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Bischof Tutus Brief vom 17.6.15 an Christen
in den USA
Liebe
Schwestern und Brüder in der United Church of Christ (USA)
Ich grüße Euch
im Namen Jesu Christi, durch den wir die Arbeit und das Zeugnis vonGottes Liebe
und Gottes Gerechtigkeit teilen.
Ich schreibe, um
einen Aufruf für die Vereinigte Kirche Christi zu unterstützen:
Aktionen für
einen gerechten Frieden im israelisch-palästinensischen Konflikt zu unternehmen
Resolution 4, die zur Abstimmung bei Eurer 30. Generalsynode Endedieses Monats
in Cleveland, Ohio aufgenommen werden soll.
Wir sind sehr
traurig über Israels Jahrzehnte lange Unterdrückung Palästinas und der
Palästinenser: die illegale Besatzung, die sich ausdehnenden Siedlungen in der Westbank;
die Apartheid-Mauer; der belagerte Gazastreifen; die Manipulation der Wasserrechte;
das Netzwerk der Kontrollpunkte und die Siedler-Umgehungsstraße;
die Verhaftung
von Menschen ohne Anschuldigung; die Reisebeschränkungen, die Identitätskarten
und die Unterbrechung jedes Aspektes des täglichen Lebens für Palästinenser.
Wir verurteilen
die Brutalität von Israels Politik. Aber wir verurteilen nicht das Judentum
oder die Juden.
Als Südafrikaner
erkennen wir den institutionellen Rassismus, wenn wir ihn sehen. Wir haben die
Erfahrung der zerstörenden Auswirkungen der Apartheid gemacht und sind Zeugen
der heilenden Kraft und Freude der Versöhnung. Es ist skrupellos, angesichts
der Ungerechtigkeit zu schweigen oder neutral zu bleiben. Neutralität hält den
augenblicklichen Zustand aufrecht und verschlimmert die Ungerechtigkeit.
Die Tiefe meines
Engagements für Gerechtigkeit im Heiligen Land hat mich Freunde gekostet und
rief vehemente Kritik hervor. Es ist der Preis der Anhängerschaft, der von uns
fordert, das Böse beim Namen zu nennen und klar dagegen zu sein. Auch wenn man
mich antisemitisch nennt, werde ich nicht aufhören, mich für Gerechtigkeit
einzusetzen.
Wir wollen nicht
die Architekten von Israels Besatzung von Palästina dämonisieren, flehen aber
jene mit der politischen Macht an, ihre Politik und ihre Methoden zu ändern.
Ungerechtigkeit brutalisiert die Menschlichkeit des Unterdrückers genauso wie
die der Unterdrückten. Freiheit für die Palästinenser befreit auch die Israelis.
Wir sind Schwestern und Brüder einer Familie, der Menschheitsfamilie, Gottes Familie.
Wir sind für einander gemacht, für gegenseitige Abhängigkeit, für Liebe und Güte.
Wenn wir einander anerkennen für das, was wir wirklich sind, machen wir Unmögliches
möglich. Danke für die Anerkennung unsrer gemeinsamen Menschlichkeit, dass Ihr
für Gerechtigkeit Stellung bezieht. Eure Resolution stellt euch auf die Seite
der Gerechtigkeit und der Menschenrechte für alle.
Ich unterstütze
voll euren Vorschlag der Resolution, die kraftvollen gewaltfreien Mittel der
wirtschaftlichen Hebelwirkung zu benützen. Diese Mittel halfen uns für mein
eigenes Land, Südafrika, einen neuen Tag zu schaffen. Mit euch bewiesen wir,
dass wirtschaftlicher Druck die Mächtigsten an den Tisch zwingen. Ich bin dankbar,
dass eure Denomination damals bei uns stand und für die südafrikanische Divestment-Bewegung
stimmte und dass ihr nochmals den Standpunkt für Gerechtigkeit einnehmt.
Ich applaudiere
Eurer Entscheidung, Euch von der treuen Stimme der christlichen Gemeinde
Palästinas leiten zu lassen und Euch von der weit verbreiteten Studie
Kairos
Palästina – ein Moment der Wahrheit (2009) zu ermutigen. Es war genau solch ein Dokument, das 1985 der Welt
erlaubte, unsere Stimme zu hören und von der Mächtigkeit unserer Unterdrückung
in Südafrika zu erfahren. Mögen wir alle den Aufruf von Kairos Palästina hören
und zwar als Volk des Glaubens uns im Widerstand mit Liebe as its logic ??? engagieren.
Ich bestätige
die Verurteilung aller Gewalt in Eurer Resolution und euer kompromissloses
Engagement auf dem Weg der Gewaltlosigkeit und des interreligiösen Dialogs. Und
ich lobe den Aufruf der Resolution zur Verantwortung eurer eigenen Regierung
der US für die jährlichen 3,1 Milliarden Dollar an militärischer Hilfe für
Israel. Als US-Bürger seid Ihr zuständig, die Wahrheit über die Macht eurer
eigenen Regierung auszusprechen. Als Christen habt ihr die Pflicht, euch auf
die Seite der Unterdrückten zu stellen und auf diese Weise auch den
Unterdrücker zu befreien. Ich unterstütze eure Resolution und bete inbrünstig
für den Tag, an dem sich Palästinenser und Israelis versöhnen und in Würde,
Sicherheit und Frieden mit gleichen Rechten für alle zusammen leben werden.
Wenn dieser Tag kommt, wird unser gemeinsames Halleluja rund um die Welt
klingen.
Gott segne Euch.
Erzbischof em. Desmond Tutu
Kapstadt, Südafrika