Russland –Deutschland
Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt 1939 Geheimprotokoll veröffentlicht
Europäisches Sicherheitssystem damals, wie heute notwendig zur
Kriegsvermeidung
Natalia Pawlowa 18.06.2019
„Bis zum Kriegsausbruch am 1. September 1939 hatte die
Sowjetunion verzweifelte Versuche unternommen, eine Koalition europäischer
Staaten zu bilden, um die Aggression des Dritten Reiches zu stoppen. Während
westliche Experten und Medien das für sie schändliche Jahr 1938 mit
Stillschweigen übergingen, richten sich nun in diesem Jahr alle westlichen
Informationswaffen gegen Russland. Der Nichtangriffspakt zwischen der UdSSR
und Deutschland, der im Westen auch als Molotow-Ribbentrop-Pakt bekannt ist,
soll die Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges der Sowjetunion
auferlegen.“ D.P.
Die Fotokopien des sowjetischen Originaltextes des
Nichtangriffspaktes zwischen Deutschland und der UdSSR sowie des geheimen
Zusatzprotokolls wurden in der neuen Publikation „Die Anti-Hitler-Koalition
1939. Geschichte eines Misserfolges“ erstmals veröffentlicht. Historiker
bewerten die Bedeutung des Ereignisses, das vor 80 Jahren passiert ist.
Bisher waren nur deutsche Versionen des Dokuments für
das breite Publikum verfügbar. Der Vertrag und das Protokoll wurden nämlich
viermal ohne Kopien auf Schreibmaschinen getippt, was die technischen
Abweichungen des Textes erklärt. Bei der Ausarbeitung und der Abstimmung des
Textes stand man unter starkem Zeitdruck.
Der Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der
UdSSR vom 23. August 1939 sei für Moskau ein erzwungener Schritt gewesen, den
die Führung des Landes erst dann unternommen habe, als klar geworden sei, dass
es keine Anti-Hitler-Koalition geben werde, meinten die Historiker während der
Vorstellung des neuen Buches in der Internationalen Nachrichtenagentur Rossija
Segodnja in Moskau.
„Die Sowjetunion war gezwungen, diesen Vertrag
abzuschließen. Der Westen stellte die UdSSR ständig vor vollendete Tatsachen:
Deutschland gründet die Wehrmacht – dies war ein grober Verstoß gegen die
Bedingungen des Versailler Vertrages (nach den Ergebnissen des Ersten
Weltkrieges); Deutschland besetzte die entmilitarisierte Rheinzone; es wurden
zahlreiche Verträge mit Hitler abgeschlossen. Im Januar 1934 schloss Polen
einen Nichtangriffspakt mit dem NS-Regime, was Hitler ermöglichte, die deutsche
Ostgrenze abzusichern: Er konnte nun den Aufbau der Streitkräfte in Schwung
bringen. Das ist eine wichtige Tatsache, die von Historikern immer noch wenig
angesprochen wird“, sagte Dmitri Surschik, Experte am Zentrum für
Kriegsgeschichte und Geopolitik.
Der Vertrag gewährte der Sowjetunion fast zwei Jahre
Ruhepause, um sich auf die Abwehr der unabwendbaren Aggression vorzubereiten,
die am 22. Juni 1941 begann, als die Wehrmacht die Grenze der UdSSR ohne
Kriegserklärung überschritt. Mehr noch: Ähnliche Verträge mit Hitlerdeutschland
hatten zuvor die heutigen „Hauptankläger“ der Sowjetunion unterzeichnet, und
zwar Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Lettland, Litauen und Estland.
Die „Probe“ des Scheiterns der Abkommen mit den
westeuropäischen Verbündeten hatte zu jenem Zeitpunkt bereits stattgefunden –
ein Jahr zuvor, als Großbritannien und Frankreich den deutschen
Nationalsozialisten 1938 eine Carte Blanche für die Teilung der
Tschechoslowakei erteilten. Dieses Abkommen ging in die Geschichte als Münchner
Abkommen ein.
„Vieles hing von den führenden Staaten – den Garanten
des Versailler Vertrages – ab. Großbritannien und Frankreich verfolgten dabei
bekanntlich eine Politik, die die deutsche Expansion vorantrieb. Wir wollen
einer ernsthaften und gründlichen Diskussion über den deutsch-sowjetischen Pakt
nicht ausweichen. Aber unsere Herangehensweise besteht darin, dass wir den
ganzen Prozess Schritt für Schritt analysieren und nicht erst am 23. August
anfangen, sondern viel früher“, betont der Chefredakteur der Veröffentlichung,
Oleg Nasarow.
Bis zum Kriegsausbruch am 1. September 1939 hatte die
Sowjetunion verzweifelte Versuche unternommen, eine Koalition europäischer
Staaten zu bilden, um die Aggression des Dritten Reiches zu stoppen. Während
westliche Experten und Medien das für sie schändliche Jahr 1938 mit
Stillschweigen übergingen, richten sich nun in diesem Jahr alle westlichen
Informationswaffen gegen Russland. Der Nichtangriffspakt zwischen der UdSSR und
Deutschland, der im Westen auch als Molotow-Ribbentrop-Pakt bekannt ist, soll
die Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges der Sowjetunion
auferlegen.
Historiker weisen darauf hin, dass sowohl sowjetische
als auch westliche Diplomaten die Welt vor einer Kriegsgefahr gewarnt haben.
Während die USA heute das System der Rüstungsverträge zerstören und Europa
militarisieren, entstehen unwillkürlich historische Parallelen. Die einzige
Möglichkeit, eine Katastrophe zu verhindern, bestand vor 80 Jahren in der
Schaffung eines kollektiven Sicherheitssystems in Europa. Die riesigen
Anstrengungen Moskaus blieben damals jedoch erfolglos.