Ukraine nimmt
umstrittenes Sprachengesetz an – Neuer Präsident Selenski
übersetzt seinen Namen
Nach fast 2000 Korrekturen hat die Ukraine ein
umstrittenes Gesetz angenommen, das die russische Sprache, die für jeden
dritten Ukrainer Muttersprache ist, aus dem Alltag verdrängt. Die Opposition
spricht von einer Diskriminierung der russischsprachigen Minderheit. Auch der
designierte Präsident Selenski äußert Bedenken, schreibt seinen Namen auf
Facebook jetzt jedoch in ukrainischer Umschrift.
„Gesetz über die Gewährleistung der Anwendung der
ukrainischen Sprache als Staatssprache“ heißt das Papier, das die Werchowna
Rada, das Abgeordnetenhaus in Kiew, am Donnerstag verabschiedet hat. Die
Neuregelung schreibt die zwingende Anwendung des Ukrainischen für zentrale und
regionale Behörden, Einrichtungen, Schulen, Krankenhäuser, aber auch für
Unternehmen und Massenmedien vor.
Das Ukrainische soll künftig in allen Bereichen und
allen Regionen des Landes dominieren. Nur Privatgespräche und Religion sind
hiervon ausgenommen. Eine Regierungskommission soll die Einhaltung des Gesetzes
überwachen. Verstöße sollen nach einer Übergangszeit mit Geldstrafen von bis zu
12.000 Hrywnja (ca. 400 Euro) geahndet werden.
Die ukrainische Opposition kritisiert, dass das
Sprachengesetz die russischsprachigen Ukrainer diskriminiere. Juri Bojko,
Vorsitzender der Partei „Oppositions-Plattform“, kündigte Klage vor dem
ukrainischen Verfassungsgericht an. Auch der östliche Nachbar Russland warnt
vor einer Spaltung der krisengebeutelten Ukraine.
Selenski passt seinen Namen an
Vor der Annahme hatte das Sprachengesetz rund 2000
Änderungen erfahren. Der scheidende Präsident Petro Poroschenko begrüßte das
Gesetz und versprach, es sofort zu unterzeichnen. Sein designierter
Amtsnachfolger Wladimir Selenski zog die Neuregelung hingegen in Zweifel. Der
41-jährige TV-Star, der als Schauspieler auch in Russland bekannt ist, versprach,
nach seiner Vereidigung das Gesetz auf Verfassungskonformität überprüfen zu
lassen.
Dennoch übersetzte Selenski seinen Namen auf Facebook,
der bisher auf Russisch
(Владимир
Зеленский, dt: Wladimir
Selenski) geschrieben war, am Donnerstag ins Ukrainische
(Володимир
Зеленський, dt:
Wolodymyr Selenskyj).
Das Team des gewählten Präsidenten bestritt, dass die
Korrektur irgendwie mit dem neuen Sprachengesetz verbunden ist. Damit sei
lediglich dem Wunsch vieler Follower entsprochen worden, sagte Pressesprecherin
Irina Pobedenoszewa.
Kritik aus Moskau
Das russische Außenministerium kritisierte das
ukrainische Sprachengesetz als „Zwangs-Ukrainisierung“ und als Verstoß gegen
das Völkerrecht und die ukrainische Verfassung.
Zudem verstoße dieses Gesetz gegen den von der Uno
unterstützten Minsker Maßnahmenplan zur Beilegung des Donbass-Konfliktes, der
das Recht auf sprachliche Selbstbestimmung beinhalte, sagte Außenamtssprecherin
Marija Sacharowa am Donnerstag in Moskau. „Diese Entscheidung spaltet die
ukrainische Gesellschaft noch tiefer und rückt eine Regelung der Krise noch
weiter in die Ferne.“
Das ukrainische Parlament hatte bereits nach dem Sturz
von Präsident Viktor Janukowitsch im Februar 2014 versucht, der russischen
Sprache den Status einer regionalen Amtssprache zu entziehen. Obwohl der
damalige Übergangspräsident Alexander Turtschinow die Entscheidung blockiert
hatte, war es in den ostukrainischen, überwiegend russischsprechenden Regionen
des Landes zu Unruhen gekommen.
Die russische Sprache ist in der Ukraine seit der
Unabhängigkeit 1991 immer noch stark verbreitet. In einer Umfrage des
US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup im August 2008 hatten
83 Prozent der ukrainischen Bürger es vorgezogen, die Fragen der Interviewer
auf Russisch zu beantworten.
Quelle: https://de.sputniknews.com/politik/20190425324797354-ukraine-nimmt-umstrittenes-gesetz-an--neuer-praesident-selenski-uebersetzt-seinen-namen/ 25.04.2019