Russland und seine angebliche Einmischung in die
US-Wahlen
Wie ernst war Russlands „Erforschung“ des US-Wahlsystems?
Aus Washington‘s Blog am 14. Juni 2017, übersetzt von
Einar Schlereth
Der NSA Auftragnehmer Reality Winner hat angeblich Dokumente
rausgeschmuggelt, die zeigen, dass Russland das US-Wahlsystem Tage vor den
Präsidentenwahlen 2016 erforschte.
Wie groß ist so eine Krise?
Foto: Bill Binney (Wikipedia)
Washington‘s blog fragte Bill Binney, den NSA-Manager, der das
Massen-Überwachungsprogramm für digitale Informationen der Behörde schuf, der
als wichtiger technischer Direktor in der Behörde diente, der sechs tausend
Angestellte unter sich hatte, der 36 jährige NSA Veteran, der weithin in der
Behörde als „Legende“ angesehen wird und als bester Analytiker und Kode-Knacker
aller Zeiten in der NSA gilt, der die sowjetische Kommando- und
Kontrollstruktur herausfand, die völlig unbekannt war, und daher sowjetische
Invasionen vorhersagte, bevor sie eintraten („er hat in den 70-er Jahren das
sowjetische Kommando-System entziffert, das der USA und ihren Alliierten eine
zeitgleiche Überwachung aller sowjetischen Truppen- und Atomwaffen-Bewegungen
lieferte“)
Binney sagte uns:
„Wenn ihr über diesen Artikel [die Story von dem Intercept] nachdenkt und
annehmt, dass er wahr ist, dann ist das Hacken ein bisschen spät, wenn sie
wirklich die Wahlen beeinflussen wollten.
Für mich klingt das eher, nach Informationen zu fischen, um so viel wie möglich
über die demokratische Partei herauszufinden so wie die Chinesen die Dokumente
des OPM hackten [das US-Büro für persönliches Management]. Die Chinesen hatten
mehr Nutzen für die Daten, die sie fanden als die Russen, weil Hillary nicht
gewonnen hat.
Der ehemalige
„Der Intercept-Artikel zitiert einen ungenannten Geheimdienstmann, der „warnte,
zu große Folgerungen aus dem Dokument zu ziehen, weil eine einzige Analyse
nicht notwendigerweise definitiv ist. Das würde ich hinzufügen, wenn alles
stimmt, was da steht.
Und ich würde ein paar zusätzliche Beobachtungen über das, was
der Bericht und der Intercept-Artikel andeuten. Zuallererst würde ich die
Fragen des Umfangs und des Timing in Frage stellen.
Es gibt keinen Beweis, dass die Russen oder wer immer, die Untersuchungen
vorgenommen hat, in der Lage waren, den aktuellen Wahlprozess oder die
Auflistung der Stimmen beeinflussen konnten. Tatsächlich weist der
NSA-Report jede solche Möglichkeit weit von sich.
Zweitens: eine Wahl zu verfälschen in einem so großen
Land wie der USA mit einem Wahlsystem, das weitgehend dezentralisiert ist,
würde viel mehr Untersuchungen erfordern als nur die von 122 lokalen Beamten
mit einwöchigem Beginn vor der Wahl. Es gab also eindeutig
keine Absicht, die Wahl zu stören oder sie in eine bestimmte Richtung zu kippen
auf Basis der Beweise in dem NSA Report.
Ich würde auch anmerken, dass in dem Report kein Beweis geliefert wird, dass
der GRU, der Russische Militärische Geheimdienst, die Nachforschungen anstellte.
Würde ein supermoderner Geheimdienst sich so durchsichtig verhalten in einer
Operation, die zweifellos als sehr empfindlich angesehen würde? Ich denke
nicht. Man hätte Ausschnitte benutzt, um jeden, der nach der Hand hinter den
Hackereien suchte, in die Irre zu führen.
Dies alles will nicht sagen, dass die russische Regierung es nicht getan hat
oder es zu tun befohlen hat, aber es scheint mir, dass die dort gelieferten
Enthüllungen nicht weit über wahllose Nachforschungen hinausgehen, die fester
Bestandteil ausländischer Spionage-Operationen sind, die von jedem Geheimdienst
gemacht werden. Hat sich irgendjemand in Moskau gedacht, es wäre nützlich,
eine Idee zu haben, wie man in die US-Wahl-Technologie eindringen kann, dass so
eine Art Info sich später mal als nützlich erweisen könnte? Durchaus möglich.
Es sollte aber angemerkt werden, dass die US NSA illegal riesige Mengen
Informationen über gewöhnliche Amerikaner einsammelt, aber das bedeutet nicht
notwendigerweise, sie in böser Absicht zu benutzen. Es ist eine wünschenswerte
Fähigkeit und Geheimdienste arbeiten immer daran, ihren Bereich auszudehnen.
Hat der russische Geheimdienst also die US-Wahlsysteme erforscht?
Wahrscheinlich ja und das sollte jedem Amerikaner Sorge machen, da es eine
Anfälligkeit der Elektronik bedeutet. Aber hat Russland wirklich in die Wahlen
eingegriffen oder die Untersuchungen genutzt, um einen bestimmten Kandidaten zu
wählen? Die Antwort ist eindeutig nein. Der Artikel und das Dokument, auf
dem er basiert, könnte als Weckruf dienen für jene, die blind der Sicherheit
unserer Technologie vertrauen. Aber auf politischer Ebene stehen wieder auf dem
Ausgangspunkt, mit hysterischen Behauptungen als Teil des Medien- und
Polit-Sturmes, den wir jetzt als Russiagate bezeichnen.
(Und selbst die US- Heimat-Sicherheit
hat offensichtlich die US-Wahlsysteme erforscht ohne Erlaubnis 2016.)
In der Tat hört es sich ein bisschen heuchlerisch an, wenn US-Politiker über
russische Einmischung in unsere Wahlen lästern, wenn:
Die Washington Post sagt, dass die USA
72 Mal versuchten, während des Kalten Krieges die Regierungen anderer Länder zu
verändern.
Die Los Angeles Times schreibt, dass die USA 81 Mal sich in die Wahlen anderer
Länder einmischten. Dies beinhaltet die jüngsten Wahlen.
Dazu gehört auch, dass die USA Russlands Wahlen für den Spitzenpolitiker schaukelten.
Wer im Glashaus sitzt, sollte möglichst vermeiden, mit Steinen zu werfen.
Quelle - källa - source
Eingestellt von Einar Schlereth