Waffenruhe-Vereinbarungen in Teilen Syriens erster Schritt auf dem Weg zu einer

Friedenslösung, aber bei USA/EU Mangel an Friedenswillen

 

von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait Juristin und Diplomatin a.D.

Die verhängnisvolle aggressive Politik der USA-EU, der Türkei und der Arabischen Liga gegenüber Syrien hat zur Eskalation getrieben und einen höllischen Krieg ausgelöst. Die westlich-arabische reaktionäre Aggressionsgemeinschaft hat niemals auch nur einen Gedanken an eine friedliche Lösung verschwendet. Im Gegenteil: Sie sorgt dafür, dass die Gewalt in Syrien kein Ende findet. Die zionistische Verwicklung in Syrien lässt aus Israel grüßen. Jerusalem Post entlud schon früh dessen unkontrollierte Furie gegen Kofi Annan (12.7.2010). Hillary Clinton revanchierte sich in Paris für das Genfer-Treffen höchstpersönlich als Kriegsfurie, um den Genfer-Beschluss vom 30.6.2012, dem sie selbst zugestimmt hatte, scheitern zu lassen. Die offene Positionierung des Westens an der Seite der arabischen Reaktion (Saudi Arabien und Golf-Emirate) gegen die syrische Regierung hat die bewaffnete Opposition zur militärischen Machtübernahme aufgehetzt und die Option einer politischen Lösung, wie im UN-Plan von Kofi Annan vorgesehen, permanent blockiert. Im Gegensatz zur gewaltsamen Politik der USA-EU und anderen setzen sich die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika aktiv für einen Dialog in Syrien ein und lehnen Sanktionen und Gewaltmaßnahmen ab. Sonja Zekri (SZ, 21.1.: "Syrien - Zu früh für Frieden" und "Einladung mit Folgen") geht an diesem Hintergrund vorbei und will "eine politische Opposition" sehen, die "auf dem Schlachtfeld ohnehin weitgehend einflusslos" ist. Sieht sie nicht den unsinnigen Widerspruch ein? Was hat eine "politische" Opposition „auf dem Schlachtfeld" zu suchen?

Amerikaner und einige Europäer müssen sich dem Vorwurf stellen, Terror und Gewalt mit ihrer Waffenhilfe zu verlängern mit allen unmenschlichen Folgen von hunderttausenden Toten, Destruktion, Vernichtung und Millionen Flüchtlingen. Dass es eine innersyrische Opposition gibt, die immer gegen Gewalt und ausländische Einmischung war und ist, und eine Exil-Opposition, die von der westlich-arabischen reaktionären Aggressionsgemeinschaft bewaffnet und finanziert ist, lässt Zekri völlig außer Acht.

Jürgen Todenhöfer (SZ, 21.1., Rubrik Außenansicht: "Verhandeln mit Assad") bringt die Sache auf den Punkt: "Der Westen muss diese absurde Politik beenden. Er muss hierzu, auch direkt mit dem syrischen Präsidenten verhandeln. ... Der Westen kann sich die pharisäerhafte Haltung, Assad müsse erst einmal zurücktreten, ... nicht länger leisten. Politik ist kein Wunschkonzert.... Der Westen muss als Erstes Saudi-Arabien, aber auch Katar überzeugen und notfalls zwingen, die militärische und finanzielle Unterstützung extremistischer Rebellen einzustellen. .. Der Terror-Tsunami, der sich in Syrien aufbaut, gefährdet auch unsere Sicherheit. Dass einige westliche Staaten dem weltweit wichtigsten Terrorsponsor Saudi-Arabien trotzdem Panzer und Kampfflugzeuge liefern, macht sprachlos.... Die syrische Exil-Opposition kann hierzu (bei bevorstehenden Wahlen) wahrscheinlich nur einen bescheidenden Beitrag leisten. Ihr Ansehen in Syrien ist gering. Sie gilt als Erfindung des Westens - auch bei der überwältigenden Mehrheit der syrischen Rebellen.“ (Ist es nicht so?) „Durch regional begrenzte Wahlen würde man ein zuverlässiges Bild des politischen Willens des syrischen Volkes erhalten. Hierdurch würde auch eine legitime Basis für die Unterstützung Syriens im Kampf gegen Al Qaida geschaffen. Diesen Kampf hält inzwischen der überwiegende Teil des syrischen Volkes für erforderlich."

Aufgrund dessen stellt sich die Frage vor der Öffentlichkeit und vor der Völkergemeinschaft, wie man potentielle Aggressoren heute stoppen kann und die internationale Politik und ihre Handlungen in den völkerrechtlichen Rahmen zurückweist. Waffen nicht zu liefern, dafür keine Finanzierung zu arrangieren, sie wegzulegen, ist umgehend erforderlich. Es ist eine dringende primäre Verpflichtung für Länder, die wirklich an die Menschen denken, um Mord und Totschlag durch Terror-Banden zu stoppen. Gerade diese kriminelle verwerfliche Lage ist durch die Medien anzuklagen. Aber kein Artikel, kein Kommentar von Sonja Zekri trägt dazu bei. Stattdessen eine nebulöse Desinformation, die gar nicht konstruktiv wirkt. Aus dem deutschen Außenministerium ist auch kein konstruktiver Vorschlag zum Fall Syrien zu vernehmen, kein Appell an die Konferenzteilnehmer zur Regelung einer Waffenruhe, kein Aufruf an die bewaffneten Banden in Syrien, die Waffen abzugeben, nichts, nicht einmal eine entsprechende Bundestagsresolution. Und die deutschen Kirchenoberhäupter und Synoden? Was wird hier eigentlich gespielt? Soll dies abendländische Kultur sein?

Die freie Journalistin Karin Leukefeld klärt uns über die Befangenheit der Medien auf, vor allem in Bezug auf Syrien: "Sie kennen die tatsächliche Lage der Länder, über die sie berichten, kaum und sind auf Leute angewiesen, die ihnen zuarbeiten. Das ist oft mit einer gewissen Arroganz verbunden - sie kommen mit vorgefassten Meinungen und hören ungern auf diejenigen, die an Ort und Stelle leben.

Natürlich gibt es auch Selbstzensur - die Redaktionen machen Vorgaben, wie berichtet werden soll. ... sie sollen keinen Bericht abliefern, sondern ihre Meinung. Die Redaktionen wiederum sind von der Politik abhängig, ich habe das in der Berichterstattung über Syrien deutlich miterlebt.

..... Entscheidend für die Art der Berichterstattung ist auch der öffentliche Druck, der durch politische Stellungnahmen aufgebaut wird. ...

Im Falle Syrien läuft das so: Da heißt es in der Redaktion zunächst, wir können nicht nur das bringen, was die Regierung in Damaskus sagt. Dann wird aber fast ausschließlich nur über das berichtet, was die sogenannte Opposition Syriens herausgibt. Die ist ja auch in Deutschland aktiv und lässt ihre Leute ... im TV auftreten...

Dass die bürgerlichen Medien so agieren, ist natürlich nicht neu, wir haben es auch im Jugoslawienkrieg erlebt.... Sie sind mitverantwortlich für Hass und Gewalt. Was wir im Irak und anderswo erleben, ist das Ergebnis einer Entwicklung, die ... (mit den) geostrategischen Interessen der USA und ihrer Verbündeten (zu tun hat). Mit der Zerstörung des Iraks und Afghanistans hat die politische, regionale, konfessionelle und ethnische Zersplitterung einer von Toleranz geprägten Region begonnen, in der die verschiedenen Bevölkerungsgruppen friedlich miteinander gelebt und großartige kulturelle Zeugnisse hinterlassen haben. Heute werden in dieser Region die verschiedenen konfessionellen Gruppen des Islam gegeneinander in Stellung gebracht. ...

Wem nutzt es? Der betroffenen Bevölkerung auf gar keinen Fall... Es nützt Rüstungsunternehmen, Waffen- und Menschenhändlern...." So Karin Leukefeld auf der XIX. Rosa-Luxemburg-Konferenz (Junge Welt, 15.1.14).

Die Öffentlichkeit steht jetzt vor der Syrien-Friedenskonferenz Genf-2, die am Mittwoch 23.1. in Montreux beginnt und in Genf fortgesetzt wird. Zwar liefen die Vorbereitungen zwischen den USA, Russland und den Vereinten Nationen bereits seit mehr als einem Jahr, aber die wichtigen deutschen Medien berichteten darüber so gut wie gar nichts. Der tradierten verbohrten Haltung deutscher Politik gemäß, eine Niederlage und ein Scheitern nicht anzuerkennen, schließen sich führende deutsche Medien dieser ausweglosen Borniertheit an und ignorieren bis zur letzten Minute die erfolgreiche amerikanisch-russische Initiative, die schon am vergangenen 26.Februar im Hotel Adlon in Berlin und dann im Kreml am 7./8.Mai 2013 zustande gekommen war und die sich jetzt unter dem Dach der Vereinten Nationen materialisiert. Zu auffällig die mediale Gegenarbeit in Deutschland: So bei der Frühschoppen-Sendung in Phönix am 19.1. um 12 Uhr, wo es statt um Syrien um die Olympischen Spiele in Sotschi ging. Noch plumper in der Süddeutsche Zeitung, wo sich am 20.1. kein Kommentar zur Syrien-Friedenskonferenz findet, stattdessen ein langer belangloser Artikel: "Der Konferenzraum der Welt", in dem die SZ-Redaktion mit dem Abhandeln nebensächlicher Konferenzen, die jetzt auch in der Schweiz stattfinden wie „Haute Horlogerie“ und das Weltwirtschaftsforum in Davos ein lächerliches Ablenkungsmanöver versucht, wohl wissend, dass sich die höchsten Vertreter der Vereinten Nationen und Regierungsdelegationen aus aller Welt, darunter Syriens, den USA, Russlands, Chinas und vielen anderen Staaten in Montreux und dann in Genf treffen, um Frieden für Syrien zu erreichen. Es ist nicht nur fehlende Besonnenheit und Inkompetenz, sondern vor allem Mangel an Friedenswillen, was die US/EU-Außenpolitik und ihr hörige Redaktionen prägt.

"Sollte sich die lokal vereinbarte Waffenruhe durchsetzen, könnte sie möglicherweise regional ausgeweitet werden... US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow hatten am 13.1. für Waffenruhe-Vereinbarungen in Teilen Syriens als ersten Schritt auf dem Weg zu einer Friedenslösung geworben." ("Waffenruhe vereinbart?" von Karin Leukefeld, Junge Welt, 16.1.) Warum ist das unerträglich für die bellizistische SZ-Redaktion? Warum beharrt sie auf der Barbarei der Konfrontation trotz der krassen Niederlage der bewaffneten Gruppierungen und will nicht den notwendigen Frieden zum Wohl der Menschen fördern? Sind für sie drei Jahre Vernichtung mit mehr als 100.000 Toten und mehr als 6 Millionen Flüchtlingen nicht genug?

Die Zukunft Syriens wird vom syrischen Volk entschieden. Wenn es dem Präsidenten Baschar Al-Assad sein Vertrauen manifestiert und keiner der zersplitterten Terror-Gruppierungen, die sich als Opposition darstellen und das Land zerstören, ist diese Entscheidung zu respektieren und sicherlich vollkommen verständlich angesichts der Leiden und ihrer Verursacher, die das syrische Volk vor Augen hat.

"Aber Assad handelt gar nicht gegen die USA. Die Führungen beider Länder (Syrien und Iran) suchen ein gutes Verhältnis zu den USA. Sie wollen eine faire Partnerschaft auf Augenhöhe zu den Amerikanern, werden von den USA jedoch als Ausgeburt des Bösen betrachtet. ... Assad wird seine Beziehungen zum Iran und zu Russland nicht aufgeben, aber er sieht sich nicht als einen Feind des Westens. Die USA sehen Gespenster im Mittleren Osten. Für sie sind diese Regierungen ihre Todfeinde. Ich stoße in Gesprächen mit westlichen Politikern immer wieder auf eine totale Ignoranz." (Jürgen Todenhöfer im FAZ-Interview vom 12.12.11) Der Bericht des Publizisten und ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Jürgen Todenhöfer, der vielmals Syrien bereiste, stellt die westlichen Lug- und Trugkonstruktionen der manipulierenden Medien in Bezug auf Syrien bloß:

„Mindestens die Hälfte der Meldungen über Syrien sind schlichtweg falsch – fast wie vor dem Irak-Krieg. Zwischen der inneren und der Exil-Opposition ist grundsätzlich zu unterscheiden, denn beide vertreten in zentralen Fragen unterschiedliche Standpunkte. Die innersyrische Opposition setzt einstimmig auf einen friedlichen Wandel, während Teile der vom Westen subventionierten Exilopposition auf eine militärische Intervention der NATO – ähnlich der in Libyen – hinarbeiten. Gegen die Guerrillakommandos, deren Finanzquellen dunkel sind, geht die syrische Armee gnadenlos und blutig vor. Seit Monaten aber demonstrieren zahllose junge Menschen friedlich im Land. Nach wie vor ist es paradoxerweise Präsident Baschar Al-Assad, der am ehesten einen friedlichen Übergang zur Demokratie erreichen könnte. Weil er die Macht hat und weil er als Person bei einem Großteil der Bevölkerung noch immer Ansehen genießt." („Syrischer Knoten“, Junge Welt, 14.12.11). Natürlich besteht die Gefahr, dass die westliche kriminelle Verschwörung die anstehenden Präsidentschaftswahlen sabotiert. Die syrische Opposition im Lande kritisierte mehrfach die Exilopposition, „sich zu einem Werkzeug für ausländische Interessen zu machen. Das syrische Regime und die Opposition sollten eine „Regierung der nationalen Einheit“ bilden, um das Land vor noch mehr Gewalt zu retten“. (Pressekonferenz am 11.12.11)

Präsident Assad will sich der Präsidentschaftswahl im Sommer stellen. Er hat die besten Chancen, dadurch von seinem Volk legitimiert zu werden, ein Volk, das die Entscheidung über die Macht inne hat und viel besser die Situation am Tatort einschätzen kann als die SZ-Redaktion, die fremden Interessen dient. Nicht der Wille des US-Außenminister John Kerry, auch nicht der Wille der Opposition, sondern der Wille des jeweiligen Volkes ist nach demokratischen Vorstellungen entscheidend. Nach dem Willen der Opposition dürfte auch Angela Merkel nicht länger Regierungschefin sein. Das sollte eigentlich auch Sonja Zekri einleuchten.

Thierry Meyssan erlaubt uns einen Blick hinter die Kulissen der anfangenden zweiten Syrien-Konferenz. In seinem Artikel "Genf-2 vorbereiten" aus Damaskus vom 13.1. (www.voltairenet.org) assoziiert er das Auseinanderbrechen der Überreste der bewaffneten syrischen Anti-Regierungskoalition mit dem grauenvollen Rückzug und der Niederlage des Dritten Reichs. "Die Staaten, die Russland oder den Vereinigten Staaten bei ihrem Rückzug folgten, positionieren sich jetzt für den Wiederaufbau."

"Die Nationale Koalition (aus Istanbul) hatte eine Entscheidung über ihre Teilnahme an den Gesprächen... ...seit Monaten verschleppt. Erst als vor einer Woche die USA und Großbritannien mit einem Ende ihrer Unterstützung gedroht hatten, sollte die Koalition an den Gesprächen nicht teilnehmen, blieb der Gruppe keine andere Wahl." ("Ende der Verzögerung" von Karin Leukefeld, Junge Welt, 20.1.)

Thierry Meyssan zufolge: <... Jetzt muss auch bestimmt werden, ob die Nationale Koalition die Interessen von Saudi-Arabien, des Katars oder der Türkei darstellt. Auf dem Boden haben sich die drei Sponsoren des Krieges getrennt. ... Die freie Syrische Armee ist aber vom Schlachtfeld schon verschwunden. Deshalb bleiben die islamische Front, die Al-Nusra Front (immer von Katar abhängig) und das islamische Emirat von Irak und der Levante (EIIL), das von Rezept Tayip Erdogan illegal finanziert wird. Zuerst hat das EIIL (d.h. die Türkei, d.h. die NATO) das Hauptquartier der freien Syrischen Armee (FSA) angegriffen und ausgeplündert.... (Entgegen der Behauptung der Golf- und atlantischen Presse hat es in Syrien keine erste Revolution gegeben) und es wird auch jetzt keine geben. Auch wenn Israel bei dem Zerfall der anti-syrischen Koalition nicht aufscheint, verbirgt sich Tel Aviv ... hinter seinen Verbündeten - Frankreich und Saudi-Arabien. ... Saudi-Arabien und Frankreich werden die großen Verlierer von Genf-2 sein. Präsident Francois Hollande hat seine Aufgabe im Dienste Israels erfüllt und betrachtet die Folgen für sein Land als sekundär.

... Die (etwa zwanzig) Delegationen der Staaten, die die Besonnenheit hatten, sich vom Konflikt zurückzuziehen, oder die Syrien unterstützen, hoffen auf Verträge für den Wiederaufbau, der von zwischenstaatlichen Organisationen finanziert wird.>

Der deutsche Außenminister Walter Steinmeier sollte sich endlich selbstständig und vernünftig zum friedlichen Übergang für Syrien äußern, anstatt sich von der destruktiven aussichtslosen Position seines französischen Kollegen beeinflussen lassen. Das Beste wäre, einen Botschafter nach Damaskus zu schicken, wie es viele europäische Staaten in Damaskus schon angefragt haben. Weder Deutschland noch die USA dürfen sich länger als Herren der Welt aufführen und Schicksal für andere Völker und Länder spielen. Gute internationale Beziehungen beginnen mit Respekt vor der souveränen Entscheidung anderer Völker.

Thierry Meyssan sinngemäß (www.voltairenet.org): <Die Delegation der syrischen Regierung begegnet der Konferenz mit Optimismus.

Die bewaffneten Oppositionskräfte sind seit dem Untergang der Anti-Syrischen Koalition und dem massiven Abzug der EIIL (Bewaffnete des islamischen Emirat von Irak und der Levante) in Auflösung. Damaskus bemüht sich, dass seine Gesprächspartner durch Schmuckstückchen ihr Gesicht wahren, um ihre Niederlage zu verdecken und einen einvernehmlichen Sieg im allgemeinen Interesse zu feiern. Temporäre Ministerien sind geplant, die für die Beziehungen mit den großzügigen Spendern, die vorher Feinde waren, verantwortlich sein werden.