Libyen: Wer putscht denn da ?
Der
Führer der Militärrebellion in Libyen ist US-Amerikaner und arbeitet seit
mindestens 27
Jahren
für die CIA
von Knut Mellenthin am
21.5.2014
In Libyen versuchen Teile der Streitkräfte und
lokale Milizen seit Freitag, das Parlament und die Regierung zu stürzen. Was
sie an deren Stelle setzen wollen, haben die Putschisten bisher noch nicht
offen erklärt. Manche Äußerungen und Anzeichen deuten jedoch darauf hin, daß es
auf die Errichtung eines brutal repressiven Militärregimes nach dem Vorbild des
Nachbarlandes Ägypten hinauslaufen soll.
An der Spitze der Rebellion steht Khalifa Belqasim
Haftar, dessen Alter irgendwo zwischen 65 und 71 liegen soll. Es ist sein
zweiter Versuch innerhalb kurzer Zeit: Schon im Februar war er im Fernsehen
aufgetreten und hatte die Auflösung des Parlaments, in dem islamische
Fundamentalisten eine klare Mehrheit haben, verkündet. Mit Haftar verbündete
Milizen aus der Stadt Zeitan stellten damals den Abgeordneten ein Ultimatum,
die Macht abzugeben, ließen das Vorhaben dann aber fallen. Strafrechtliche
Konsequenzen für Haftar folgten aus diesem Abenteuer nicht. Offensichtlich
halten mächtige Beschützer ihre Hände über ihn.Man muss nicht lange raten, wer
das sein könnte: Spätestens 1987 kam der Libyer mit der CIA, dem
Auslandsgeheimdienst der USA, ins Geschäft. In ihrem Auftrag und mit ihrer
Unterstützung baute er seine »Libysche Nationalarmee« (LNA) auf, die das Regime
von Muammar Al-Ghaddafi stürzen sollte. Unter diesem Namen agieren Haftars
Truppen auch heute wieder.
Begonnen hatte es im Mai 1984 mit einem bewaffneten
Angriff in der Hauptstadt Tripolis auf eine Kaserne, in der sich eine Residenz
von Ghaddafi befand – vermutlich mit der Absicht, ihn zu töten. Zu dem
gescheiterten Versuch bekannte sich die »Nationale Front zur Rettung Libyens«
(NFSL), hinter der Monarchisten und andere Exilgruppen steckten. Die Aktion
machte auf den damaligen CIA-Chef William Casey so großen Eindruck, daß er die
NFSL in Obhut nehmen ließ.
Auftrieb gab es aber erst 1987, als Haftar im
Tschad zusammen mit Hunderten libyscher Soldaten, die unter seinem Kommando
standen, in Gefangenschaft geriet. Ghaddafi hatte die Interventionstruppe ins
Nachbarland geschickt, um einheimische Rebellen in ihrem Kampf gegen Hissène
Habré zu unterstützen, der 1982 durch einen von der CIA gelenkten Putsch an die
Macht gekommen war. Nach seiner Gefangennahme erklärte Haftar seinen Anschluß
an die NFSL und gründete als deren »bewaffneten Arm« die LNA, die im Tschad mit
Hilfe der CIA formiert und ausgebildet wurde. Ob Haftar mit den USA nicht auch
schon früher zusammengearbeitet und seine eigenen Leute ganz bewusst in die
Gefangenschaft geführt hatte, ist unklar.
Die kühnen Pläne der CIA, vom Tschad aus Ghaddafis
Sturz vorzubereiten, endeten aber unerwartet, als Habré 1990 gestürzt und durch
Idriss Déby ersetzt wurde, der sofort bemüht war, sich mit Libyen zu
arrangieren. Ghaddafis Forderung, die Angehörigen der LNA auszuliefern, kam der
neue Machthaber zwar nicht nach, ließ sie aber mit Hilfe der USA nach Zaire
ausfliegen. Da weder dessen Regierung noch die Kenias, wohin die Libyer später
weitertransportiert wurden, die ungebetenen Gäste lange beherbergen mochten,
erklärten sich schließlich die USA bereit, sie aufzunehmen. Haftar ließ sich im
Bundesstaat Virginia nieder, nur elf Kilometer von der CIA-Zentrale in Langley
entfernt. Er erhielt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und lebte mit
seiner Familie in wohlhabenden Verhältnissen, denen kein bekanntes reguläres
Einkommen gegenüberstand.
Am 14. März 2011, einen Monat nach Beginn des
Aufstandes gegen Ghaddafi, kehrte Haftar nach Libyen zurück. Wenige Tage später
behauptete er bereits öffentlich, er sei der Oberbefehlshaber aller
Rebellenstreitkräfte. Nach internen Streitereien wurde er schließlich auf Platz
drei der militärischen Hierarchie der Aufständischen gesetzt. Als die Nummer
eins, Abdul Fatah Junis, am 28. Juli 2011 unter bis heute ungeklärten Umständen
ermordet wurde, fiel ein starker Verdacht auf Haftar, der sich daraufhin für
mehr als zwei Jahre aus dem Rampenlicht zurückzog.