Snowden zu Assagne :
"Kriegserklärung an den Journalismus"
von Florian Rötzer am
24.5.2019
Das US-Justizministerium beschuldigt Assange
zusätzlich mit 17 Straftaten mit jeweils einer Höchststrafe von 10 Jahren
Gefängnis. Es soll ein Exempel statuiert werden
Es war zu erwarten, dass das US-Justizministerium
Julian Assange nicht nur wegen Verschwörung zum Einbruch in die Computersysteme
anklagen würde, wie bislang bekannt geworden ist. Darauf stünde eine
Höchststrafe von 5 Jahren Gefängnis. Zu vermuten war, dass man es
Großbritannien oder Schweden erleichtern wollte, Assange auszuliefern. Verwunderlich
ist, dass nun schon vor der Auslieferung 17 weitere Anklagen nachgeschoben
werden. Assange, so wird gesagt, sei beteiligt an einer der größten Verletzung
von Geheimdokumenten in der amerikanischen Geschichte.
Eine Grand Jury hat gestern Assange angeklagt, 18 unterschiedliche
Straftaten begangen zu haben, 17 der Straftaten sind neu, meist mit dem
Spionagegesetz aus dem Ersten Weltkrieg verbunden. Jede der neuen Straftaten
kann mit 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Assange habe als Komplize mit
Chelsea Manning kooperiert, um als geheim eingestufte Dokumente gesetzeswidrig
zu erhalten und zum Schaden der USA oder zum Vorteil einer ausländischen Macht
zu veröffentlichen. Assange habe in Echtzeit mit Manning bei der Übermittlung
der Daten kommuniziert und Manning bestärkt, in das Pentagon-Netzwerke zu
hacken.
Als Vorwurf wird Assange gemacht, dass mit den
Dokumenten auch die Namen von Quellen veröffentlicht wurden, die Informationen
an die US-Streitkräfte gegeben haben, was die nationale Sicherheit der USA und
die Informanten gefährdet habe. Beteuert wird, dass Assange als unschuldig
gilt, solange seine Schuld nicht bewiesen wurde. Die rhetorische Formulierung
müsste sich dann eigentlich auch auf die Auslieferung auswirken. Kann man
Unschuldige ausliefern? Müssten die USA also die Beweise nicht vorlegen?
Vermutlich soll diese Chelsea Manning liefern, die als Zeugin in Beugehaft
genommen wurde (Chelsea Manning erneut in Beugehaft, um Aussage gegen
Assange zu erzwingen). Über die Beugehaft hinaus muss sie nach dem Richter
ab dem 30. Tag, an dem sie nicht aussagt, pro Tag 500 US-Dollar zusätzlich an
Strafe zahlen. Nach 60 Tagen wird die Strafe auf 1000 US-Dollar pro Tag erhöht.
Wenn Assange verurteilt würde, müsse er nach dem
US-Justizministerium pro Anklage mit einer Höchststrafe von 10 Jahren Gefängnis
rechnen, nur für die erste Anklage der Verschwörung zum Eindringen in ein
Computersystem wäre die Höchststrafe 5 Jahre. Das würde bedeuten, dass Assange
zwar nicht zum Tode verurteilt, aber bis zum Tod in einem amerikanischen
Gefängnis festgehalten würde. Mitgeteilt wird, dass Urteile normalerweise auf
weniger als die Höchststrafe hinauslaufen. Aber auch das würde nicht groß etwas
ändern.
Offensichtlich will die amerikanische Justiz mit
Assange, nachdem Snowden weiterhin im russischen Exil in Sicherheit ist, ein
Exempel statuieren. Das wurde bereits mit Manning vorgeführt, immerhin hat
Barack Obama sie am Ende seiner Amtszeit noch begnadigt. Das nützt ihr aber
derzeit wenig in der Beugehaft. Manning versichert, in dem Geheimprozess nichts
auszusagen. Die Frage wird sein, wie lange sie das durchhalten wird. Auffällig
ist, dass alle mit den USA alliierten Staaten in dem Fall zu Vasallenstaaten
werden und weder Snowden noch Assange Asyl anbieten. Man wird auch davon
ausgehen müssen, dass Großbritannien oder Schweden Assange ausliefern werden.
In anderen Fällen werden Medien nicht verfolgt, wenn
sie Informationen, die über strafbare Handlungen erreicht wurden,
veröffentlichen. Man denke an die Panama Papers oder das Strache-Video.
Zumindest sollten sich alle Medien, die reichlich von WikiLeaks profitiert
hatten, bei aller Kritik für Assange einsetzen.
Immerhin schreibt Daily Beast, dass mit
den Anklagen erstmals in den USA erstmals ein Medium, ein
"publisher", der Spionage angeklagt wird. Das wird als Eskalation des
Kampfs gegen die Presse des Weißen Hauses bezeichnet. Das Justizministerium
erklärt: "Assange ist kein Journalist." Kritiker sehen in der Anklage einen
Angriff auf die Pressefreiheit. Edward Snowden sieht in ihr eine "Kriegserklärung an den Journalismus
selbst". Es gehe nicht mehr um Assange, sondern um die Zukunft der Medien.
https://www.heise.de/tp/features/Snowden-Kriegserklaerung-an-den-Journalismus-4430989.html