Amerika unter Zugzwang oder warum die USA einen Krieg braucht

von Redaktion NEOPresse am 19. Jun. 2014

 

Foto: Militärisches Personal montiert einen Luft-Luft Rakete an einem amerikanischen F-15 Kampfflugzeug für "Air Policing" in Litauen /  A1C Dana J. Butler / U.S. Air Force

 

Foto: Militärisches Personal montiert einen Luft-Luft Rakete an einem amerikanischen F-15
 Kampfflugzeug für “Air Policing” in Litauen / A1C Dana J. Butler / U.S. Air Force

Rainer Falber – Es ist schon eine ganze Zeit lang her, da hat mir mein Papa mal gesagt: „Wenn die USA mal am Ende ist,dann zieht sie die ganze Welt mit sich herunter.“ Er hat übrigens auch im 2. Weltkrieg die zahlreichenBombardierungen durch die Amerikaner in Deutschland miterlebt.

Nun, schauen wir uns einmal die aktuelle Situation an. Die USA haben bereits zweimal „künstlich“ einenStaatsbankrott abwenden können. Um dieses Problem jedoch definitiv lösen zu können, werden Schulden einfach nicht mehr zurückgezahlt und durch Pleite und Inflation ausradiert. Zudem muss sich ein Land danach „gesund“ schrumpfen. Das ist zwar schmerzhaft, aber die Realität.

Ein Land wie die USA „gesund“ schrumpfen? Mit ihrer Hegemoniestellung in der Politik, oder wie Barack Obama es vor kurzem erklärte: „Wir werden noch für die nächsten hundert Jahre die Vormachtstellung auf der Welt inne haben“, nur schwer vorstellbar. Also wird krampfhaft nach einer anderen Lösung gesucht, die die Staatspleite abwenden soll.

Man investiert einen großen Geldbetrag, nämlich fünf Milliarden Dollar, wie es auch die zuständige Direktorin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, offen ausplauderte, in die Destabilisierung eines wirtschaftlich interessanten beziehungsweise strategisch wichtigen Landes, wie die Ukraine, um eine unerwünschte Staatsregierung zu stürzen. Damit das Ganze dabei nicht friedlich abläuft, werden gewaltsame Proteste in Gang gesetzt und mitunter Scharfschützen angeheuert, die dann auf Zivilisten schießen, um die gesamte Situation noch anzuheizen.

Ein klassisches Beispiel, wie ein Staatsstreich von den USA heutzutage geplant und durchgeführt wird, war der venezolanische. Zuerst wird eine Gegen-Elite aufgebaut, die mit Geldmitteln unterstützt wird. Zugleich wird in den Medien immer schriller berichtet. Aus dem Regierungschef wird ein Machthaber, Diktator und zuletzt ist man bei Formulierungen wie “Der Irre von Bagdad” oder “Der Schlächter von Misrata”.

Es kommt zu Massenkundgebungen, die darauf ausgerichtet sind, die regulären Sicherheitskräfte zu provozieren und die Verteidigungsmaßnahmen des Regimes dann als „Angriff“ darzustellen. Danach kommt es zu einer bewussten Konfrontation, bei der es Tote geben wird. Diese Toten werden gebraucht, um das bestehende System zu destabilisieren und es in der Welt als “Unrechtsregime” anzuprangern, in dem auf friedliche Demonstranten geschossen wird. Es reicht also nicht aus, lediglich eine “Opposition” aufzubauen. Die durch diese Ereignisse hervorgerufenen Emotionen sorgen dann dafür, dass die Situation eskaliert, die Spirale aus Gewalt und Gegengewalt sich hochschaukelt.

Nun, soweit waren wir schon. Was geschieht dann? Danach werden in diesem Land “Sollbruchstellen” genutzt, um eine Gegenbewegung zur offiziellen Regierung zu schaffen. Diese Sollbruchstellen verlaufen oft entlang von Ethnien oder Religionen. Wenn ein Land beispielsweise eine sunnitische Regierung hat, kann man Schiiten unterstützen, die dann die Opposition stellen. Oder man bezeichnet die Regierung einfach als “kommunistisch” und stellt den Kampf gegen sie als “antikommunistisch” dar. In der Ukraine verläuft diese Sollbruchstelle zwischen dem Nordwesten und dem Südosten, wo viele Russen als friedliche Menschen leben, die meisten davon arbeiten in Kohlebergwerken oder in Stahlwerken. Um diese Menschen nun gegen sich aufzubringen, werden nationalistische, ja gar rassistische Kräfte benötigt, wie der rechte Sektor in der Ukraine, die dann gezielt Anschläge, wie in Odessa, auf diese Bevölkerungsgruppe ausüben und auf Menschenjagd gehen, so wie die Nazis gegen die Juden im Hitlerregime.

Wie gesagt, Gewalt erzeugt Gegengewalt. Die Menschen werden emotional kompromittiert. Im Übrigen wurden diese Kräfte vom rechten Sektor bereits seit Jahren von den USA unterstützt, wie auch Milizen in Syrien gegen das Assad-Regime. Es ist doch nur verständlich, dass die Menschen im Südosten der Ukraine nicht gewillt waren und sind, eine (Übergangs-)Regierung anzuerkennen, die von faschistischen Kräften mitgetragen wird, nachdem was sie alles im 2. Weltkrieg durchgemacht haben.

Das letzte Puzzleteil, das die Situation dann völlig außer Kontrolle bringt: Man lässt die Leute weltweit glauben machen, dass es sich bei den Menschen im Südosten der Ukraine um hochgefährliche „Terroristen“ handelt, und man nun quasi dazu gezwungen sei, so genannte „Anti-Terror“ Maßnahmen durchzuführen um das Land von diesen destruktiven Kräften zu befreien.

Die neue, vollkommen auf Amerika getrimmte Regierung unter Petro Poroschenko, einem Milliarden schweren Oligarchen, bekämpft nun diese „pro-russischen“ Separatisten mit allen möglichen Mitteln, auch mit laut Genfer Konvention verbotenen Streubomben, wie auf das Gebäude der Gebietsverwaltung in Lugansk. Aber wer hat hier auf den Knopf gedrückt? War es nicht der US-Botschafter Geoffrey Pyatt, mit dem Poroschenko in Kiew den „Anti-Terror-Einsatz“ im Osten der Ukraine erörtert hat, der von einer „akzeptablen Zahl von zweitausend Menschen“ sprach? Kurz danach begann die „Säuberungsaktion“ in den Territorien der Gebiete Donezk und Lugansk.

Aber wer gibt den USA das Recht, sie derart über die Menschenrechte von andern Völkern hinwegzusetzen? Das wäre so ähnlich, wie wenn jetzt zum Beispiel hohe politische Abgesandte aus Afrika, Russland oder China nach Berlin reisen würden, um bei einer möglichen Abspaltung die Bombardierung von Bayern in Süddeutschland anzuordnen. Nichts anderes. Und Berlin wäre gezwungen da mitzuspielen, ansonsten drohen etwaige Sanktionen oder andere Konsequenzen, wie eine eventuelle Entmachtung der Regierung.

Auf jeden Fall haben die USA keinen Hehl daraus gemacht, dass sie laut Geoffrey Pyatt, den Etat der Hilfe für die ukrainische Verteidigungsbranche verdoppeln werden, hauptsächlich, wie es hieß, im Interesse der Steigerung der Kampfbereitschaft der ukrainischen Grenztruppen. In einem Interview für die ukrainische Zeitschrift Serkalo Nedeli sagte er:

„In den zurückliegenden drei Monaten haben wir den Etat der amerikanischen Militärhilfe für die Ukraine verdoppelt“… „Besonderer Schwerpunkt galt dabei der Steigerung der Gefechtsbereitschaft der ukrainischen Grenztruppen und deren Fähigkeit, die Grenze ihres Landes zu verteidigen. Ich erwarte, dass diese Hilfe weiter vergrößert wird.“

Der Diplomat bestätigte, dass bald auch eine Pentagon-Delegation in der Ukraine eintrifft, um die USUnterstützung für die Verteidigungsbranche zu behandeln. Ebenso hatte RIA Novosti im Pressedienst der US-Botschaft in Kiew erfahren, dass der für internationale Sicherheit zuständige Vizeverteidigungsminister Derek Chollet Anfang Juni die Ukraine besucht.

Foto: Vladimir Putin mit spricht mit dem damaligen amerikanischen Verteidigungsminister Robert M. Gates in Moskau (2007) / Cherie A. Thurlby

Foto: Vladimir Putin mit spricht mit dem damaligen amerikanischen Verteidigungsminister Robert M. Gates in Moskau (2007) / Cherie A. Thurlby

Jetzt kommt Russland ins Spiel, Wladimir Wladimirowitsch Putin. Ihm wird vorgeworfen, das Ganze provoziert zu haben, mit militärischen Hilfen sowie Geldmitteln unterstützt zu haben, also alles getan zu haben, um das Land maßgeblich zu destabilisieren. Erst kürzlich hat er in einem Fernsehinterview bei dem Nachrichtensender Russia Today offiziell Stellung dazu bezogen und nach Beweisen für die Intervention Russlands in der Ukrainekrise gefordert. Es bleibt abzuwarten, wie innovativ und kreativ die USA hier agieren werden. Als legitimer Beweis für die Existenz von atomfähigen Material und damit der Rechtfertigung für eine militärische Intervention im Irak galt damals ein Reagenzglas mit Waschpulver.

Amerika hat einen neuen alten Feind, vor dem die gesamte Weltbevölkerung wieder Angst hat: Russland. Vor diesem „bedrohlichen“ Gegner gilt es jetzt die restliche Weltbevölkerung zu schützen. Die „aggressive“ Annexion der Krim durch Russland sowie die einseitige Darstellung der Fakten in den Medien machen dieses Szenario noch glaubhafter. Vor allem die Anrainerstaaten der Ukraine beziehungsweise Russland sind dadurch betroffen und müssen möglichst schnell effizient auf eine etwaige Invasion durch Putin’s Streitkräfte vorbereitet werden.

Als Konsequenz werden Truppenteile nach Osteuropa verlegt. Die NATO zeigt verstärkt Präsenz. Manöver werden durchgeführt. Aber all das kostet Geld, viel Geld. Darum fordert der Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mehr Investitionen von Seiten der Partnerländer in Rüstungsausgaben: “Wir müssen die NATO fitter, schneller und flexibler machen”, sagte er bei einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. Die NATO prüft demnach eine Aktualisierung ihrer Verteidigungspläne und die Entwicklung neuer Verteidigungspläne ebenso wie “angemessene Stationierungen”. Hintergrund ist, dass Polen, Litauen, Lettland und Estland die Stationierung von Kampftruppen anderer NATO-Staaten auf ihren Staatsgebieten fordern. Sie wollen Russland damit vor einer ähnlichen Militäraktion wie etwa bei der Annexion der ukrainischen Krim abschrecken.

Erneut erhob Rasmussen schwere Vorwürfe in Richtung Moskau.

“Russlands unverantwortliches und illegales Handeln ist eine ernste Herausforderung an ein einziges, freies und friedliches Europa.” Daher müssten die Verteidigungsminister “sorgfältig die kurz- und langfristigen Folgen für unser Bündnis prüfen”.

Erfreut zeigte sich der NATO-Chef über die Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, eine Milliarde US-Dollar (735 Millionen Euro) für die zeitweise Verlegung von US-Truppen in östliche NATO-Staaten bereitzustellen.

“Ich begrüße wirklich die amerikanische Führungsrolle beim Ergreifen von Sicherheitsmaßnahmen”, sagte er.

Tausende von US-Soldaten sollen in den kommenden Monaten in Osteuropa stationiert werden. Die USA haben Kampfjets nach Litauen verlegt. Aber woher bitte schön nehmen sie das Geld? Private Sponsoren wie George Soros zahlen bereitwillig dafür.

Zudem sind modernste US-Panzer in Bayern eingetroffen. Wozu eigentlich? Und was hat die NATO Eingreifgtruppe damit zu tun, deren Soldaten oft nahe der russischen Grenze üben? Vor allem nehmen die USA dabei die Nato-Eingreiftruppe NRF ins Visier. Das EAS-Ausbildungsprogramm soll, wie es hieß, die US-Beteiligung am NRF-Projekt neu schüren. NATO-Generalsekretär Rasmussen bezeichnete die Eingreiftruppe übrigens als „Speerspitze“ des Nordatlantischen Bündnisses, die in der Lage sei, jeden Mitgliedsstaat zu verteidigen und sich jeder Gefahr überall Entgegenzusetzen. Die Mitglieder sollen rotationsmäßig Soldaten für diese Zwecke zur Verfügung stellen.

Die Aktivitäten mit dem Ziel, die „Speerspitze“ einsatzbereit zu halten, erfolgen also oft nahe der russischen Grenze. Sollen nun nicht nur US-Raketenabwehrsysteme, sondern auch US-Panzer Probleme der europäischen Verteidigung lösen? Ein Sprecher der US-Armee erklärte, 29 schwere Panzer des Typs Abrams seien im Rahmen des Programms European Activity Set geliefert worden. Dies sei Teil der Kampfausbildung, nichts mehr. Die Panzer stünden nun einem Trainingszentrum zur Verfügung, hieß es.

Europa hat aufgrund der Finanzkrise kein Geld für eine Aufrüstung, so ein Rüstungs-Experte. Oder doch? Einen ersten Schritt macht Estland, das laut Ria Novosti amerikanische Panzerabwehrraketen vom Typ Javelin Block kaufen will. Die Regierung in Tallin hat am letzten Donnerstag Verteidigungsminister Sven Mikser beauftragt, mit den USA in Verhandlungen zu treten. „Im Zusammenhang mit der Verschlechterung der internationalen Sicherheitssituation“ habe das Verteidigungsministerium beschlossen, die Panzerabwehrraketen schneller und in größerer Menge als bis jetzt geplant anzuschaffen, teilte Mikser mit. Javelin Block ist ein Panzerabwehrsystem der dritten Generation, das seit 1996 bei der US-Army im Dienst steht.

Als der weltweit größte Exporteur von Waffen kann Amerika aus der Ukrainekrise in naher Zukunft seinen Absatzmarkt für Waffen ausweiten und seine Rüstungsindustrie neu beleben, was Unmengen an dringend benötigten liquiden Mitteln in Geldform in die Kassen der brachliegenden amerikanischen Wirtschaft spülen wird. Zudem werden große Vorkommen an Flüssig- und Schiefergas in den umkämpften Regionen Donezk
und Lugansk vermutet; Exxon soll sich bereits Förderverträge gesichert haben.

Jedoch klebt an diesem Geld Blut, viel Blut, bezahlt von dem ukrainischen Volk, ebenso wie von unzähligen anderen Völkern, darunter in Syrien, dem Irak, Afghanistan.

Aber was passiert, nachdem auch dieses Geld wieder aufgebraucht ist – was dann? Die Antwort hierauf überlasse ich Ihnen, liebe Leser.