USA: Generäle gegen Obama?
US-Publizist:
Offiziere der US-Armee lieferten syrischer Regierung Geheimdienstinformationen.
Dissens mit ihrem Präsidenten
von
Arnold Schölzel
Höchstrangige US-Generäle hielten bis vor kurzem an einem Bündnis mit
Syriens Präsidenten Baschar Al-Assad und mit dem russischen Staatschef Wladimir
Putin fest. Sie versorgten Damaskus indirekt mit Geheimdienstinformationen. Das
schreibt der US-Publizist Seymour Hersh in einem langen Text, den die
Zeitschrift London Review of Books am Montag vorab aus der
Januarausgabe auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Hersh wurde 1968
international bekannt durch seine Berichte über das Massaker US-amerikanischer
Soldaten im vietnamesischen Dorf My Lai (Son My) und 2004, als er Beweise für
die Folterpraktiken im irakischen Gefängnis Abu Ghraib lieferte.
Der Journalist stützt sich in seinem Artikel auf etwa zehn Quellen aus
Diplomatie, Militär und Geheimdiensten der USA, Syriens und Russlands. Seine
Kronzeugen sind US-General Michael Flynn, von 2012 bis 2014 Chef des
US-Armeegeheimdienstes DIA, und ein anonym bleibender früherer Berater der
»Vereinigten Stabschefs« (JCS), des US-Generalstabs. Bereits im Mai war ein
DIA-Bericht aus dem Jahr 2012 bekanntgeworden, wonach der »Islamische Staat«
(IS) geplant habe, ein »salafistisches Fürstentum« zu errichten (siehe jW vom 26. Mai, 28. Mai und 14. August). Flynn hatte sich zudem
unmittelbar nach dem militärischen Eingreifen Russlands am 30. September für
eine Kooperation mit Moskau eingesetzt (siehe jW vom 8. Oktober).
Der Widerstand gegen den Kurs Obamas gegenüber Syrien und Russland
gehe zurück auf den Sommer 2013, als eine streng geheime DIA- und
JCS-Lageeinschätzung vorhersagte, der Sturz Assads werde zu Chaos und zur
Machtübernahme durch Terroristen führen. Die Türkei wurde darin als
Haupthindernis für Obamas Syrien-Politik ausgemacht. Sie habe aus
CIA-Waffenlieferungen für »moderate« Aufständische ein Programm auch für die
Al-Nusra-Front und den IS gemacht. Flynn erklärte Hersh gegenüber: »Hätte die amerikanische
Öffentlichkeit die Informationen gehabt, die wir auf dem sensibelsten Niveau
produzierten, wären die Leute die Wände hoch gegangen.« Die
Obama-Administration habe »die Wahrheit nicht hören wollen«.
Die JCS hätten ihre Einschätzungen über militärische Kontakte mit
Deutschland, Israel und Russland weitergegeben in der Erwartung, dass sie an
die syrische Armee gelangten. Syrien habe im Gegenzug Informationen über die
eigenen Fähigkeiten und Ziele geliefert. Einen direkten Kontakt habe es nicht
gegeben. Allerdings hätten Saudi-Arabien, Katar und die Türkei Ende 2013 ihre
Finanz- und Waffenhilfe für die Al-Nusra-Front und den IS verstärkt. Mit allen
habe man verhandeln können, nur nicht mit der Regierung in Ankara. Hershs
JCS-Gewährsmann habe gesagt: »Die Türkei ist das Problem.«
Der US-Journalist umreißt in seinem Papier u. a. die Interessen
Russlands und Chinas in dem Konflikt. Beide Länder fürchten demnach, dass in
Syrien mit türkischer Hilfe eine Dschihadistenbasis entsteht, aus der Kämpfe in
ihre Länder getragen werden könnten.
Der Dissens zwischen US-Militär und -Administration bestehe auch nach
der Pensionierung des JCS-Chefs, General Martin Dempsey, am 30. September
weiter. Dempseys Nachfolger General Joseph Dunford habe allerdings bei einer
Anhörung im Senat erklärt, von Russland gehe eine »existentielle Bedrohung« für
die USA aus. Intern erkläre Obama, dass er Erdogans Rolle im syrischen Krieg
und die terroristische Bedrohung kenne. Hersh fragt, warum er dann nicht auf
die Berichte des Militärs und der Geheimdienste höre.
Quelle: https://www.jungewelt.de/2015/12-23/001.php
Military
to Military
Seymour
M. Hersh on US intelligence sharing in the Syrian war
London
Review of Books; Vol. 38 No. 1 ; January 7, 2016
pages
11-14
http://www.lrb.co.uk/v38/n01/seymour-m-hersh/military-to-military
Criticism
of Hersh’s new piece fails to understand what really happened
By
Moon Of Alabama; December 21, 2015
Russia
Plays a Winning Syria Game at the United Nations. Russian diplomacy achieved a
trio of Security Council Resolutions over the last month which give Russia a
decisive advantage
By
Alexander Mercouris; December 22, 2015