Rechtsstaatlichkeit in den internationalen Beziehungen


 von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

 

Die Rede vom US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung am 24.9 entlarvt ihn beschämend als Chef eines gesetzlosen Schurkenstaates, der vor dem Weltparlament in extreme Unverantwortlichkeit, Missachtung der internationalen Normen und Respektlosigkeit gerät und sich nur noch durch Lügen, Verwirrspiele und Kriegsverbrechen auszeichnet. Der US-Präsident entstellt sich vor der ganzen Welt als ein Machthaber, der weiter mit Drohung und Gewalt regiert, als ob das Völkerrecht nicht existierte. Von einer solchen Regierung ist nichts Gutes zu erwarten. Wie viele Krisen und Kriege hat ein solcher zügelloser Staat verursacht? Gerade wegen des damit verbundenen Autoritätsverlustes der Vereinten Nationen ist es notwendig, dass die Völkerrecht brechenden Mitglieder, die Vereinigten Staaten von Amerika an erster Stelle und einige europäischen Staaten, ermahnt werden und ihr Völkerrechtsbruch verurteilt wird. Aus rechtlichen politischen Gründen muss erst die verbrecherische Aggression von Staaten, die sich an internationale vertragliche Verhaltensregeln nicht halten, verurteilt werden.

 

Aggressoren müssen ihre Verantwortung dafür tragen, und dann muss man die ungerechten Sanktionen gegen den Iran und Syrien aufheben. Erst danach bietet sich die Möglichkeit, über eine vernünftige solide Politik gegenüber dem Iran zu sprechen. Andernfalls was? Worüber soll man mit einem Aggressor sprechen? Alles ist gesagt und bekannt. Das Atomprogramm des Irans ist weit entwickelt und bietet die Möglichkeit, die Atombombe zu bauen. Diese potentielle Möglichkeit besteht bei jedem Staat, der über nukleare Entwicklung verfügt. Wichtig ist die Stellungnahme des Irans, das den Aufbau solcher perversen Waffen aus Überzeugung absolut ausschließt. Dass die USA nicht bereit sind, diese ernsthafte eindeutige Stellungnahme Teherans zu akzeptieren, ist ein Problem Washingtons. Völlig unrealistisch ist zu erwarten, dass der Iran auf sein zivil-nukleares Programm verzichten würde. Die Welt duldet keine weitere Fortsetzung der verlogenen westlichen Konstruktion eines Atomstreits gegen Teheran. Hubert Wetzel darf seine Sicht nicht verkehren: Es gibt keine iranische "Tricksereien", sondern von Anfang an hat es Tricksereien und Verwirrspiele aus dem Westen gegeben, die andauern und die Sache auf den Kopf stellen. Ein solches Vorgehen ist unhaltbar und schafft kein Vertrauen. Zu Niemanden.

 

Das Muster dieser US-gelenkten Tricksereien hat es schon einmal gegeben: Zur Beseitigung von Saddam Hussein im Irak musste die Lüge von Massenvernichtungswaffen erfunden werden. Umgehend nach dem Sturz des irakischen Regimes im März 2003 wurden Irans Nuklearanlagen als die nächste Bedrohung für die sogenannte "freie Welt" präsentiert. Die EU ließ sich damit vor den Karren der US-Sanktions- und Kriegspolitik spannen. Dafür setzten sich ihre medialen Agenturen ein, servil und bedenkenlos. Das Iran-Nuklearprogramm wird lediglich als Vorwand für ganz andere Ziele instrumentalisiert. Mohammed El-Baradei, ehemaliger Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, konstatierte in einem Interview im "Spiegel on-line" (19.4.2011): "... die Amerikaner und die Europäer haben uns wichtige Dokumente und Informationen vorenthalten. Sie waren an einem Kompromiss mit der Regierung in Teheran nicht interessiert, aber an einem Regimewechsel - durch jegliche notwendigen Mittel." Auch Christoph Bertram, ehemaliger Direktor der deutschen Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) klagte an: "Die USA und ihre europäischen Partner wollen nicht wirklich verhandeln, sie verlangen vielmehr eine Kapitulation des Irans in der Atomfrage." (Die Zeit, 21.2 2012)

 

Artikel 51 der UN-Charta rechtfertigt keine Vergeltungs- oder Bestrafungsaktionen. Das Völkerrecht hat als Funktion, die internationalen Beziehungen zwischen Staaten zu regeln und sie nach friedlichen Normen zu ordnen mit dem Ziel, das größte Attentat gegen den Menschen und das Menschenleben zu vermeiden: Krieg oder militärische Konfrontation unter Staaten. Der Zweck des internationalen Rechts besteht darin, die internationale Gemeinschaft, die Familie von Staaten, zu organisieren, damit ihre Mitglieder sich gemäß juristischen Normen verhalten. Es handelt sich darum, eine Lage internationalen gemeinsamen Lebens zu gestalten, die das sozio-ökonomische Phänomen des Krieges unmöglich macht oder zumindest den Krieg zu vermeiden sucht. Subjekt des internationalen Völkerrechts ist in letzter und erster Instanz der Mensch. Gerade deshalb und infolgedessen ist in der Charta der Vereinten Nationen das Gewaltverbot sinnvoll statuiert, nachdem zwei Weltkriege mehr als genug zeigten, wie unmenschlich kriminell das Gräuel von militärischer Gewalt und Aggression ist.

 

Die Charta der Vereinten Nationen und alle Dokumente des Völkerrechts geben der Welt einen gemeinsamen rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen sich alle Völkerrechtssubjekte bewegen sollten. Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage, ob damit die Rechtsbrechung zu Ende ist oder nicht. Gerade vor einem Rechtsbrecher muss sich der Rechtsvertreter behaupten. Souverän und rechtstreu muss der Vertreter von Recht jede natürliche Versuchung überwinden, sich in einen Rache-Engel zu verwandeln. Das internationale Recht hat die Politik zu regeln, d.h. die Politik muss sich dem Recht unterordnen. Das ist die Rechtsstaatlichkeit in den internationalen Beziehungen, für die einmal die alte FDP im Bundestag eintrat. Die Weltstaatengemeinschaft erlebt das ernsthafte unberechenbare Problem, das gerade die Supermacht USA darstellt, als sie sich über Recht und Gesetz stellen will mit ihrem einzigartigen Diktat zur Androhung und Krieg. Diesbezüglich erfolgte zu Recht eine Friedenspolitische Mitteilung aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein am 16.9.: "Obama hat Recht: Die Politik der US-Regierung ist wirklich einzigartig. Die USA sind der einzige Staat der Welt, der in 12 Jahren 8 andere Staaten überfallen und Millionen von Muslimen nur auf Grund von Lügen ermordet hat." Diese Realität ist wirklich erschreckend.

 

Als 2008 Obama zum neuen US-Präsidenten gewählt wurde, entstand die berechtigte Hoffnung, nun seien auch die Neokon-Kriege zu Ende. Jedoch rührte Netanjahu fortan die Kriegstrommel, während die Neokons in der Opposition ihre Aktivitäten mit aller Macht in das US-Repräsentantenhaus verlagerten. Sie machten Obama zum Gefangenen ihrer Kriegsstrategie. Obama hat sich bisher vom Regime-Change-Ziel der Neokons nicht distanziert. Dabei hätte er die historische Chance, sich aus der neokonservativen Iran-Zwangskonstruktion herauszulösen. Dazu hätte er nur die UN-Konferenz für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten als Plattform auch für die Lösung des Iran-Konflikts ernst nehmen müssen. Diese Konferenz böte beiden Seiten eine vernünftige Alternative, den Atomkonflikt von der Ebene des einseitig gegen Iran gerichteten, US-gesteuerten UN-Sicherheitsrats in einen völkerrechtlichen Rahmen mit Verhandlungen auf Augenhöhe und dem Ziel der Abrüstung aller Nuklearpotentiale zu verlagern, und sich dabei auch einen Gesichtsverlust zu ersparen. Dadurch könnte die gegenwärtige Droh- und Kriegseskalationspolitik sofort durchkreuzt werden.

 

Jedoch blockierte Obama unter israelischem Druck den für Mitte Dezember 2012 vorgesehenen Konferenzbeginn.

 

In diesem Zusammenhang ist der SZ-Leitartikel von Rudolph Chimelli "Falsche Feinde" (26.9.) erlhellend, was die Beziehungen Irans zu den USA betrifft. Folgendes daraus auszugsweise: "Es gibt keine Erbfeindschaft zwischen den USA und Iran.... Der Erbfeind waren für die Iraner immer die Briten....Wie sähen die Beziehungen zu den USA aus, wäre der einzige demokratisch legitimierte Regierungschef in der Geschichte des Landes, Mohammed Mossadegh, nicht 1953 durch einen von CIA und Briten inszenierten Staatsstreich gestürzt worden, weil er das Erdöl verstaatlichte? ... Mossadegh hätte Iran unter dessen Führung außenpolitisch dem Westen zugeneigt... aber auch höflich gegenüber dem mächtigen sowjetischen Nachbarn im Norden.... In die Gegenwart übersetzt, ist dies ziemlich genau das Land, das Rohani sich wünscht. … Der Putsch gegen Mossadegh und ein Vierteljahrhundert für die Schah-Diktatur sind die Wurzeln des großen Zerwürfnisses. Durch sie erhielt die Islamische Revolution von 1979 von Anfang an eine anti-amerikanische Stoßrichtung.... Drei US-Präsidenten strebten nicht nach einem Arrangement mit Teheran, sondern nach einem Regimewechsel."

 

Obama verneinte vor der UN-Vollversammlung (24.9.), ein Regimewechsel im Iran anzustreben. Aber das Wort eines Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist wirklich nichts mehr wert. Clinton, die beiden Bush und die derzeitige erbärmliche Gestalt im Weißen Haus haben gegen jede Vereinbarung verstoßen. Wie kann der neue Präsident des Irans, Hassan Rohani, eines Landes, das sich an das internationale Gesetz hält, konstruktive Gespräche mit der diktatorischen Führung eines Schurken-Staates führen? Mit welchem Vertrauen? Wer ist Obama wirklich? Ist ihm nach allem, nach allen seinen Handlungen und Untaten zu trauen? Er wirkt als ohnmächtiger Gefangener in einem Netz von handfesten Interessen einer übermächtigen Allianz aus Militär-Industrie-Komplex, den US-Ölkonzernen und dem Finanzsektor, die mit den Republikanern und einem Teil der Demokraten sowie der Israel-Lobby das Umfeld der US-Regierung weitestgehend bestimmen.

 

Zutreffend bemerkt Rudolph Chimelli: "Oberstes Ziel ist ..., Iran davor zu bewahren, durch eine militärische Intervention der Amerikaner in die katastrophale Lage der Nachbarn Irak und Afghanistan zu geraten." (SZ-Leitartikel "Amerika und Iran - Falsche Feinde" von Rudolph Chimelli am 26.9.)

 

Die Einigung der beiden Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow auf ihrem Treffen in Genf (12-14.9) hatte einen Militärschlag gegen Syrien verhindert.

 

Dazu erfahren wir von Karin Leukefeld in Damaskus, ("Erpressungsversuch", Junge Welt, 25.9.) weiter folgendes:

"Die prompte Einwilligung der syrischen Führung und die fristgerechte Vorlage aller Unterlagen bei der Organisation zur Kontrolle chemischer Waffen (OPCW) hätten weiter zur Entspannung beitragen können. Doch trotz des kooperativen Verhaltens von Damaskus hatten die USA, Großbritannien und Frankreich mit <ernsten Konsequenzen> gedroht, sollte Syrien die Zerstörung seiner <Chemiewaffen verzögern>. Der russische Außenminister Lawrow hat (deshalb) die amerikanischen Partner scharf kritisiert.... Die USA versuchen Lawrow zufolge, Russlands Zustimmung zu einer Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII der UN-Charta <zu erpressen>. Diese soll sowohl Sanktionen als auch einen Militärschlag gegen Syrien vorsehen.... Sollte Russland dem nicht zustimmen, würden die USA die Arbeit in der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und damit die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals blockieren. Das sei <eine absolute Abkehr> von dem, was er mit Kerry in Genf vereinbart habe, sagte Lawrow. Erst müsse es einen OPCW-Beschluss geben, der von einer UN-Sicherheitsratsresolution bekräftigt werden solle.... Syrien sei mit der Unterzeichnung der Konvention gegen Chemiewaffen <Partei dieses juristisch verbindlichen Dokuments> geworden, so Lawrow. Die Weltgemeinschaft müsse das Land nun helfen, die Verpflichtungen umzusetzen. Dafür sei die OPCW zuständig.

 

In einem Interview mit dem staatlichen chinesischen Sender CCTV in Damaskus warnte der syrische Präsident Baschar Al-Assad zudem davor, dass bewaffnete Gruppen mit Unterstützung ihrer ausländischen Sponsoren einen Angriff gegen die internationalen Chemiewaffeninspektoren ausführen könnten. Eine solche Attacke könnte <unter falscher Flagge> gestartet werden, so Assad. ...Die syrische Regierung hatte damals (im März) umgehend bei den Vereinten Nationen eine Untersuchung (der Angriffe mit Chemiewaffen) gefordert.