Peru
Die kommunistische
Partei in Peru stellt den Präsident des Landes
Sechs Wochen
nach den Wahlen steht der Sieger offiziell fest: Pedro Castillo, Kandidat der
marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre, hat mit hauchdünnem Vorsprung gewonnen.
Unter anderem
will er das Verfassungsgericht abschaffen.
Der Linkskandidat Pedro
Castillo hat die Präsidentenwahl in Peru gewonnen.
Der Bewerber
der marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre kam auf 50,12 Prozent der Stimmen, wie das
Wahlgericht des südamerikanischen Landes sechs Wochen nach der Stichwahl am
Montag mitteilte.
Die
Rechtspopulistin Keiko Fujimori erhielt in der extrem knappen zweiten Runde der
Wahlen demnach 49,87 Prozent – nur 44.263 Stimmen weniger.
In den
vergangenen Wochen hatte das Wahlgericht eine ganze Reihe von Beschwerden und
Einsprüchen vor allem des Fujimori-Lagers zu bearbeiten, weshalb sich die
Proklamation des Siegers rund eineinhalb Monate verzögerte.
Mit seinem Sieg
hat der Dorfschullehrer Castillo das politische Establishment düpiert.
Als absoluter
Außenseiter gewann er völlig überraschend die erste Wahlrunde im April und
setzte sich nun auch in der Stichwahl am 6. Juni gegen das politische
Schwergewicht Fujimori durch.
Linksruck droht in Lateinamerika
Er stammt aus
einer bäuerlichen Familie aus der Provinz Chota im
Norden des Landes und hatte 2017 einen Lehrer-Streik angeführt.
Im Wahlkampf
kündigte er an, einen sozialistischen Staat aufzubauen, die Medien stärker zu
kontrollieren und das Verfassungsgericht abzuschaffen.
Gesellschaftspolitisch
hingegen ist er konservativ, lehnt gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung ab.
Die
Herausforderungen für den neuen Präsidenten sind enorm:
Peru leidet
besonders stark unter der Corona-Pandemie.
Es gehört zu
den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsquote weltweit,
zudem brach die
Wirtschaft um 12,9 Prozent ein.
Im
Landesinneren sind außerdem noch immer Splittergruppen der Guerillaorganisation
Sendero Luminoso
(Leuchtender Pfad) aktiv.
Der
unterlegenen Kandidatin Fujimori droht unterdessen eine Anklage in einem
Korruptionsverfahren.
Der Tochter des
früheren Präsidenten Alberto Fujimori wird vorgeworfen, für ihre Wahlkämpfe
2011 und 2016 Geld von Unternehmen angenommen zu haben.
Sie bestreitet
die Anschuldigungen.
Castillos
Mitstreiter aus der gemeinsamen Partei Peru Libre (FreiesPeru), Guillermo Bermejo,
hat bereits die großen Linien des anstehenden Befreiungskampfes in Peru
skizziert:
„Wir sind Sozialisten und unser Weg zu einer
neuen Verfassung ist ein erster Schritt. Und wenn wir die Macht übernehmen,
dann werden wir sie nicht mehr abgeben. Bei allem Respekt vor Ihnen und Ihrem
demokratischen Schwachsinn, wir bevorzugen es, einen revolutionären Prozess in
Peru zu etablieren.“
Seine Worte
waren eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, doch ein Mitschnitt
brachte sie ans Licht.
Mit der Audio-Aufnahme
konfrontiert sagte Bermejo, seine Aussage sei aus dem
Zusammenhang gerissen und neu geschnitten worden.
Er habe damit
ausdrücken wollen, dass eine Partei eben auch längere Zeit an der Macht bleiben
könne, natürlich verfassungskonform.
Castillo verspricht,
die Demokratie zu respektieren
Castillo selbst indes stellt sich klar hinter die
Linksregierung in Venezuela !
Der neue Präsident will einen sozialistischen Staat
aufbauen, die Medien stärker kontrollieren und das Verfassungsgericht
abschaffen.
Ebenso plant er, die Zusammenarbeit mit ausländischen
Partnern im Bergbau neu zu regulieren und viel stärker staatlich zu steuern.
Als er sich in der Nacht zum Mittwoch zum Wahlsieger
erklärte und von einem Balkon im Zentrum von Lima zu seinen Anhängern sprach,
schlug Castillo jedoch andere Töne an.
Er versprach, die Demokratie und die Verfassung zu
respektieren.
Er garantierte auch eine Regierung, die für
finanzielle und wirtschaftliche Stabilität sorgen würde.
Das bisher eher liberale Wirtschaftsmodell des Landes
hingegen will er umkrempeln.
Den Bergbausektor samt Öl- und Gasförderung will er
verstaatlichen und das Rentensystem reformieren.
Die Privatwirtschaft solle zum Wohle der Mehrheit der
Peruaner arbeiten.
Das staatliche Budget für den Agrar- und den
Bildungssektor will er aufstocken. Große Pläne, kleiner
Rückhalt.
Doch damit nicht genug:
Pedro Castillo hat tiefgreifende Reformen im
politischen System angekündigt.
So will er das Verfassungsgericht "deaktivieren",
um es künftig direkt vom Volk statt vom Parlament wählen zu lassen.
Zudem hat er die Idee vorgetragen, von einer
Konstituante eine ganz neue Verfassung schreiben zu lassen.
Im Parlament, dem einzigen Legislativorgan der
Republik, stellt Castillos Partei zwar die größte Fraktion, hat aber auch nur
37 von 130 Sitzen, sprich: weniger als 30 Prozent.
Mehr als die
Hälfte der Sitze haben Abgeordnete aus wirtschaftsliberalen und konservativen
Parteien inne.
"Bevor er die Macht übernimmt, muss Castillo erst
einmal Übereinkünfte schließen", sagt der peruanische Politikanalyst
Gonzalo Banda.
"Wenn er eine Reformregierung bilden will, geht
das nicht gegen den Willen des Parlaments."
Quelle: https://www.reuters.com/article/us-peru-politics-idAFKBN2FR1W9
Präsident und Kabinettschef in der Kritik. Pläne für Misstrauensvotum.
Regierung arbeitet an Verstaatlichungen und progressiver Außenpolitik
Erst Ende Juli eingeschworen, heute schon mit kräftigem Gegenwind: das
Kabinett von Präsident Pedro Castillo
Quelle: @PedroCastilloTe
Lima. Rund zwei Wochen nach Übernahme der
Amtsgeschäfte gerät die Regierung des neuen Präsidenten von Peru, Pedro Castillo,
bereits stark unter Beschuss. Neben großem Widerstand gegen das Kabinett und
dessen Chef, Guido Bellido, hat nun auch die Justiz Korruptionverfahren gegen Mitglieder der regierenden Partei
Perú Libre ausgeweitet.
So leitete die für Geldwäsche
zuständige Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Regierungspartei
und 19 involvierte Personen ein, darunter Kabinettschef Bellido
und der Parteivorsitzende Vladimir Cerrón. Dessen
Bruder, Waldemar, gegen den ebenfalls ermittelt wird, nannte den Vorgang den Beginn einer "politischen Verfolgung". Der
zuständige Generalstaatsanwalt, Omar Tello, wies
diese Vorwürfe umgehend zurück. Die Ermittlungen gehören zum Fall "Dinámicos del Centro" und
wurden nun für die weitere Behandlung von Junín nach Lima überstellt.
Regierungschef Bellido wies indes erneut Vorwürfe und Ermittlungen gegen seine Person wegen
"Terrorismusapologie" wegen angeblicher positiver Bezugnahme auf die
frühere maoistische Guerillaorganisation "Leuchtender Pfad" deutlich
zurück. Dies sei weder von ihm noch von anderen Mitgliedern von Perú Libre so geäußert worden.
Durch diese Vorwürfe solle von der Opposition nur "Chaos und
Instabilität" erzeugt werden.
In den vergangenen zwei
Wochen hatte die Zusammensetzung des Kabinetts bereits viel Gegenwind für die
neue Regierung hervorgerufen. Insbesondere die Ernennung von Bellido zum Regierungschef bedeutet eine erste ernste
Belastungsprobe. Zwar haben ultrarechte Kräfte im Parlament keine
Zwei-Drittel-Mehrheit, um ein Misstrauensvotum gegen Bellido,
dessen Kabinett und damit gegen Präsident Castillo mit Sicherheit erfolgreich
durchzuführen. Dennoch soll es entsprechende Überlegungen bereits geben und um
fehlende notwendige Stimmen geworben werden.
Allerdings besteht die
verfassungsrechtliche Gefahr für die Opposition, dass Castillo sogar das
Parlament auflösen und entsprechende Neuwahlen einberufen könnte, sollte das
Parlament auch einem zweiten Kabinett das Misstrauen aussprechen.
Der Ombudsmann, Walter
Gutiérrez, empfahl dem Präsidenten, Änderungen innerhalb seines Kabinetts
vorzunehmen. Auch Sinesio López, Professor für
Politikwissenschaften an der San Marcos- und der Katholischen Universität in
Lima, sieht in der Personalie Bellido eine
"unnötige Gefahr" für Castillo. Gegenüber der argentinischen
Tageszeitung página12 empfahl er dessen Abberufung. Parteichef Cerrón,
gegen den bereits ein Urteil wegen Korruption besteht, könnte ebenfalls zu
einer größeren Belastung für die Regierung werden.
Angesichts dessen erinnerte Bellido daran, dass nur drei
der 19 Kabinettsmitglieder der Partei Perú Libre angehörten, er sich grundsätzlich aber eine
Umgestaltung des Kabinetts vorstellen könne.
Derweil forderte die Präsidentin des Kongresses von der Partei Acción Popular (Volksaktion),
María del Carmen Alva, Präsident Castillo dazu auf, einen Staatsrat
einzuberufen, damit eine "Nachricht der Stabilität" an die Bevölkerung
gesandt werde und die Opposition der Regierung weiterhin ihr Vertrauen
aussprechen könne.
Der Sprecher der Fraktion der
ultrarechten Partei Renovación Popular
(Volkserneuerung), Jorge Montoya, kündigte an, dass seine Fraktion sich "Minister für
Minister" im Kongress "vorknöpfen" werde.
Ungeachtet der Störfeuer
arbeitet die Regierung bereits an einigen zentralen Themen aus dem
Wahlprogramm. Bellido sagte am Wochenende gegenüber der Agentur Reuters,
man befinde sich in der
Planung für die staatliche Teilhabe an einigen Schlüsselindustrien der
Wirtschaft wie Erdgas und Wasserkraft.
Man wolle zudem neue
staatliche Unternehmen gründen und ein Komitee einrichten, dass sich um die
steigende Inflation und die Schwäche der peruanischen Währung
"Sol" kümmern soll. Wirtschaftsminister Pedro Francke soll diesem Komitee
vorstehen.
Auch Außenminister Héctor Béjar knüpfte
bereits an eine Ankündigung aus dem Wahlkampf und an seine progressive
Antrittsrede an:
Er unterstrich, dass Peru sich im Rahmen der
sogenannten Internationalen Kontaktgruppe für einen
Dialog in Venezuela zwischen Regierung und Opposition und einen "fairen,
freien und demokratischen Wahlprozess" einsetzen werde.
Damit gibt Peru die
inhaltliche Überschneidung mit der Lima-Gruppe wohl endgültig auf, die sich für
einen Sturz der venezolanischen Regierung ausspricht.
https://www.amerika21.de/2021/08/253370/peru-regierung-korruption-angriffe