Syrien
und der Westen
In Syrien haben religiöse Fanatiker das Lager der
Rebellen übernommen. Al-Qaida ist die größere Gefahr als das alte Regime. Der
Westen ist mitverantwortlich dafür, dass aus einem Terroristenhaufen eine
schlagkräftige Armee wurde.
Ein Gastbeitrag von Jürgen Todenhöfer* am 21.1.14 in der Süddeutschen Zeitung
zusammengefasst
und kommentiert von Brigitte Queck
Todenhöfer schrieb, dass es selbst führenden westlichen Politikern
auffallen würde, dass ihre Rechnung in Syrien, wie überhaupt im Nahen Osten,
nicht aufgegangen ist und der
syrische „Diktator“ Assad wohl doch mehr Rückhalt im Volk hat, als die meisten der
sogenannten westlichen "Experten" prognostiziert hatten.
Deshalb sei
er, allen Prognosen zum Trotz, bis heute auch nicht gestürzt.
Inzwischen
„sei das Desaster jedoch unübersehbar. Syrien, einst Symbol des friedlichen
Miteinanders der Religionen, zerbricht. Al-Qaida aber wird täglich stärker“.
In Afghanistan
wären es 2001 gerade einmal einige
hundert Al-Qaida-Kämpfer gewesen, im Irak 2006 kaum mehr als tausend, in Syrien
aber würden inzwischen mehr als 25.000 Al- Qaida-Terroristen kämpfen. Diese
aber führten nicht nur gegen Assad Krieg,
sie kämpfen auch gegen andere Rebellengruppen und gegen Teile des syrischen
Volkes selbst.
"Jabhat
al Nusra" und "ISIS" seien die mächtigsten, effektivsten und
bestbezahlten Rebelleneinheiten in Syrien.
Ihre Kämpfer
würden jede Form westlicher Demokratie verachten und brutal gegen
Andersgläubige vorgehen.
Da sie eine Diktatur
religiöser Fanatiker errichten wollen, wäre es geradezu grotesk, dass der Westen bestrebt ist , einen säkularen
Diktator zu stürzen! Der Westen sei mitverantwortlich, “dass aus einem wilden Terroristenhaufen
eine schlagkräftige, mit schweren Waffen, sogar Panzern ausgerüstete Armee
wurde, die über die Grenzen Syriens hinaus Kriege führen kann.“
Deshalb
müsse der Westen ,“ ob es ihm gefällt oder nicht, auch direkt mit dem syrischen
Präsidenten verhandeln….Der Westen kann sich die pharisäerhafte Haltung, Assad
müsse erst einmal zurücktreten, bevor man mit ihm sprechen könne, nicht länger
leisten. Politik ist kein Wunschkonzert.“
Im
Unterschied zu dieser Haltung führender
westlicher Politiker nennt er Ronald Reagan und Willy Brandt, die sich „ nie zu
schade“ waren, „mit Diktatoren zu verhandeln, wenn dies dem Frieden diente !“
Die
westlichen Politiker müssten „als Erstes Saudi-Arabien, aber auch Katar
überzeugen und notfalls zwingen, die militärische und finanzielle Unterstützung
extremistischer Rebellen einzustellen.“
Der Westen
könne sich „diese Mischung aus
wahabitischem Eifertum und macchiavellistischem Zynismus“ nicht länger leisten,
da durch dieses Vorgehen in Zukunft „auch unsere Sicherheit gefährdet“. Aus
diesem Grunde mache es ihn „sprachlos“, dass die westlichen Staaten „dem
wichtigsten Terrorsponsor in der Region Panzer und andere schwere Waffen“
liefere.
Todenhöfers
Vorschlag wäre, dass die USA „als Gegenleistung für einen Stopp der saudisch-katarischen
Waffenlieferungen von Assad weitgehende Zugeständnisse an seine innenpolitischen
Gegner, insbesondere an die lange sträflich vernachlässigten sunnitischen
Bevölkerungsschichten“ verlangen könnte. Inzwischen „wüssten die USA konkret, dass Assad dazu bereit wäre, wenn
dies zu einem stabilen internationalen Frieden führen würde“.
Anders als
die meisten arabischen führenden Politiker sei Assad nicht an einer
lebenslangen Präsidentschaft interessiert.
Die syrische Exil-Opposition, meint Tödenhöfer, „sei eine Erfindung des
Westens“. Sie habe in
Syrien „ein geringes Ansehen… auch bei der überwältigten Mehrheit der syrischen
Rebellen.“ Dennoch könne ihre Präsenz bei bestimmten Kompromissen während der
Genfer Verhandlungen hilfreich sein.
„Strenge
internationale Kontrollen müssten bei zukünftigen Wahlen sicherstellen, dass
die anzustrebenden Wahlen ordnungsgemäß ablaufen.“
Nun, in
diesem Punkte kann ich Todenhöfer überhaupt nicht zustimmen.
Wenn man
bedenkt, dass Bush mit 2 Millionen Minus-Stimmen
trotzdem US_Präsident wurde und in allen
westlichen Staaten Wahlcomputer eingesetzt werden, ist einer Wahlmanipulation
IN DIESEN LÄNDERN Tür und Tor geöffnet ! Syrien also vorzuschlagen, dass
ausgerechnet der Westen künftige syrische Wahlen kontrollieren soll, wäre das
Gleiche, als würde man den Bock zum Gärtner machen !!
Oder will
der Westen Syrien während der Wahlen seine „erprobte“Gerätschaft zur Verfügung
stellen, um einem dem Westen genehmen Kandidaten an die Macht zu hieven, wie
das z.B.in Afghanistan der Fall war ?!
In einem
jedoch gebe ich Tödenhöfer unbedingt Recht, wenn er schreibt,
„Niemand
verlangt von den USA, dass sie gegenüber dem syrischen Diktator
freundschaftliche Gefühle entwickeln. Erwarten kann man jedoch eine
Realpolitik, die nüchtern analysiert, von wem die größere Gefahr ausgeht: von
al-Qaida oder von Assad. Und dass diese Frage endlich richtig beantwortet wird.
Im Interesse des gequälten syrischen Volkes und im Interesse
der Weltgemeinschaft.“
Quelle:http://www.sueddeutsche.de/politik/syrien-und-der-westen-verhandelt-mit-assad-1.1867870 21.1.14
*Jürgen Todenhöfer ist 73Jahre alt. In den 70er- und 80er-Jahren fungierte
er im Bundestag als Sprecher der Unionsfraktion für Entwicklungs- und
Rüstungskontrollpolitik. Später war er mehr als 20 Jahre im Vorstand bei Burda.
Seit Ausbruch der Kämpfe bereiste er Syrien sechs Mal.