Wie viele ausländische Militärs sind in Deutschland stationiert und was kostet
dies den Steuerzahler? – Bundesregierung legt Zahlen vor
von: Florian Warweg
Die Bundestagsabgeordnete und Obfrau im Auswärtigen Ausschuss, Sevim Dagdelen (DIE LINKE), hat die Bundesregierung gefragt,
welche Kosten der deutsche Steuerzahler seit 2021 für die in Deutschland
stationierten ausländischen Truppen und den Ausbau derer Militärbasen zu tragen
hatte.
Zudem bat sie um eine genaue Aufschlüsselung der Anzahl der derzeit in der
Bundesrepublik stationierten Soldaten. Die Antwort der Bundesregierung liegt
den NachDenkSeiten vor.
„In welcher Höhe entstanden seit
2021 Kosten für bzw. durch in Deutschland stationierte Truppen der
Vertragspartner des Vertrages über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in
der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954 (bitte entsprechend der
Jahre 2021 und 2022 getrennt für die Vertragspartnernationen unter Angabe der
Anzahl der stationierten Soldatinnen/Soldaten, Gesamtkosten,
Verteidigungsfolgekosten und Kosten zur Durchführung von Baumaßnahmen
aufführen)?“
So der Wortlaut der schriftlichen Frage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen an die Bundesregierung. Die Antwort erfolgte im
Namen der Bundesregierung durch den parlamentarischen Staatssekretär des
Bundesfinanzministeriums, Dr. Florian Toncar. Laut
der Darlegung der Bundesregierung sind derzeit (Stand Mitte Mai 2023) noch 38.361
US-amerikanische, 286 britische und 599 französische Soldaten in der
Bundesrepublik langfristig stationiert. In der den NachDenkSeiten
vorliegenden Kostenaufschlüsselung sind aber auch noch Ausgaben für
niederländische, belgische und kanadische Truppen in Deutschland aufgeführt.
Diesbezüglich erklärt die Bundesregierung allerdings, dass sie deren konkrete
Anzahl nicht nennen kann und begründet dies bezeichnender Weise wie folgt:
„Daten zu weiteren in Deutschland stationierten Gaststreitkräften
konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden.“
Man sollte eigentlich meinen, die Bundesregierung verfüge grundsätzlich
über eine genaue Auflistung aller in Deutschland stationierten
„Gaststreitkräfte“. Dies scheint aber, zumindest der Antwort der
Bundesregierung folgend, nicht der Fall zu sein.
Der Aufschlüsselung zufolge betrugen die Gesamtausgaben aus Steuermitteln
des Bundes für in Deutschland stationierte ausländische Soldaten
allein für 2022
genau 132.169.859,58 Euro.
Wenig überraschend ging ein Großteil davon, rund 110 Millionen Euro, in die Finanzierung von Bewirtschaftung und Ausbau
der US-Stützpunkte wie Ramstein, dem Dreh- und
Angelpunkt für die weltweiten völkerrechtswidrigen US-Drohnenkriege und derzeit
auch die zentrale logistische Basis für die militärische Unterstützung der
Ukraine.
Angesichts der geringen Mannstärke der noch in Deutschland stationierten
britischen Truppen fallen die in Relation gesehen enormen Steuermittel auf, die
für deren Unterhalt gezahlt werden. Obwohl die Briten mit nur 286 Soldaten
lediglich 0,75 Prozent der US-amerikanischen Truppenstärke aufbringen,
erhielten sie 2022 über 8 Millionen Euro allein für die Bewirtschaftung,
sogenannte „Verteidigungsfolgekosten“ (Einzelplan 08), das entspricht über 38
Prozent der US-Summe. Für das im Vergleich zu den Briten doppelt so starke
französische Kontingent in Deutschland (599 Soldaten) werden lediglich Kosten
in Höhe von 657.205 Euro angegeben. Großbritannien erhielt also 2022 vom
bundesdeutschen Steuerzahler umgerechnet rund 30.000 Euro pro Soldaten,
Frankreich 1.097 Euro, und die USA landen bei einem Schnitt von „nur“ 555 Euro
pro Kopf.
Ähnlich ausgeprägt ist auch das Missverhältnis in der Finanzierung von
Baumaßnahmen auf den Stützpunkten der in Deutschland verbliebenen Siegermächte
(„Gaststreitkräfte“ in der Sprachregelung der Bundesregierung). In der den NachDenkSeiten vorliegenden Auflistung heißt es dazu:
„Für die Durchführung von Baumaßnahmen der Gaststreitkräfte
(Einzelplan 25) für die Jahre 2021 und 2022 hat der Bund folgende Kosten
getragen:“
Dann folgt eine Auflistung, bei der man sich ebenso fragt, wie sich diese
Ausgaben in Millionenhöhe für Baumaßnahmen der britischen Streitkräfte
erklären, gerade auch, wenn man dies mit den Summen vergleicht, die für die
französische Seite aufgeführt werden. Erstaunlich erscheint in diesem
Zusammenhang auch, dass die Antwort vom Finanzministerium übermittelt wurde,
denn die Verantwortung für die Finanzierung von ausländischen militärischen
Liegenschaften in der Bundesrepublik liegt eigentlich nicht beim
Finanzministerium, sondern beim Auswärtigen Amt (AA) und dem Innenministerium.
So ist das AA zum Beispiel in der Bundespressekonferenz auch immer
Ansprechpartner gewesen bei Fragen zur Finanzierung des Neubaus des US-Militärkrankenhauses in Ramstein,
dem größten außerhalb der USA, bei dem Deutschland die kompletten
Planungskosten von 150 Millionen Euro trug.
Wohlgemerkt, dies alles für ein Krankenhaus auf deutschem Boden, in dem
ausschließlich US-Militärangehörige behandelt werden. Deutsche Patienten haben
dort keinen Zutritt. Der damalige Direktor des Amtes für Bundesbau, Christoph
Strohschneider, erklärte 2017 gegenüber
dem Deutschlandfunk:
„Die Planungskosten werden von der Bundesrepublik getragen, das sind
riesige Summen. Wir haben 150 Millionen (Euro) an Planungskosten, was hier
anfällt. Die Bundesrepublik trägt gemäß dem Grundabkommen zwischen USA und der
Bundesrepublik diese Kosten. Das ist viel, das ist politisch so gewollt.“
Die NachDenkSeiten befragten die Initiatorin der
Anfrage, Sevim Dagdelen, zu ihrer Bewertung der
Antwort der Bundesregierung. Dagdelen fordert unter
anderem einen Abzug der US-Truppen inklusive der in Deutschland gelagerten
US-Atomwaffen und verweist darauf, dass die genannten Millionenbeträge
sinnvoller in soziale Maßnahmen gegen Kinderarmut investiert werden sollten:
„Wer wie die Bundesregierung fast jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut
groß werden lässt, gleichzeitig aber die Stationierung von US-Truppen mit über
110 Millionen Euro subventioniert, setzt die falschen Prioritäten. Das Geld der
Steuerzahler sollte nicht länger für den Ausbau der US-Militärinfrastruktur
verpulvert werden, die wie in Ramstein für
völkerrechtswidrige Kriege und Drohnenmorde genutzt wird. Nach 78 Jahren ist es
an der Zeit, dass die US-Truppen nach Hause gehen und ihre in Deutschland
gelagerten Atomwaffen gleich mitnehmen.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=98682
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