Das US-Establishment gegen den Rest der Welt
von Thierry Meyssan
Die amerikanische herrschende Klasse fühlt sich
durch die internationalen von Präsident Trump gestarteten Veränderungen
bedroht. Sie hat sich gerade zusammengeschlossen, um ihn unter die Kontrolle
des Kongresses zu stellen. Sie hat in einem einstimmig beschlossenen Gesetz
Sanktionen gegen Nordkorea, Iran und Russland verordnet und die Investitionen der
Europäischen Union und China zunichte gemacht. Es gilt für sie, die
Politik der Zusammenarbeit und Entwicklung des Präsidenten zu brechen und
wieder zur Wolfowitz-Doktrin der Konfrontation und des Vasallentums zurückzukehren.
VOLTAIRE NETZWERK | BEJRÚT (LIBANON) | 1. AUGUST
2017
Es ist ein beispielloser Skandal. Der Generalsekretär
des Weißen Hauses, Reince Priebus, nahm an der Verschwörung Teil, um Präsident
Trump zu destabilisieren und seine Amtsenthebung vorzubereiten. Er sorgte täglich
für die Leaks, die das amerikanische politische Leben verdarben,
besonders mit denjenigen über die angebliche Absprache zwischen dem Kreml
und dem Trump-Team [1]. Durch dessen Entlassung ist Präsident Trump nun
mit dem Establishment der Republikanischen Partei, von der Priebus der
ehemalige Präsident ist, in Konflikt geraten.
Man bemerke nebenbei, dass keine einzige dieser Leaks
über Arbeitspläne und Kontakte der Einen und der Anderen, einen
Beweis für die Anschuldigungen erbrachten.
Die darauf folgende Umordnung des Trump-Teams ging
ausschließlich auf Kosten der republikanischen Persönlichkeiten und
zugunsten des Militärs, das gegen die Vormundschaft des tiefen Staates
ist. Die bei der Konventions-Nominierung am 21. Juli 2016 von der
republikanischen Partei mit Donald Trump verhandelte Allianz, um das Gesicht
nicht zu verlieren, ist tot. Man befindet sich daher in der ursprünglichen
Situation: auf der einen Seite der outsider-Präsident der ländlichen
US-Mittelklasse, auf der anderen, die ganze von dem tiefen Staat unterstützte
herrschende Klasse von Washington (d.h. von dem Teil der Verwaltung, die für
die Kontinuität des Staates, d.h. über den politischen Wechsel
hinaus, verantwortlich ist).
Offensichtlich wird diese Koalition durch das
Vereinigte Königreich und Israel unterstützt.
Was passieren musste ist passiert: die Führungspersonen
der Demokraten und Republikaner vereinbarten sich, um die Außenpolitik des Präsidenten
Trump zu durchkreuzen und ihre eigenen kaiserlichen Privilegien zu bewahren.
Um dies zu tun, haben sie ein 70-seitenlanges Gesetz über
Sanktionen gegen den Iran, gegen Nordkorea und gegen Russland o ziell im
Kongress angenommen [2]. Dieser Text gebietet einseitig allen anderen Staaten
der Welt, diese Handelsverbote zu respektieren. Diese Sanktionen gelten also
gleichermaßen für die Europäische Union, China und für die o
ziell angezielten Staaten.
Nur fünf Parlamentarier haben sich von dieser
Koalition herausgehalten und gegen das Gesetz gestimmt: Die Abgeordneten Justin
Amash, Tom Massie und Jimmy Duncan und die Senatoren Rand Paul und Bernie
Sanders.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes verbieten der
Exekutive mehr oder weniger, diese Handelsverbote abzuschwächen, egal in
welcher Form. Donald Trump ist theoretisch vollkommen ohnmächtig. Obwohl
er laut der Verfassung ein Veto einlegen könnte, würde es dem
Kongress genügen, für den gleichlautenden Text wieder zu stimmen,
um es dem Präsidenten aufzuzwingen. Er wird es daher unterzeichnen, ohne
die Kränkung durch den Kongress hinnehmen zu müssen. In den nächsten
Tagen wird ein neuartiger Krieg beginnen.
Die politischen US-Parteien wollen die
"Trump-Doktrin" vereiteln, laut der die Vereinigten Staaten sich
schneller als die anderen entwickeln sollen, um die Spitzenposition zu
verteidigen. Sie wollen im Gegenteil die "Wolfowitz-Doktrin" von 1992
wieder einführen, laut der Washington seinen Vorsprung gegenüber
dem Rest der Welt halten muss, indem es die Entwicklung aller potenziellen
Wettbewerber bremst [3].
Paul Wolfowitz ist ein Trotzkist, der sich in den
Dienst des republikanischen Präsidenten Bush Vater gestellt hat, um gegen
Russland zu kämpfen. Er wurde zehn Jahre später stellvertretender
Verteidigungsminister unter Bush Sohn, und danach Präsident der Weltbank.
Im vergangenen Jahr gab er seine Unterstützung der Demokratin Hillary
Clinton. Im Jahr 1992 schrieb er, dass der gefährlichste Konkurrent der
Vereinigten Staaten die Europäische Union wäre, und dass Washington
sie politisch oder wirtschaftlich zerstören sollte.
Das Gesetz vernichtet alles, was Donald Trump in den
vergangenen sechs Monaten gelungen ist, der Kampf gegen die Muslim-Bruderschaft
und ihre Dschihadisten-Organisationen, die Vorbereitung der Unabhängigkeit
von dem Donbass (Malorussland) und die Wiederherstellung der Seidenstrasse.
Als erste Vergeltung forderte Russland von Washington,
seine Mitarbeiterzahl der Botschaft in Moskau auf das Niveau der eigenen
Botschaft in Washington, d.h. auf 455 Personen zu reduzieren, 755 Diplomaten
werden ausgewiesen. Moskau will auf diese Weise darauf aufmerksam machen, dass
falls es in der US-Politik mitgemischt hat, es aber nicht der Größe des
US-Eingriffs in sein eigenes politisches Leben entspricht.
In diesem Zusammenhang hat der Verteidigung Minister,
Sergei Shoigu, in der Duma am 27 Februar bekannt gegeben, dass die russischen
Armeen nun auch in der Lage wären, "farbige Revolutionen" mit 28
Jahren Verspätung auf die Vereinigten Staaten zu organisieren.
Die Europäer erkennen jetzt mit Erstaunen, dass
ihre Freunde in Washington (die Demokraten Obama und Clinton, die Republikaner
McCain und McConnell) alle Hoffnung auf Wachstum in der Union brutal
zunichtemachen. Der Schock ist sicherlich hart, aber sie haben noch immer nicht
eingesehen, dass der angeblich "unberechenbare" Donald Trump
eigentlich ihr bester Verbündeter ist. Ganz hart durch diese Wahl
getroffen, die während ihrer Sommerferien stattfand, setzten sich die
Europäer in den Standby-Modus.
Wenn keine unmittelbare Reaktion kommt, sind jene
Unternehmen, die in die Lösung der Europäischen Kommission zur
Energieversorgung in der Union investiert haben, ruiniert. Wintershall, E.ON Ruhrgas,
N. V. Nederlandse Gasunie und Engie (Ex - GDF Suez) sind an der Verdoppelung
der jetzt vom Kongress verbotenen Nord Stream-Pipeline, beteiligt. Sie
verlieren nicht nur das Recht, bei US-Ausschreibungen mitzumachen, sondern auch
ihr gesamtes Vermögen in den Vereinigten Staaten. Sie verlieren den
Zugang zu den internationalen Banken und können ihre Aktivitäten
außerhalb der Union nicht mehr weiter betreiben.
Bis jetzt hat nur die deutsche Regierung ihre Bestürzung
kundgetan. Es ist unklar, ob sie in der Lage ist, ihre europäischen
Partner zu überzeugen und die Union gegen ihren US-Lehensherrn zu
mobilisieren. Nie ist noch eine solche Krise aufgetreten und daher gibt es auch
keinen Hinweis, wie man auf diese Ereignisse antizipieren könnte. Es ist wahrscheinlich,
dass einige Mitgliedstaaten der Union US-Interessen verteidigen werden, wie vom
Kongress vorhergesehen, gegen ihre europäischen Partner.
Die Vereinigten Staaten, wie jeder Staat, können
ihren Unternehmen verbieten, Handel mit ausländischen Staaten zu treiben
und ausländischen Unternehmen verbieten, mit ihnen zu handeln. Aber gemäß
der Charta der Vereinten Nationen können sie ihren Verbündeten und
Partnern nicht ihre eigene Wahl vorschreiben.
Es ist jedoch das, was die USA seit ihren Sanktionen
gegen Kuba getan haben. Damals unter der Führung von Fidel Castro - der
kein Kommunist war - hat die kubanische Revolutionsregierung eine Landreform
ins Leben gerufen, die Washington missbilligte [4]. Die NATO-Mitgliedstaaten,
die sich nichts aus dieser kleinen Insel in der Karibik machten, folgten also
der Bewegung. Nach und nach hat der Westen, von selbst als normal angesehen,
Staaten auszuhungern, die ihrem mächtigen Lehensherrn widerstanden. Jetzt
geschieht es zum ersten Mal, dass die Europäische Union von einem System
betroffen wird, an dessen Aufbau sie mitgeholfen hat.
Mehr denn je nimmt der Trump/Establishment-Konflikt
eine kulturelle Form an. Er macht aus den Nachkommen der Einwanderer auf der
Suche nach dem "American Dream" und den der Puritaner der Mayflower,
Gegner [5].
Woher, zum Beispiel, die Denunzierung von der
internationalen Presse der vulgären Sprache des neuen Leiters der
Kommunikation des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci. Bisher begnügte sich
Hollywood vollkommen mit den Manieren der New Yorker Geschäftsleute, aber
plötzlich wird diese Kutscher-Sprache als unvereinbar mit der Ausübung
der Macht präsentiert. Nur Präsident Richard Nixon drückte
sich so aus. Er musste vom FBI gezwungen, zurücktreten, der den
Watergate-Skandal gegen ihn organisiert hatte. Jedoch stimmt jeder damit ein,
dass er ein großer Präsident war, der dem Vietnam-Krieg ein Ende gesetzt
hat und das Gleichgewicht der Beziehungen zu China gegenüber der
Sowjetunion scha te. Es ist erstaunlich, wie das alte Europa das religiöse
Argument der Puritaner aufgreift, um das Vokabular von Scaramucci zu
beanstanden und seine politische Kompetenz im Trump-Team zu beurteilen; Präsident
Trump sieht sich gezwungen ihn sofort zu entlassen.
Hinter dem, was nur als ein Kampf der Clans erscheinen
mag, spielt sich die Zukunft der Welt ab. Entweder Konfrontations- und
Herrschafts-Beziehungen, oder Zusammenarbeit und Entwicklung.
Thierry Meyssan
Übersetzung Horst Frohlich
[1] “State Secrets
: How an Avalanche of Media Leaks is Harming National Security”, Senate
Homeland Security and Governmental A airs Committee, July 6, 2017.
[2] H.R.3364 - Countering
America’s Adversaries Through Sanctions Act
[3] « US Strategy Plan Calls For Insuring No Rivals Develop », Patrick E. Tyler, New York
Times, March 8, 1992. Le quotidien publie également de larges extraits du rapport secret de Wolfowitz en page 14 : « Excerpts
from Pentagon’s Plan : "Prevent the Re-Emergence of a New Rival" ». Des
informations supplémentaires
sont apportées dans « Keeping the US First, Pentagon Would preclude a
Rival Superpower » Barton Gellman, The Washington Post, March 11, 1992.
[4] «El robo
más largo de la historia
cometido por un país contra otro», por Jorge Wejebe Cobo, Agencia Cubana
de Noticias , Red Voltaire , 19 de julio de
2017.
[5] « Les États-Unis
vont-ils se réformer ou se déchirer ? », par Thierry Meyssan, Réseau Voltaire, 25 octobre
2016.
Quelle : „Das US-Establishment gegen den Rest der Welt“, von
Thierry Meyssan, Übersetzung
Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk,
1. August 2017, www.voltairenet.org/article197289.html