Syrer Sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin" - Offener Brief eines syrischen Flüchtlings 31.01.2019
Quelle: www.globallookpress.com
Lassen sich laut Majd Abboud nicht integrieren: Anhänger der "Freien
Syrischen Armee" demonstrieren vor dem Reichstag in Berlin. (17.12.2016)
Der syrische Zahnarzt Majd Abboud flüchtete Ende 2015 nach Deutschland. In
einem offenen Brief an die Kanzlerin bedankt er sich zwar für die Aufnahme,
sieht aber die Voraussetzungen für eine Integration nicht gegeben. Ein Grund
dafür sei die deutsche Syrien-Politik.
Dr. Majd Abboud wandte sich an RT Deutsch mit der
Bitte, einen von ihm verfassten offenen Brief an die Bundeskanzlerin zu
veröffentlichen. Zuvor hatte der syrische Flüchtling bereits zahlreiche andere
Medien in dieser Sache angeschrieben, erhielt aber nie eine positive Antwort –
wenn ihm überhaupt geantwortet wurde.
Nachdem die Saarbrücker Zeitung im vergangenen Jahr
einen Gastbeitrag von ihm veröffentlicht hatte, war der 42-Jährige zahlreichen Anfeindungen und Drohungen
ausgesetzt – auch von Landsleuten, die die Freie Syrische Armee (FSA)
unterstützen.
Mehr
lesen:Integration in Deutschland: Ein syrischer Flüchtling zieht kritische
Bilanz
RT Deutsch dokumentiert im Folgenden den offenen Brief
von Dr. Majd Abboud an Angela Merkel.
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
da das Ende Ihrer Amtszeit in Sicht ist, möchte ich
dies zum Anlass nehmen, Ihnen ganz herzlich dafür zu danken, dass Sie mir und
meinen Landsleuten Hilfe in der Not geleistet und Ihr Land für vor Krieg und
Terror fliehende Menschen geöffnet haben. Dadurch haben Sie uns sehr viel Leid
erspart, wir sind hier in Sicherheit und haben die Möglichkeit, in Frieden zu
leben. Außerdem habe ich es immer als große Chance für uns Syrer empfunden, in
Europa und im Kontakt mit Europäern eine neue Kultur kennenzulernen, die uns
neue Perspektiven eröffnet und es uns ermöglicht, unseren Horizont zu
erweitern.
Leider habe ich in Erfahrung gebracht, dass die Voraussetzungen
für echte Integration kaum gegeben waren und es auch
heute noch, nach drei Jahren, nicht sind. Vielmehr empfand ich die sogenannte
Integration eher als Einbahnstraße: Deutschland kam den Geflüchteten sehr stark
entgegen, forderte von jenen aber kein Entgegenkommen ein. Erschwerend kam
hinzu, dass die deutsche Identität für Zugewanderte kaum zu erkennen ist. Es scheint,
als ob sich das Land dafür schäme und deswegen Schwierigkeiten hat, seine Werte
zu vermitteln.
In krassem Gegensatz hierzu ist anzumerken, dass viele
Geflüchtete über ein übersteigertes, vielfach radikales Zugehörigkeitsgefühl
dem Islam gegenüber verfügen, oftmals dem Staat und der Gesellschaft schon in
Syrien Probleme bereitet haben. Ich war voller Hoffnung, dass Sie, Frau Merkel,
es schaffen würden, ein friedliches Miteinander zwischen beziehungsweise mit
den Zugewanderten zu ermöglichen, was wir in Syrien aufgrund der zunehmenden
Radikalisierung und der westlichen Investition in den politischen Islam nicht
erreicht haben.
Über Ihre Motive wurde ja immer viel spekuliert, und
meistens wurde diese Frage damit beantwortet, dass Sie aus Humanität und christlicher
Nächstenliebe gehandelt hätten. Doch wenn von Menschlichkeit die Rede ist, dann
hätten Sie die neulich von Ihnen verlängerten Sanktionen gegen Syrien beenden
sollen. Denn darunter leiden seit Jahren immer noch Millionen von Menschen, die
ihre Heimat nicht verlassen können oder wollen. Schließlich haben auch diese
Menschen Nächstenliebe verdient. Auch in einer echten Demokratie, für die Sie
ja immer werben, dürfen diese Menschen ihre politische Einstellung haben, ohne
dafür bestraft zu werden.
Quelle: RT
Der Syrer Majd Abboud floh vor Ende 2015 nach Deutschland und hat sich
seitdem intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigt.
Sanktioniert werden unter anderem Medikamente und
medizinische Hilfsmittel, wie Prothesen, die nach einem Krieg dringend benötigt
werden. Auch die Kinder, die jeden Tag im Jemen verhungern oder gewaltsam
umkommen, sollten nicht verschwiegen werden. Und statt ihnen Lebensmittel oder
Medikamente zu schicken, erlauben Sie bewusst und bereitwillig Panzer und
Granaten zu liefern und lassen sogar die saudischen Soldaten durch deutsche Experten trainieren, damit sie dort noch mehr Menschen töten können.
Ist das eine christliche Politik, wie es Ihrer
Parteibezeichnung entsprechen würde? Offenbar ist der deutschen Regierung der
Profit deutscher Rüstungskonzerne wichtiger als christliche Werte, mit denen
man sich so gerne schmückt.
Mit großem Interesse habe ich Ende September gelesen,
dass in Düsseldorf ein Anhänger der Freien Syrischen Armee (FSA), die von den
westlichen Medien gern als "gemäßigt" bezeichnet wurde, als
Kriegsverbrecher verurteilt wurde. Er hatte in Aleppo als Angehöriger einer Miliz
Menschen entführt, gefoltert und ermordet. Ich begrüße es sehr, dass endlich
Maßnahmen ergriffen werden, um die Terroristen, die in dieses Land (nach Deutschland)
geflohen sind, zu identifizieren. Meinen Sie, Frau Merkel, dass dies ein
Einzelfall war?
Mehr zum Thema - Düsseldorf: Syrischer Kriegsverbrecher der FSA wegen Folter und Mordes zu
Höchststrafe verurteilt
Ich habe seit langem darauf hingewiesen, dass sich viele
Kriminelle mit radikalen Ansichten unter den Flüchtlingen befinden, und dass
Deutschland schnellstens handeln sollte. Denn gerade wenn man von
interkultureller Begegnung spricht, stellen die Radikalen und die Straftäter
eine ernsthafte Gefahr für die Integration und das Gastland dar. Sie schaden
dem Ruf jedes Migranten, befördern Vorurteile und erschweren den
integrationswilligen Flüchtlingen wie auch den "schon länger hier
Lebenden" das Leben.
Die deutsche Regierung hat viel zu lange die Augen
davor verschlossen und diese radikale Mentalität sowohl in Deutschland als auch
in Syrien verharmlost. Und (sie hat) den Radikalen damit die Botschaft
vermittelt, dass sie mit westlicher Unterstützung rechnen können, dass sie in
Syrien jedes Verbrechen begehen und dennoch immer Schutz in Deutschland
bekommen können. Deutschland ist dadurch zum Fluchtziel der Kriminellen
geworden.
Ist es das, was Sie "schaffen"
wollten?
Kürzlich haben Sie sich besorgt über die Lage der
Menschen in Idlib geäußert. Hierzu muss man sagen, dass sich in Idlib die
schlimmsten Dschihadisten befinden, die bislang nicht bereit waren, die Waffen
niederzulegen. Darunter sind FSA-, Al-Nusra- und IS-Kämpfer, aber auch Kämpfer
und Dschihadisten aus Afghanistan, Tschetschenien und rund 3000 chinesische
Uiguren. Und gerade diese Terroristen haben am Samstag, dem 24. November 2018,
die nordwestlichen Viertel von Aleppo mit Chemiewaffen angegriffen. Dabei sind
nach jüngsten Angaben mindestens 107 Menschen verletzt worden. Im September
haben diese Gruppierungen außerdem die überwiegend von Christen bewohnte
Kleinstadt Mhardeh nicht weit von Idlib attackiert, wobei zwölf Menschen getötet wurden.
Und statt uns zu helfen, diese Gruppen zu entwaffnen, schicken Sie ihnen 50 Millionen Euro deutsche
Steuergelder, um sie zu unterstützen, weitere Gräueltaten zu begehen.
Mehr
lesen:Syrien: Al-Kaida übt vollständige Kontrolle über Idlib aus - Dank
westlicher Beihilfe
Vermutlich hat die Bundesregierung vorher auch nicht
davon gehört, dass diese "Rebellen" christliche Kirchen in Aleppo und
Homs zerstört und geschändet haben, dass sie im Jahr 2013 Dörfer von
Minderheiten in der Provinz Latakia und die Arbeiterstadt Adra angegriffen und erobert, die Männer
enthauptet und die Frauen versklavt haben. Bereits im Jahr 2013 wurden zwei
Priester aus Aleppo ebenfalls von den "Rebellen" entführt, und bis
heute weiß man nichts über ihren Verbleib.
Es ist mehr als deutlich geworden, dass die deutsche
Regierung an der Seite der islamistischen "Rebellen" in Syrien steht.
Dies erkennt man beispielsweise an der medialen Berichterstattung. Aus Ramstein
wurden auch Waffen an die "Rebellen" geliefert. Bei diesen sogenannten Rebellen handelt es sich nicht um Kämpfer für
Freiheit oder Demokratie, sondern um Islamisten, die die Scharia propagieren
und die keine abweichende Meinung oder Lebensweise dulden, sondern hart
bestrafen. Es handelt sich um Täter, die sich als Opfer präsentieren und ebenso
von westlicher Seite dargestellt werden.
Mehr zum Thema - Mo(r)derat? Rebell aus Freier Syrischer Armee begeht Ehrenmord an Schwester
vor laufender Kamera
Die Unterstützung dieser "Rebellengruppen"
wird oft mit angeblich erfolgten oder drohenden Angriffen auf die
Zivilbevölkerung begründet. Als Beweis werden Videoaufnahmen und Fotos
herangezogen. Doch viele Fälle in der Vergangenheit, wie auch die Vorfälle von
Chemnitz haben gezeigt, dass man solches Material sehr genau überprüfen und
hinterfragen muss. In Syrien handelt es sich fast immer um dieselbe Quelle,
nämlich die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR).
Dabei handelt es sich um einen einzigen Mann, einen
Exilsyrer, der seit 2010 in London lebt, der mit der Muslimbruderschaft
sympathisiert und der das Bildmaterial an die Medien verteilt. Dadurch wurde
die Gesellschaft in Syrien gezielt gespaltet. Menschen wurden sektiererisch
gegeneinander gehetzt und ausgespielt. Wäre es nicht sinnvoll, diese
"Beweise" kritisch unter die Lupe zu nehmen, bevor man eine
weitreichende Entscheidung trifft, eine internationale Koalition einzugehen und
sich in einen völkerrechtswidrigen Krieg verstrickt?
Auch bei den angeblichen Massenvernichtungswaffen im
Irak, die laut Colin Powell und Tony Blair "ganz sicher" existierten,
hätte man aus der Geschichte eine Lehre ziehen können.
Es ist Zeit, zuzugeben, dass die Bundesregierung die
falsche Politik in Syrien betrieben hat und für die falsche Seite Partei
ergriffen hat. Den Grund dafür sehen Sie darin, und das ist wirklich traurig,
dass die Bundesregierung verpflichtet ist, amerikanische Interessen zu
vertreten und zu verteidigen. Dass für Deutschland nur eine bestimmte Rolle
vorgesehen ist, dass Deutschland keine eigenständige und selbstbewusste
Außenpolitik hat, das nenne ich die Mutter aller Probleme.
Sehr geehrte Frau Merkel, ich weiß, dass ich hier nur
ein Syrer mit Asylaufenthalt bin. Meine Existenz hier in Deutschland ist ein
Kollateralschaden eines unsinnigen Krieges, meine Stimme ist alles, was ich nun
habe.
Und ich weiß nicht, ob meine Zeilen Sie jemals
erreichen werden. Aber wenn Sie wirklich um das Wohl der Syrer im In- und
Ausland besorgt sind, dann heben Sie bitte die Sanktionen gegen Syrien auf.
Stellen Sie die Weichen, um eine Freundschaft zwischen dem Westen und dem Nahen
Osten zu etablieren. Beenden Sie die Flitterwochen mit den Radikalen, mit den
Terroristen aber auch mit dem sogenannten politischen Islam, sowohl innerhalb
als auch außerhalb Deutschlands. Das sind die falschen Ansprechpartner, und das
ist völlig offensichtlich. Stoppen Sie die Lieferung von Waffen in
Kriegsgebiete und schicken sie den Menschen im Nahen Osten und der Welt Liebe,
Bildung und Kultur aus dem Herzen Europas und nicht Konflikte und Kriegsgerät.
Frau Merkel, die Welt hat sich geändert, das
Machtgefüge hat sich verschoben. Nehmen Sie bitte diese Änderung wahr und
sorgen Sie dafür, dass Deutschland sich für die Zukunft richtig positioniert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Majd Abboud, Saarbrücken