschland angestoßenen sogenannten Allianz für Multilateralismus verpflichtet fühlen. Diese lose organisierte Staatengruppe war 2018 vom deutschen Außenminister Heiko Maas ins Leben gerufen worden, um internationale Organisationen und die internationale Zusammenarbeit zu stärken gegen die zielgerichteten Versuche der USA, diese multilateralen Organisationen zu zerstören oder in ihrer Arbeit zu sabotieren.
Die aktuelle Solidaritätserklärung für die WHO hatten bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung neben Deutschland auch die folgenden Staaten unterzeichnet: Argentinien, Belgien, Kanada, Chile, Costa Rica, der Dominikanische Republik, Estland, Äthiopien, Finnland, Frankreich, Irland, Indonesien, Italien, Jordanien, Mexiko, den Niederlanden, Norwegen, Peru, Singapur, Südafrika, Schweden und Spanien.
Laut Regierungssprecher Seibert war auch die Hilfe für Entwicklungsländer in der gegenwärtigen Pandemie Gegenstand der G7-Video-Schaltkonferenz. Demnach habe Bundeskanzlerin Merkel mit ihren Kollegen mögliche weitere Schritte diskutiert, die dem gestern beschlossenen Schuldenmoratorium der Gruppe der G20-Staaten für von der Corona-Pandemie ökonomisch schwer beeinträchtigten Entwicklungsländer folgen könnten. Merkel habe dabei „die besondere globale Verantwortung für die Situation in Afrika und die Notwendigkeit schneller Unterstützung der afrikanischen Staaten unterstrichen“, wie es in der Pressemitteilung des Bundespresseamtes heißt.
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Nach Angaben des virtuellen Gastgebers der Online-Zusammenkunft, verlief die Video-Schaltkonferenz etwas anders als vom Informations- und Presseamt der Bundesregierung dargestellt. Das Weiße Haus in Washington ließ mitteilen, dass sich der Großteil der Kommunikation zwischen den Staats- und Regierungschefs auf die „mangelnde Transparenz und das chronische Missmanagement der Pandemie durch die WHO“ konzentriert habe. Die Runde habe sich, nach Meinung des Weißen Hauses, für eine, so wörtlich „gründliche Untersuchung und einen Reformprozess“ der Weltgesundheitsorganisation ausgesprochen. Diese Interpretation der Schaltkonferenz wurde bislang noch von keinem anderen Teilnehmerland bestätigt.
Als G7 verstehen sich eine Gruppe von Staaten (USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien), die sich lange als die industriell stärksten der Welt bezeichneten. Mittlerweile wird die ökonomische Stärke als wesentliches Kriterium für die Zugehörigkeit zu diesem selbsternannten Club von Staaten, weniger intensiv genutzt, da die Kritik an der Nichteinbindung von ökonomisch bedeutsamen Staaten wie China oder Indien immer stärker wurde. Überdies sind diese beiden sowie andere aufstrebende Wirtschaftsmächte mittlerweile in der Gruppe der G20 organisiert und werden von der internationalen Staatengemeinschaft als repräsentativer für die heutigen geopolitischen Verhältnisse angesehen als die G7.