Völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands zum Besitz von Atomwaffen
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WD 2 – 3000 – 013/17
Völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands
beim Umgang mit Kernwaffen Deutsche und europäische Ko-Finanzierung
ausländischer Nuklearwaffenpotentiale Sachstand Wissenschaftliche
Diente
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Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000
- 013/17 Seite 2
Völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands
beim Umgang mit Kernwaffen
Deutsche und europäische Ko-Finanzierung
ausländischer Nuklearwaffenpotentiale Aktenzeichen: WD 2-3000-013/17Abschluss
der Arbeit:23. Mai 2017
Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht,
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte
und humanitäre Hilfe
Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000
013/17 Seite3
Inhaltsverzeichnis
1.Einführung
42.Völkerrechtliche Verpflichtungen
Deutschlands im Hinblick auf Erwerb, Stationierung und nuklearer Teilhabe
52.1.Nichtverbreitungsvertrag
52.2.„Zwei-Plus-Vier-Vertrag“
72.3.Nuklearer Verbotsvertrag
73.Ko-Finanzierung ausländischer
Nuklearwaffenpotentiale durch Deutschland
84.Europäische Ko-Finanzierung von Nuklearwaffenpotentialen
eines EU-Mitgliedstaates
105.Resümee
11 Wissenschaftliche
Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/17
Seite 41.Einführung
Seit der Amtsübernahme von US-Präsident Donald
Trump und seinen widersprüchlichen Aussagen zur NATO wird in Politik und Medien
unter dem Stichwort „Atommacht Europa“ kontroversüber eine nukleare europäische
Abschreckungsstrategiediskutiert.
1.Im
Rahmen dieser Debatte ist u.a. vorgeschlagen worden, die Modernisierung des
französischen bzw. britischen Kernwaffenpotentials durch eine deutsche (bzw.
europäische) Ko-Finanzierung zu unterstützen.
2.Hintergrund
dieser Überlegung ist die Vorstellung, dass die USA ihr nukleares Engagement im
Rahmen der NATO reduzieren könnten und dass Frankreich und Großbritannien aus
finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage sein könnten, ihre
Kernwaffenpotentiale alleine zu modernisieren, um einen entsprechenden
nuklearen Schutz gegenüber den NATO-Partnern zu gewährleisten.
3.Der
Gedanke einer möglichen deutschen Ko-Finanzierung von ausländischen Atomwaffen
zieht die Frage nach sich, welche „Gegenleistungen“ auf französischer oder
britischer Seite mit einer solchen Ko-Finanzierung verbunden werden sollen.
Eine Form der Gegenleistung könnte z.B. in der
sog. „nuklearen Teilhabe“ bestehen – also ein vertragliches
„Zwei-Schlüssel“-System für den gemeinsamen Einsatz von Nuklearwaffen, wie es
seit Jahren gemeinsam mit den USA (z.B. auf der Militärbasis im pfälzischen
Büchel) praktiziert wird.
1Vgl. aus der Diskussion Dausend,
Peter / Thumann, Michael, „Atommacht Europa“, in:
ZEIT v. 16.2.2017, S. 2, http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/trump-nato-atomwaffen-europa;Mölling,
Christian, „Europa – wo sind Deine Legionen?“, DGAP standpunkt
4 v. 24.3.2017, https://dgap.org/de/article/getFullPDF/29277;Terhalle,
Maximilian, „Nuklearwaffen gegen Russland. Deutschland braucht Atomwaffen“,
Tagesspiegel causav. 23.1.2017, https://causa.tagesspiegel.de/politik/europa-und-die-weltweiten-krisen/deutschland-braucht-atom-waffen.html;Gunther
Hellmann / Carlo Masala / Frank Sauer / Reinhard
Wolf, „Deutschland braucht keine Atomwaffen“, Spiegel-online v. 11.12.2016,http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gastbeitrag-deutsch-land-braucht-keine-atomwaffen-a-1125247.html;
Oliver Meier / Harald Müller /Götz Neuneck,„ Atombombe? Nein danke!“,
ZEIT-online v.
12.1.2017,http://www.zeit.de/2017/01/nukleare-abruestung-deutschland-atom-bombe-atomwaffen;Meier,
Oliver, „Deutschland und die nukleare Abschreckung“, SWP Aktuell
2015,https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2015A97_mro.pdf.2Dausend,
Peter / Thumann, Michael, „Atommacht Europa“, in:
ZEIT v. 16.2.2017, S. 2,http://www.zeit.de/poli-tik/ausland/2017-02/trump-nato-atomwaffen-europa;Shalal,
Andrea, „German lawmaker says
Europe must consider own nuclear deterrence plan“,
Reuters-online v.
16.11.2016,http://www.reuters.com/article/uk-germany-usa-nuclear-idUSKBN13B1GO.3Die
französischen Nuklearstreitkräfte verursachen jährliche Kosten von mehr als 3
Mrd. Euro, was rund einem Zehntel des französischen Verteidigungsetats
entspricht. Allein für die Entwicklung neuer nuklearer Waffentypen waren in dem
von 2003 bis 2008 geltenden militärischen Planungsrahmen rund 17 Mrd. Euro
veranschlagt.
Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000
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Doch schon eine entsprechende Stationierung
französischer und britischer Atomwaffen auf deutschem Bodenwürde sich als problematisch
erweisen, da große Teile der französischen Forcede Frappe auf Atom-U-Booten stationiert sind, und
Großbritannien atomar fast ausschließlich auf seegestützte Systeme setzt.
4.Wenn es
also im Folgenden um die völkerrechtliche Bewertung einer Ko-Finanzierung ausländischer
Nuklearwaffenpotentiale geht, sollen in diesem Zusammenhang auch die Verpflichtungen
Deutschlands im Hinblick auf Erwerb, Stationierung und „nuklearer Teilhabe“ an
Kernwaffen berücksichtigt werden.
Völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands
im Hinblick auf Erwerb, Stationierung und nuklearer Teilhabe.
Die den Umgang mit Kernwaffenbetreffenden
völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich
primär aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (auch:
Atomwaffensperrvertrag) von 1968
5.sowie
aus dem sog. „Zwei-Plus-Vier“-Vertrag von 1990.
62.1.Nichtverbreitungsvertrag
Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV) regelt die
Proliferation, also die Weitergabe und Verbreitung von Kernwaffen sowie des zu
ihrer Herstellung benötigten Materials. Der Vertrag verpflichtet die Nichtkernwaffenstaaten
zum Verzicht auf Nuklearwaffen. Diese Staaten – die EU selbst ist nicht Mitglied
des NVV – verpflichten sich überdies, waffenfähige Nuklearmaterialien
ausschließlich für friedliche Zwecke zu verwenden (Art. IV NVV) sowie keine
Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, mit denen man solche herstellen könnte.
Die Nuklearmächte verpflichten sich im Gegenzug,
das Wissen und die Technik, die für den Bau von Atomwaffen notwendig sind, nicht
weiterzugeben.
4Dausend, Peter / Thumann,
Michael, „Atommacht Europa“, in: ZEIT v. 16.2.2017, S. 2, http://www.zeit.de/poli-tik/ausland/2017-02/trump-nato-atomwaffen-europa.5Deutschland
ist dem Vertrag am 2. Mai 1975 beigetreten, BGBl. 1974 II S. 786. Vertragstext
verfügbar
unterhttp://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/349442/publicationFile/4149/NVV.pdf.
Der Nichtverbreitungsvertrag hat nach Angaben des Auswärtigen Amtes derzeit 190
Mitgliedstaaten, wurde aber nicht unterzeichnet von Indien, Israel und Pakistan.
Nordkorea hat sich 2003 aus dem Vertragsregime zurückgezogen; der endgültige
Status Nordkoreas wird seither von den NVV-Mitgliedstaaten offen
gehalten. 2015 haben die fünf VN-Vetomächte und Deutschland ein
Nuklearabkommen mit dem Iran abgeschlossen, das diesem Land die zivile Nutzung
der Nukleartechnologie erlauben, es zugleich aber am Bau von Atombomben hindern
soll. Teheran verpflichtet sich in diesem Abkommen zu tiefgreifenden
Einschnitten bei der Urananreicherung – im Gegenzug für eine Aufhebung der
Sanktionen.6BGBl. 1990 II S. 1317Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 -
3000 - 013/17
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Die mangelnde Bereitschaft der
Kernwaffenstaaten, ihre Arsenale tatsächlich abzurüsten, verdeutlicht das
Auseinanderklaffen zwischen juristischem Anspruch und politischer Wirklichkeit des
NVV, der immerhin in Art. VI als vertragsmäßiges Ziel die „Beendigung des
nuklearen Wettrüstens“ sowie die „vollständige Abrüstung unter strenger
internationaler Kontrolle“ formuliert.
Die einschlägigen Bestimmungen des NVV lauten:
Art. I NVV „Jeder Kernwaffenstaat, der
Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper
oder die Verfügungsgewalt darüber an niemanden unmittelbar oder mittelbar
weiterzugeben und einen Nichtkernwaffenstaat weder zu unterstützen noch zu ermutigen,
noch zu veranlassen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper herzustellen oder
sonst wie zu erwerben oder die Verfügungsgewalt darüber zu erlangen.
“Art. II NVV „Jeder Nichtkernwaffenstaat, der
Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper
oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar
anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch
sonst wie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen
oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen. “Der NVV steht einer
sog. „nuklearen Teilhabe “nicht entgegen; darunter versteht man
„Zwei-Schlüssel-Vereinbarungen“, die festlegen, dass der Kernwaffenstaat und
der Staat, in dessen Hoheitsgebiet Kernwaffen stationiert sind, nur gemeinsam
über deren Einsatzentscheiden können (sog. „Sekundärmitwirkung“).
7.Eine
durch den NVV verbotene Weitergabe von Kernwaffen an einen Nichtkernwaffenstaat
bzw. die Erlangung der alleinigen Verfügungsgewalt über Kernwaffen durch einen
Nichtkernwaffenstaat erfolgt weder im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ noch im
Rahmen einer bloßen Stationierung von Kernwaffen auf dem Territorium eines
Nicht-kernwaffenstaates. Mit dem NVV konform sind überdies
Beratung, Planung und Übungen von Mitgliedern eines Verteidigungsbündnisses im
Bereich der nuklearen Verteidigung sowie die Stationierung von Nuklearwaffen
auf dem Territorium eines Nichtkernwaffenstaates.
7.Zur
“nuklearen Teilhabe” vgl. Shaker, Mohammed I., The Nuclear Non-Proliferation
Treaty. Origin and Implementation
1959-1979. Band 1. London/Rom/New York: Oceana, 1980,
S. 239-249 (248 f.); ders., “The Evolving
International Regime of Nuclear
Non-Proliferation”, in: Académie de Droit International (Hrsg.), RdC
Bd. 231(2006), Leiden/Boston 2007, S. 28.Vgl. –als Anlage– das Gutachten der
Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 28.8.2008,WD
2 – 3000 – 089/08, „Nukleare Teilhabe und Völkerrecht. Wissenschaftliche
Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/17Seite 72.2.„ Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ Deutschland hat im „Vertrag über die abschließende
Regelung in Bezug auf Deutschland“ vom12. September 1990 (sog.
„Zwei-plus-Vier-Vertrag“) völkerrechtsverbindlich auf den Besitz von Atomwaffen
verzichtet. In Art. 3 dieses Vertrages heißt es: „Die Regierungen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen
ihren Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über
atomare, biologische und chemische Waffen. Sie erklären, dass auch das vereinte
Deutschland sich an diese Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die
Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von
Kernwaffen vom1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort.“
2.3.Nuklearer Verbotsvertrag
Seit Anfang 2017 wird unter der Ägide der
Vereinten Nationen ein generelles nukleares Abrüstungsabkommen verhandelt
(Multilateral Nuclear Disarmament
Negotiations),
8.dessen
völkerrechtliche Verpflichtungen über die des NVV hinausgehen sollen.
9.Angestrebt
wird – ausweislich der Arbeiten der sog. UN-Open-Ended
Working Group on Nuclear Disarmament
(OEWG)10– ein generelles
Verbot von Atomwaffen; rechtlich ausgestaltet durch Verbote der Entwicklung,
des Besitzes und der Bevorratung, des Erwerbs, der Weitergabe, des Testens, des
Einsatzes (einschließlich der Drohung mit) sowie der Finanzierung von
Nuklearwaffen und der Unterstützung entsprechender Aktivitäten.
11.Deutschland
nimmt an diesen Vertragsverhandlungen nicht teil.
Gleiches gilt für die NATO-Kernwaffenstaaten
sowie Russland.8
Vgl. Resolution der VN-Generalversammlung vom
23.12.2016, Doc. A/Res/71/258
v. 11.1.2017: “General and complete disarmament: Taking forward multilateral
nuclear disarmament negotiations”. Vgl. aus
der Presse: „UN stoßen Verhandlungen über Atomwaffenverbot an“, ZEIT-online v.
26.10.2016, http://www.zeit.de/poli-tik/ausland/2016-10/vereinte-nationen-atomwaffen-verbot-verhandlungen-abruestung.
Vgl. dazu
die Homepage zum nuklearen Abrüstungsabkommen https://www.un.org/disarmament/geneva/multilateral/.9Vgl.
dazu zuletzt Rühle, Michael, The Nuclear Weapons Ban Treaty: Reasons for
skepticism, in: NATO review magazine 2017,
online:http://www.nato.int/docu/review/2017/Also-in-2017/nuclear-weapons-ban-treaty-scep-ticism-abolition/EN/index.htm.10Vgl.
Homepagehttp://www.unog.ch/oewg-ndnundhttp://www.reachingcriticalwill.org/disarmament-fora/oewg/2016.11Vgl.
dazu näher den Report of
the Open-Ended Working group taking forward multilateral nuclear disarmament negotiations,
Annex II (“suggested elements for effective legal measures that could be
included in an international legal instrument”) http://fissilematerials.org/library/un16a.pdf.
Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000
- 013/17 Seite 83.
Ko-Finanzierung ausländischer
Nuklearwaffenpotentiale durch Deutschland.
Im Gegensatz zum Übereinkommen über
Streumunition von 2008 12 enthält der NVV kein explizites Unterstützungs- oder Ko-Finanzierungsverbot,
also ein entsprechendes Verbot für
Nicht-Kernwaffenstaaten, Kernwaffenstaaten bei der Entwicklung oder
Modernisierung ihres Atomwaffenpotentials (finanziell) zu unterstützen.
Ein solches Unterstützungs- und
Finanzierungsverbot gehört indes zu den potentiellen Vertragsinhalten eines
nuklearen Verbotsvertrages (vgl. oben 2.3.).13
Indirekte Unterstützungsverbote finden sich
auch in verschiedenen regionalen „Nuclear Free Zone
Treaties“,14
bei denen Deutschland jedoch nicht
Vertragspartei ist.
Für ein Unterstützungs- und
Finanzierungsverbot ergeben sich bei einer Wortlautauslegung der Vertragsverpflichtungen
aus den Art. I und II NVV keine rechtlichen Hinweise aus dem NVV.
Die Entstehungsgeschichte des NVV macht überdies deutlich, dass die
maßgeblichen Vertragsverhandlungsführer – die USA und die UdSSR – eine sehr enge
Auffassung von den sich aus dem Vertrag ergebenen Pflichten gehabt haben.15
Die der UdSSR bei Unterzeichnung des NVV im Jahre
1968 durch die USA kommunizierte – und insoweit unwidersprochen gebliebene –
Völkerrechtsüberzeugung der USA führte in diesem Zusammenhang aus:1612
Das Übereinkommen über Streumunition (sog.
„Streubomben-Konvention") ist ein am 1. August 2010 in Kraft getretener
völkerrechtlicher Vertrag zum Verbot des Einsatzes, der Entwicklung, der
Herstellung, des Erwerbs, der Lagerung, der Zurückbehaltung und der Weitergabe
von Streumunition. Gem. Art. 1 dieses Abkommens verpflichtet sich jeder
Vertragsstaat, „unter keinen Umständen jemals (...) irgendjemanden zu
unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die
einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind.“ Text verfügbar
unter:http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/content-blob/343708/publicationFile/4116/081203-AbkommenStreumunition.pdf.13Vgl.Report
of the open-ended Working group taking forward multilateral nuclear disarmament
negotiations, Annex II, Nr. 8: “Prohibition on
financing nuclear weapon activities, including any support to private entities involved
in nuclear weapon activities”.14
Diese regionalen Verträge (wie z.B. der
internationale Vertrag von Rarotonga= South Pacific Nuclear
Free Zone Treaty) sehen atomwaffenfreie Zonen z.B. im Pazifik, in Asien
oder Afrika vor. Interessant ist in diesem Zusammenhang etwa der Vertrag von Tlatelolco
(= Vorort von Mexiko-Stadt) v. 14. Februar 1967,
Er war der erste Vertrag, der einen bewohnten Landstrich zur
kernwaffenfreien Zone erklärt, nachdem bereits1961 im Antarktisvertrag
festgehalten wurde, dass die Antarktis kernwaffenfrei bleibt. In
Art. 1 Abs. 2 verbietet der Vertrag
von Tlatelolco „fromengaging
in, encouraging or authorizing, directly or indirectly, or in any way participating
in the testing, use, manufacture, production, possession or control of any
nuclear weapons“.15
Dafür spricht nicht zuletzt, dass weitergehende
rechtliche Vertragspflichten (wie z.B. das Unterstützungsverbot) in späteren
regionalen Abkommen explizit verankert wurden.16
Congress
of the United States (ed.): Hearings before the Committee on Foreign Relations,
United Sates Senate.19thCongress, 2ndsession, on the Treaty on the Nonproliferation of
Nuclear Weapons. July 10-12 and 17, 1968, Washington: U.S. Government Printing
Office, 1968, S. 262 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/17Seite
9The treaty deals only
with what is prohibited, not with what is permitted. It prohibits transfer to
any recipient whatsoever of “nuclear weapons” or control over them (...).
Wenn aber die Vertragspflichten aus dem NVV eng ausgelegt werden
sollen, lässt sich jenseits des Wortlauts dieser Verpflichtungen nur schwer eine
implizite (ungeschriebene) Vertragsabrede dahingehend begründen, dass die
Vertragspflichten aus dem NVV auch ein Unterstützungs- und Finanzierungsverbot umfassen.
Eine solche implizite Vertragsabrede ließe sich durch eine teleologische,
d.h. am Ziel- und Zweck des Vertrages orientierte Auslegung allenfalls für den Fall
annehmen, dass der Vertragszweck ein vollständiges Verbot von Atomwaffen beinhaltet.
In
diesem Fall könnte man in der finanziellen Unterstützung eines
Atomwaffenpotentials einen Verstoß gegen ein dahingehendes Vertragsziel
erkennen.
Doch enthält der NVV im Gegensatz zu dem
derzeit verhandelten „nuklearen Verbotsvertrag“ eben geradekeine Verpflichtung
zum sog. „Global Zero“ –also die Vision des ehemaligen US-Präsidenten Barack
Obama von einer atomwaffenfreien Welt.17
Der NVV wollte im Grunde den Status quo „zementieren“ und den
Besitz von Atomwaffen auf die damals existierenden fünf Atomwaffenstaaten (USA,
UdSSR, Frankreich, Großbritannien und China) beschränken.
Daran ändert auch die vage formulierte
Abrüstungsverpflichtung in Art. VI NVV nichts.18
Folglich kommt die kommentierende Literatur zum
NVV zu dem Ergebnis, dass „non-nuclear-weapon States are not prohibited from assisting others including assistance to nuclear-weapon States”.19
Eine offizielle deutsche Staatspraxis zur
Finanzierung ausländischer Nuklearwaffenpotentiale gibt es nicht. Auf Nachfrage
der Wissenschaftlichen Dienste erklärte das Auswärtige Amt, ihm sei nicht
bekannt, dass die Bundesregierung in der Vergangenheit (z.B. im Rahmen der
„nuklearen Teilhabe") an der Finanzierung ausländischer Atomwaffenarsenale
eines NATO-Partnerstaates beteiligt gewesen sei. In der
Fachpresse ist über eine angeblich unter strengster Geheimhaltung erfolgte Ko-Finanzierung
des israelischen Nuklearwaffenpotenzials durch Deutschland in den1950er und
60er Jahren berichtet worden;20
Offiziell erhärten lassen sich diese Angaben
nicht.17
Dazu
https://www.welt.de/politik/article4064456/Naiv-Obamas-Traum-von-Global-Zero.html(2009).18Zur
teleologischen Auslegung
des NVV näher Shaker, Mohammed I., “The Evolving
International Regime of Nuclear Non-Proliferation”, in: Académie
de Droit International (Hrsg.), RdC
Bd. 231 (2006), Leiden/Boston2007, S. 41.19Shaker, Mohammed I., The Treaty on
the Non-Proliferation of Nuclear Weapons: A study based on the five prin-ciples of the UN-General Assembly Resolution 2028
(XX), Genf 1976, S. 261.20 Rühle,
Hans, Hat Deutschland Israels Atomwaffen
finanziert?, Welt online v.
14.4.2015,https://www.welt.de/politik/ausland/article139492567/
Hat-Deutschland-Israels-Atomwaffen-finanziert.htm
Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/17Seite 10
Im Übrigen beträfe die mutmaßliche deutsche
Ko-Finanzierung einen Zeitraum vor Inkrafttreten des NVV (für Deutschland verbindlich seit 1975).
Im Ergebnis schließt die fehlende Staatspraxis
eine Möglichkeit zur Finanzierung ausländischer Atomwaffenpotentiale rechtlich
nicht aus.
Auch aus dem allgemeinen Völkerecht ergibt sich
derzeit kein Finanzierungs- und Unterstützungsverbot für ausländische
Atomwaffenpotentiale.
Da jenseits des NVV kein allgemeines
völkerrechtliches Verbot existiert, Kernwaffen zu besitzen21 und das eigene nukleare Arsenal zu
modernisieren,22
wäre die finanzielle Unterstützung dieser
Potentiale auch keine Hilfe oder Unterstützung bei der Begehung eines
völkerrechtswidrigen Handelns (wrongful act).234.
Europäische Ko-Finanzierung von Nuklearwaffenpotentialen
eines EU-Mitgliedstaates
Nuklearwaffenpotentiale eines
EU-Mitgliedstaates lassen sich nicht ohne weiteres durch die EU aus dem
EU-Haushalt finanzieren; ein „EU-Militärhaushalt“ im eigentlichen Sinne –
vergleichbar mit den nationalen Verteidigungshaushalten – existiert nicht.
Art. 41 EUV trifft eine dezidierte Regelung
über die Finanzierung der GASP / GSVP. Danach gehen „die Verwaltungsausgaben,
die den Organen aus der Durchführung dieses Kapitels entstehen, (...)zulasten
des Haushalts der Union“ (Abs. 1).
Gleiches gilt für die operativen Ausgaben der
GASP „mit Ausnahme der Ausgaben aufgrund von Maßnahmen mit militärischen oder
verteidigungspolitischen Bezügen und von Fällen, in denen der Rat einstimmig
etwas anderes beschließt.“ (Abs. 2)
In der Praxis werden auf der Grundlage eines
Rats-Beschlusses24
Die gemeinsamen Kosten für EU-Militäroperationen
über den sog. „Athena-Mechanismus“25
aus dem EU-Haushalt bestritten.21
Ein solches Verbot ergibt sich für die
„traditionellen“ Kernwaffenstaaten nicht einmal aus dem NVV.22
Nichts anderes ergibt
sich aus dem IGH-Gutachten über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von oder der
Drohung mit Nuklearwaffen v. 8.7.1996, ICJ Report 1996, 226; ebenso Ipsen (Hrsg.),
Völkerrecht, München, 6. Aufl. 2014, § 54, Rdnr.
13.23Vgl. insoweit Art. 16 des ILC-Artikelentwurfs zur
Staatenverantwortlichkeit (vgl. Anlage zur Res. der VN-Generalversammlung 56/83
v. 12.12.2001).24Sog. „Athena“-Beschluss 2015/528 des Rates v. 27.3.2015, ABl. EU 2015 Nr. L 84/39.25ÜberAthenawerden die gemeinsamen
Kosten von EU-Militäroperationen sowie die von den Mitgliedstaatengetragenen
Kosten, z.B. für Unterkunft, Treibstoff und vergleichbare Aufwendungen für
nationale Kontingente sowie für multinationale Hauptquartiere finanziert. Die
gemeinsamen operativen Kosten sind aufgelistet in:ABl. EU L 84/61 v. 28.3.2015, Anhang III. Vgl. zum
Ganzen näher Schmidt-Radefeldt, in: Blanke/Mangiameli (Hrsg.), The Treaty on European Union, A Commentary, Heidelberg u.a.: Springer 2013, Art. 41 TEU, para 20 ff.; Cremer, in: Calliess/Ruffert
(Hrsg.), EUV/AEUV Kommentar, München, 5. Aufl. 2016, Art. 41, Rdnr. 13 sowie die Homepage von
Athenahttp://www.consilium.europa.eu/de/policies/athena/.