Ein
bißchen Frieden? - Zu Bericht und Interview über die Konferenz »Frieden für
Syrien«
von
Joachim Guillard
http://jghd.twoday.net/stories/ein-bisschen-frieden-zu-bericht-und-interview-ueber-die-konferenz/
Am 13. April fand in Düsseldorf eine Konferenz zur
Frage "Syrien: Ist eine politische Lösung des Konflikts möglich?"
statt, organisiert von der Initiative "Ja zur Demokratie. Nein zur ausländischen
Intervention".
Die Initiative möchte laut ihrem Mission Statement "eine Delegation aus Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens" nach Syrien entsenden, um dort "mit den
wichtigsten politischen Akteuren zu sprechen. Damit soll geholfen werden, den
Weg für eine politische Lösung des bewaffneten Konflikts zu ebnen, der den
Weltfrieden ernsthaft gefährdet und die Existenz Syriens als unabhängiger und
souveräner Staat bedroht. "
Auf der Tagung diskutierten Vertreter der Opposition, inkl.
Muslimbrüder und Vertreter der Friedensbewegung und der deutschsprachigen Linken
über die Themen "Waffenstillstand und Übergangsregierung",
"Versöhnung konfessioneller Gruppen" und "Verhandlungen zu einem
geopolitischen Kompromiß".
Die junge Welt
berichtete und brachte auch ein Interview mit
einem der Organisatoren, in dem
dieser u.a. die syrischen Aufständischen mit der Befreiungsbewegung verglich.
Dies nötigte mich zu folgendem Leserbrief, der am 20.4. leicht
gekürzt veröffentlicht wurde:
Ein bißchen Frieden?
- Zu jW vom 15. April: »Frieden für Syrien« und »Irgendwann werden alle
einlenken müssen«
Die Initiative »Ja zur Demokratie. Nein zur ausländischen Intervention« sei, so
Leo Gabriel, aus dem Kreis von Leuten entstanden, die 2003 nach Bagdad gereist
sind, um Saddam Hussein gute Ratschläge zu übermitteln, wie er den Überfall auf
sein Land noch stoppen könne.
Das erklärt vieles. Da schimmert ein gehöriger Schuß Selbstüberschätzung durch,
wie auch das Überlegenheitsgefühl europäischer Intellektueller, die überzeugt
sind, klügere Lösungen parat zu haben als Regierung und Experten eines
Trikontlandes.
Sie wandten sich nicht etwa an die Angreifer, sondern an die Bedrohten – und
dies mit der naiven Vorstellung, die Iraker könnten durch nette Zugeständnisse
die zum Sprung bereite Bestie noch einmal besänftigen. Dabei war es damals
offensichtlich, daß Washingtons Kriegsgrund nicht im Verhalten der Iraker lag
und es völlig gleichgültig war, was sie tun oder lassen würden.
Zehn Jahre später und nur wenige Kilometer entfernt, wird wieder die
Hauptursache für die Gewalteskalation und das Scheitern aller
Friedensbemühungen weitgehend ignoriert. Auf der Düsseldorfer Syrien-Konferenz
wurde das, was man als einleitenden Schwerpunkt erwartet hätte, die
Intervention von außen, nur am Rande [durch einzelne ReferentInnen]
angesprochen. Dabei sind es zweifelsohne die NATO-Mächte und die Golfmonarchen,
die bisher jeden Ansatz für eine politische Lösung erfolgreich torpedieren,
indem sie auf den Abgang der Regierung – d. h. deren Kapitulation – als
Vorbedingungen für Verhandlungen bestehen. Vereinbarte Feuerpausen werden
unterlaufen, indem sie immer größere Kontingente an Waffen und Kämpfer ins Land
schleusen.
Leo Gabriel räumt zwar ein, daß es die Gegnern Assads sind, die Verhandlungen
abblocken, fordert dennoch auch jetzt wieder allein die Angegriffenen zu
Zugeständnisse auf. Hier, wie auch in der Ankündigung der Konferenz, schimmert
durch, daß die Initiatoren im Grunde die Ziele der Opposition teilen.
Nur so ist auch der unsinnige Vergleich zwischen der einstigen
Befreiungsbewegung in El Salvador mit den Aufständischen in Syrien
verständlich, der die Verhältnisse völlig auf den Kopf stellt: In El Salvador
kämpfte eine Bewegung gegen eine US-hörige Regierung, die sich nur durch die
militärische Unterstützung der Supermacht an der Macht halten konnte. In Syrien
wäre der Aufstand ohne Unterstützung von außen längst zu Ende, ist hier doch,
wie Umfragen und die letzten Wahlen zeigen, nur eine Minderheit für einen
Umsturz. Die bewaffneten Aufständischen in Syrien müssen auch nicht in die
Berge. Sie haben u. a. im benachbarten NATO-Mitglied Türkei ein sicheres
Hinterland. Der Vergleich mit den von den USA aufgebauten »Contras«, die in den
1980er Jahren Nicaragua mit Terror überzogen, liegt daher wesentlich näher.
[So sympathisch es klingt, wenn eine Initiative versucht, zwischen Partien zu
vermitteln, Leute zu versöhnen, so vermittelt sie doch einen völlig verfehlten
Eindruck von den Verhältnissen in Syrien. So wenig wie einzelne
Versöhnungsprojekte zwischen Israelis und Palästinensern etwas zur Beendigung
des israelisch-palästinensischen Konflikts beitragen können, so wenig wird der
Dialog zwischen einzelnen politischen Gruppen und Grüppchen die Al Nusra Front
oder andere Verbänder der "Freien Syrischen Armee" von Bombenschlägen
abhalten und den Bürgerkrieg beenden. ]
Nichts gegen Dialog auf jeglicher Ebene. Hiesige Aufgabe ist aber, die äußere
Intervention zu stoppen – eine Intervention, an der unser Land und dessen
engsten Verbündeten unmittelbar beteiligt sind.
Joachim Guilliard