Putin reist nicht zum BRICS-TREFFEN nach Afrika
Afrika kommt nach Russland
von Pjotr Akopow
Russlands Staatschef Wladimir Putin wird nicht zum
BRICS-Gipfel in Südafrika reisen, um den Gastgebern diplomatische
Schwierigkeiten zu ersparen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass
viele Staats- und Regierungschefs aus Afrika Ende Juli zum Russland-Afrika-Gipfel
in Sankt Petersburg anreisen werden.
Zwei Nachrichten dieser Tage zeigen deutlich, wie schwierig es ist, die neue
Weltordnung zu gestalten, und beide stehen im Zusammenhang mit internationalen
Gipfeltreffen. Der russische Präsident Wladimir Putin wird nächsten Monat nicht
persönlich am BRICS-Gipfel in Südafrika teilnehmen, sondern per Videokonferenz.
Und auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel ist es den Europäern nicht gelungen, die
Worte zur Verurteilung der "russischen Aggression gegen die Ukraine"
in die gemeinsame Resolution des Gipfels einzuführen.
Bewertet man diese Nachrichten im Format eines Duells zwischen Russland und dem
Westen, so scheint das Ergebnis 1:1 zu sein. Der Westen hat den russischen
Präsidenten mithilfe des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen ihn an einem Besuch in Südafrika gehindert.
Und die lateinamerikanischen Freunde Russlands haben Versuche der EU blockiert,
Moskau kollektiv unter Druck zu setzen. Eine solche Betrachtungsweise wäre
jedoch eine Vereinfachung einer viel komplexeren Realität.
Russland hat nicht nur den Westen herausgefordert, sondern das gesamte von ihm
geschaffene System der Globalisierung. Der IStGH (an
dessen Schaffung nicht alle Länder, auch nicht die führenden, beteiligt waren)
und das Format der Gipfeltreffen großer regionaler Zusammenschlüsse, wie im
Falle der Europäischen Union und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und
karibischen Staaten (CELAC), sind Teil dieser Globalisierung. Das Treffen
zwischen Lateinamerikanern und Europäern war das erste seit acht Jahren – und
es war für die EU-Länder sehr wichtig, zu zeigen, dass die Lateinamerikaner
ihre Position zum Ukraine-Konflikt unterstützen.
Lateinamerika ist auf westliche Investitionen
angewiesen, sodass es Brüssel möglich erschien, unverbindliche Worte zur
Verurteilung Russlands in eine gemeinsame Resolution aufzunehmen. Dies hätte
zwar nichts an der neutralen Position Lateinamerikas geändert – die meisten
Länder der Region unterhalten sowohl wirtschaftliche als auch politische
Beziehungen zu Russland –, aber es hätte dem Westen die Möglichkeit gegeben,
von einer internationalen Verurteilung unseres Landes zu sprechen.
Einige
lateinamerikanische Länder – Kuba, Venezuela und insbesondere Nicaragua – waren
jedoch strikt dagegen.
So blieb in der Resolution nur die Formulierung
"zutiefst besorgt über die andauernden Militäraktionen gegen die
Ukraine", während die Position der Mehrheit der Lateinamerikaner vom
derzeitigen Vorsitzenden der CELAC Ralph Gonsalves
zum Ausdruck gebracht wurde:
"Was in der Ukraine geschieht, kann man im Allgemeinen verstehen, wenn
man sich daran erinnert, dass einige große Länder immer kleinere Länder
angreifen, wie es in Lateinamerika geschehen ist."
"Und deshalb glauben wir, dass die gleichen Prinzipien für alle gelten
sollten."
Ja, das ist eine direkte Anspielung auf die USA mit ihrer Monroe-Doktrin und
Dutzenden von Interventionen südlich ihrer Grenzen. Da Europa zunehmend der
US-amerikanischen Politik unterworfen ist, darf es sich nicht wundern, wenn es
in erster Linie als Teil des Westens und nicht als unabhängige Kraft mit dem
Recht auf Moralhoheit wahrgenommen wird.
Auf demselben Gipfel forderten die
EU-Staaten am Rande des Gipfels die Lateinamerikaner auf, sich nicht übereilt
den BRICS anzuschließen. Dabei ging es vor allem um Argentinien und Venezuela. Das
Motiv ist klar: Es ist nicht ratsam, den prorussischen Block in einer Zeit der
Konfrontation zwischen Russland und dem Westen zu stärken. Aber sowohl Buenos
Aires als auch Caracas treffen ihre eigenen Entscheidungen über ihre Zukunft,
und ihr Wunsch, den BRICS beizutreten, kann nicht von äußeren Kräften
beeinflusst werden. Die Warteschlange für den Beitritt zu dieser Vereinigung
umfasst bereits mehrere Dutzend Länder, und die ersten Entscheidungen über eine
Erweiterung könnten bereits auf dem BRICS-Gipfel in Johannesburg im August
getroffen werden.
Wie am Mittwoch bekannt wurde, wird Wladimir Putin an dem Gipfel nur in einem
Online-Format teilnehmen, und die russische Delegation wird von Sergei Lawrow
geleitet. Der Präsident wird wegen des vom IStGH im
März ausgestellten Haftbefehls nicht nach Südafrika fliegen, um die Behörden
der Republik nicht in Verlegenheit zu bringen, die nicht in der Lage sind,
einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Südafrika erkennt den IStGH an, wollte den russischen Präsidenten aber natürlich
nicht verhaften.
Die südafrikanischen Behörden waren jedoch nicht in der Lage, die erforderliche
rechtliche Formulierung zu finden, um die Sicherheit von Putins Aufenthalt in
Südafrika zu gewährleisten – mehrere Faktoren trugen auf einmal dazu bei. Zum
Beispiel die Außenpolitik: Abgesehen von der Bedeutung der Beziehungen des
Landes zu den BRICS-Staaten spielen die Beziehungen zum Westen eine wichtige
Rolle, die im Falle der Ankunft des russischen Präsidenten alle möglichen
Konsequenzen nach sich ziehen könnten. Die Südafrikaner haben es nicht gewagt,
die Anerkennung des IStGH auszusetzen – und dabei
spielte auch der innenpolitische Faktor eine Rolle. Die südafrikanischen Eliten
(selbst innerhalb der Regierungspartei African National Congress)
sind heterogen und untereinander zerstritten. Der derzeitige Präsident Cyril
Ramaphosa hat nicht alle Hebel in der Hand, um die Situation unter Kontrolle zu
bringen. Außerdem wird der ehemalige Präsident des Landes Jacob Zuma, der eigentlich inhaftiert werden sollte, gerade im
Ausland medizinisch behandelt – und das nicht irgendwo, sondern in Russland.
In der Zwischenzeit wird erwartet, dass Präsident Ramaphosa nächste Woche Russland
besucht, obwohl er bereits vor Kurzem in unserem Land war. Doch während die
letzte Reise im Rahmen der Friedensmission der Afrikanischen Union stattfand,
wird der südafrikanische Staatschef nun zum zweiten Russland-Afrika-Gipfel
kommen. Mit anderen Worten: Die Beziehungen zwischen unseren Ländern werden
nicht darunter leiden, dass Putin diesmal nicht nach Johannesburg fliegt, aber
der BRICS-Gipfel wird dennoch ein weiterer Schritt auf dem Weg des Aufbaus
einer neuen, postwestlichen Welt sein. Dies wird ein schwieriger Weg sein. In
Angelegenheiten dieser Größenordnung geht es nicht anders. Die westlich geprägte
Welt nimmt seit einem halben Jahrtausend Gestalt an – ihre Demontage wird aber
viel schneller vonstattengehen.
https://freeassange.rtde.life/international/175757-putin-reist-nicht-nach-afrika-afrika-kommt-nach-russland/20.7.2023