Bundesregierung: "Keine
gesicherten Erkenntnisse zu Absturzursache von MH17"
8.09.2014 • 13:15 Uhr
Heimführung von Opfern des Flugs MH17
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Anfrage der LINKEN legt offen, dass die Bundesregierung über Informationen
zu Radaraufzeichnung, Funkverkehr sowie Radarsignalen von Flugabwehrsystemen im
Absturzgebiet von Flug MH17 verfügt. Grundlage sind Daten, die von NATO
Awacs-Flugzeugen und US-Spionagesatelliten erfasst wurden. Bundesregierung
stuft aber Teile der Information als „geheim“ ein. Gleichzeitig gesteht sie
ein, dass sich "keine gesicherten Erkenntnisse auf etwaige Einsätze von
Flugabwehrlenkflugkörpern“ ableiten lassen.
Awacs-Flugzeuge, erfassten nach Aussagen der Bundesregierung Radarsignale
eines Flugabwehrsystems sowie ein weiteres nicht zuzuordnendes Radarsignal. Das
Flugabwehrsystem wurde automatisch “als Surface to Air-Missile SA-3
klassifiziert“. Dies gilt als "ein in der gesamten Region
routinemäßig erfasstes Signal." SA-3 ist ein radargestütztes
Flugabwehrraketensystem, das bereits in den 1960er Jahren in der Sowjetunion im
Dienst gestellt wurde. Es kann Ziele in einer Höhe von bis zu 18.000 Metern
bekämpfen. Flug MH 17 soll zum Zeitpunkt des Absturzes, dessen Gründe immer
noch nicht geklärt sind, sich in einer Flughöhe von rund 10.000 Metern befunden
haben.
Auf die Frage der Linksfraktion, was die Bundesregierung über Aktivitäten
von Raketenstellungen am Tag des Absturzes weiß, gesteht diese ein, dass
sich "keine gesicherten Erkenntnisse auf etwaige Einsätze von
Flugabwehrlenkflugkörpern gegen das Luftfahrzeug (MH17) ableiten" ließen. Diese Aussage ist insoweit brisant, als dass die von der EU gegen
Russland verhängten Wirtschaftssanktionen vor allem auf dem Vorwurf beruhten,
dass Russland direkt für den Abschuss der Boeing verantwortlich sei.
Die Bundesregierung gesteht im Rahmen der
parlamentarischen Anfrage ebenso ein, dass die NATO
Awacs-Aufklärungsflugzeuge, die sich zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Abschusses
über Polen und Rumänien Überwachungseinsätze flogen, die Boeing 777 der
Malaysia Airlines per Radar erfasst hatten. Allerdings hätte sich der Kontakt
um 14.52 Uhr (MEZ) verloren - "mit Verlassen der MH17 aus dem
Aufklärungsbereich der Awacs-Luftfahrzeuge". Der Absturz des Passagierflugzeugs
erfolgte zirka 30 Minuten später.
Gefragt, welche Informationen US-Aufklärungssatelliten zum Absturz von MH17
geliefert hätten, antwortet die Bundesregierung, eine Beantwortung sei aus
geheimdienstlichen Gründen nicht möglich. Die
Stellungnahme werde in diesem Punkt als "geheim" eingestuft und bei
der Geheimschutzstelle des Bundestages hinterlegt, so die Bundesregierung. Die
Geheimschutzstelle ist zumindest für Bundestagsabgeordnete zugänglich.
Ausweichend antwortet die Bundesregierung auch auf die
Nachfrage, welche Funksprüche im Zusammenhang mit der Flugkatastrophe abgehört
worden seien. "Etwaige Auskünfte zum Inhalt möglicher Aufzeichnungen
können nur von der niederländischen Flugunfalluntersuchungsbehörde erteilt
werden", heißt es unter Verweis auf die Chicagoer Konvention. Diese
Vorschriften der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) schreibt
vor, dass die Veröffentlichung solcher Informationen in den Händen der
federführenden Flugunfalluntersuchungsbehörde liegt.
Im Fall von MH17 werden die Untersuchungen von der
niederländischen Flugunfallbehörde geleitet, die für morgen, den 9. September,
einen ersten Zwischenbericht zum Absturz der Boeing veröffentlichen will.
Für die Linksfraktion wird durch die Antwort der
Bundesregierung vor allem deutlich, dass diese zur Zeit die Ursache für den
MH17 Absturz nicht klar benennen kann. Dr. Alexander Neu, Obmann für DIE
LINKE im Verteidigungsausschuss: "Es findet somit eine
Schuldzuweisung auf der Grundlage wilder Spekulationen, von Wunschdenken und
vor allem aufgrund politischer Interessen gegenüber Russland statt."
Von allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien
liegen noch keine Stellungnahmen vor.