Syrien : Meldungen zu Feuerpause in Syrien
Lage zu gefährlich für weitere Missachtung von UN-Resolutionen seitens der
USA und
ihrer Verbündeten
von Luz María De Stéfano Zuloaga de
Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D. am 28.2.16
Es ist nicht
verwunderlich, dass sich die US-Regierung hinter einer Finte, hinter einem
Schwindel versteckt, um die Entwaffnung oder weitere Bekämpfung ihrer Rebellen
zu verhindern. Dazu wollte das Weiße Haus nochmals den UN-Sicherheitsrat
benutzen, um eine täuschende Resolution zu verabschieden, die die Feuerpause
bestimmt. Dabei wollten die USA die zahlreichen UN-Resolutionen ignorieren und
unwirksam sehen, die anordnen, alle extremistischen Gruppierungen in Syrien zu
bekämpfen, auch diejenigen, die von den USA gesponsort sind. Jenen
UN-Resolutionen zufolge machen Moskau und die syrische Regierung mit ihrer
Armee keinen Unterschied zwischen gewaltätigen Elementen in Syrien. Darin
besteht der Albtraum Washingtons: Die US-Regierung versucht, ihre
CIA-Spezialkräfte in Syrien vor den russischen Bomben zu retten.
Es wird also keinen umfassenden landesweiten Waffenstillstand in Syrien geben,
solange das Weiße Haus nicht aufhört, seine Umsturz-Politik zu verfolgen. Das
Pentagon, ihre medialen Sprachrohre und westlichen Alliierten bestehen darauf,
weiter den Terror in Syrien durch gewaltsame Banden zu betreiben.
Die russische Diplomatie hat jedoch erneut sehr erfolgreich eingegriffen, um
das Völkerrecht herrschen zu lassen und in der Konfliktlösung voran zu kommen.
Es kam schließlich zu einem Resolutionsentwurf, den Russland zusammen mit den
USA am letzten Freitag (26.2.) im UN-Sicherheitsrat einbrachte, ein
Resolutionsentwurf, der von allen 15 Mitgliedern einstimmig verabschiedet
wurde. Darin wird noch einmal die volle territoriale Integrität Syriens und
seine Souveränität betont. Außerdem heißt es darin, dass die von der UN
vermittelten Anstrengungen zur Beilegung des Syrien-Konflikts auf Grundlage der
Kommuniqués von Genf und der Wiener Erklärungen unterstützt werden. Was die
kriminellen Banden in Syrien betrifft, ist in dieser UN-Resolution festgelegt,
dass die Kräfte der syrischen Regierung und die Oppositionsgruppen Russland und
die Vereinigten Staaten über ihre Bereitschaft informiert haben, die
Bedingungen der Feuerpause zu akzeptieren. In diesem Zusammenhang fordert die
neueste UN-Resolution die Konflikt-Parteien auf, ihre Verpflichtungen zu
erfüllen und die Feindseligkeiten von Mitternacht des 27.2. an zu beenden. Die
Mitglieder des UN-Scherheitsrates bitten den Generalsekretär der Vereinten
Nationen Ban Ki-Moon und seinen Sondergesandten Staffan de Mistura, so bald als
möglich die Gespräche zwischen der syrischen Regierung und der Opposition wieder
aufzunehmen. Das ist der jüngste Triumph der russischen Diplomatie, die die
verhängnisvolle angelsächsische Achse rechtzeitig zu neutralisieren wusste. Aus
dem deutschen Außenministerium und Bundeskanzleramt hört man dazu ein lautes
Schweigen.
Diese letzte UN-Resolution zu Syrien (26.2.) und die früheren
UN-Sicherheitsratsresolutionen gegen den Terrorismus stehen über allen anderen
Abmachungen in der aktuellen dunklen Lage Syriens. Sie sind weiter gültig und
bei den Friedensgesprächen in Genf in ihrer rechtlichen Vorrangstellung zu
achten. Aber gerade diese UN-Resolutionen sind ein Dorn im Auge der USA.
Deshalb versuchte die US-Administration sie durch eine neue, die die
Aktivitäten der Terroristen beschönigen soll, hinter einer Medienkulisse zu
verstecken. Glücklicherweise ist dieser hinterhältige Versuch in New York
bisher gescheitert. Russland, China und alle anderen Mitglieder des
UN-Sicherheitsrats waren hoch wachsam und wussten den US-Hinterhalt zu stoppen.
Um nicht nackt vor der Weltöffentlichkeit dazustehen, blieb der US-Regierung
nichts anderes übrig, als der Resolution vom 26.2. zuzustimmen, die allem
Anschein nach das russische Siegel trägt.
Die Vereinten Nationen haben sich schon früher mit dem Gewalt-Problem in Syrien
befasst, und zwar konkret:
Mitte Juli 2014 hatte der UN-Sicherheitsrat die Resolution 2170 verabschiedet,
die alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auffordert, den "Strom
ausländischer Kämpfer, die Finanzierung oder andere Unterstützung von
islamischen extremistischen Gruppen im Irak und Syrien" zu unterbinden.
Ausdrücklich erwähnt werden der "Islamische Staat", die
Al-Nusra-Front und "andere extremistischen Gruppen".
Am 24.9.2014 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat einstimmig eine zweite
Resolution gegen den Terror (Nr. 2187), die die vorhergehende Erste
bekräftigte.
Am 20. November 2015 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine dritte
Resolution, die die Bekämpfung aller bewaffneten Elemente in Syrien anordnet.
Deutsche und europäische Medien stehen so sehr unter US-Einfluss, dass sie
nicht imstande sind, diese grundsätzliche Rechtslage zu erkennen, die
festschreibt, alle bewaffneten Elemente in Syrien zu bekämpfen.
Seit Mitternacht 27.2. (Zeit von Damaskus) werden Kämpfe der syrischen
Streitkräfte, Russlands und der US-geführten Koalition gegen solche bewaffneten
Einheiten nicht mehr ausgeführt, die ihre Bereitschaft zu einer Feuerpause
erklärt haben: Das sagte Präsident Putin vor dem Vorstand der Föderalen
Sicherheitskräften (FSB) (Moskau 26.2. laut http://tass.ru/en/politics/859179). Allerdings betonte Putin dass „dies
sich nicht auf ISIL, Jabhat al-Nusra und andere Terror-Organisationen bezieht,
die vom UN-Sicherheitsrat in einer Liste aufgeführt sind.“ „Der entscheidende
Kampf wird sicherlich weitergehen.“ Natürlich ist Realismus angesagt: Bis auch
der letzte Meuchelmörder in der hintersten Ecke Syriens unschädlich gemacht
worden ist, wird die syrische Regierung mit ihren Verbündeten kämpfen, denn das
ist ihr gutes Recht und ihre Pflicht als amtliche Regierung, um die volle
territoriale Integrität des Landes zu bewahren gemäß dem Völkerrecht und der
UN-Resolution vom 26.2., die diesen Sachverhalt bekräftigt.
Wladimir Putin sagte vor dem FSB-Vorstand weiter, er hoffe, US-Partner werden
den Inhalt der gemeinsamen russisch-US-amerikanischen Erklärung zu beurteilen
wissen und „nicht vergessen, dass es neben ISIL andere Terrororganisationen gibt,
die der UN-Sicherheitsrat ausgewiesen hat.“
In Genf trafen sich am Freitag 19.2 der US-Außenminister John Kerry und der
Außenminister Russlands, Sergej Lawrow, um die Modalitäten für eine Waffenruhe
in Syrien zu besprechen. Eine militärische Kooperation mit den USA erklärte
Lawrow zu Recht zur Voraussetzung für die Umsetzung der Waffenruhe. Einer
solchen Kooperation verweigert sich das Pentagon, das immer wieder weiter
versucht, neue Rebellen und Meuchelmörder zu tranieren. Mit anderen Worten will
das Weiße Haus nicht wirklich alle kriminellen Banden in Syrien bekämpft sehen;
ein Ende der Gewalt in Syrien ist ihm nicht wichtig. Darüber gut informiert
meldete klipp und klar der stellvertretende Außenminister im Kreml, Michail
Bogdanow, am selben Tag des Treffens von US-Außenminister John Kerry und
Außenminister Russlands, Sergej Lawrow in Genf (19.2.), Russland werde seine
Luftangriffe nicht stoppen.
Die jüngste Blockade der USA und ihrer im UN-Sicherheitsrat vertretenen
Vasallenstaaten eines russischen UN-Resolutionsentwurfes zu Syrien am Freitag
19.2., mit dem die Angriffe der Türkei gegen kurdische Milizen in Syrien
verurteilt werden sollten, gibt plausiblen Anlass dafür, den Friedenswillen der
USA und ihre jüngste Erklärung zur Feuerpause oder Waffenstillstand in Syrien
als absolut unglaubwürdig zu erkennen. Die USA, Frankreich und Großbritannien,
Spanien und Neuseeland wiesen den Textentwurf gegen den türkischen Terrorismus
zurück. Aber nicht nur die Türkei, sondern auch Saudi-Arabien ist dezidierte
Kriegspartei in Syrien. Der saudische Außenminister will die sogenannten
Rebellen in Syrien weiter aufrüsten. („Riad will syrische Rebellen aufrüsten“,
dpa/jW, Junge Welt, 20.2.)
Allerdings ist die Lage zu gefährlich, um die weitere Missachtung von UN-Resoutionen
seitens der USA und ihrer Verbündeten zu dulden. Europäische Politiker, die
nicht imstande sind, für die Sicherheit ihres Landes und den Frieden in Syrien
zu sorgen, sollten abtreten.
<Schon 2003 haben die US-amerikanischen Neokonservativen den „Regime-Change“
in Syrien befürwortet und geplant. ... Es bleibt Tatsache, dass ein Krieg, der
fast ein Jahrzehnt im voraus und Tausende Kilometer entfernt programmiert
worden ist, nicht ein Bürgerkrieg, sondern in erster Lnie ein imperialistischer
Aggressionskrieg ist.
Die imperialistischen Aggressionen werden manchmal explizit und sogar stolz
proklamiert. Präsident George W. Bush sagte gerne, die USA seien die von Gott
auserwählte Nation und hätten die Aufgabe, die Welt zu regieren. Nicht viel
anders ist die Sprache seines Nachfolgers Barack Obama, der vor kurzem das
Dogma proklamiert oder besser bestätigt hat, wonach die USA die „undispensable
Nation“, die einzige unentbehrliche Nation in der Welt sei.> So der
italienische Philosoph und Publizist Domenico Losurdo („Zielscheiben des
Westens“, Junge Welt, 27.1.).
Das Bundeskanzleramt, der Bundestag und die EU scheinen die schockierende
internationale Realität nicht zu erkennen oder sie wissen nicht, darauf
angemessen zu reagieren. Sie sehen die Verbrechen in Syrien, aber tun nichts,
um sie zu stoppen oder die bekannten Verbrecher zu bestrafen. Sie lassen sie
frei herumlaufen und weiter morden. Dabei machen sie sich schuldig und
beweisen, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Ämter weiter auszuüben.