German foreign policy zu  Putschversuchen in Lateinamerika

Ministerium zur Begleitung der Expansion

23.02.2010

BONN/BERLIN

(Eigener Bericht) - Ein langjähriger Mitarbeiter der Friedrich-Naumann-Stiftung und Fürsprecher von Putschisten in Honduras ist zum Abteilungsleiter im Bundesentwicklungsministerium (BMZ) ernannt worden. Der Mann hatte zuvor als "Regionalbüroleiter Lateinamerika" den Aufbau der Naumann-Netzwerke in Honduras begleitet und im vergangenen Sommer das Putschistenregime gegen Proteste in Schutz genommen. Seine Ernennung zum Abteilungsleiter ist Teil der Umstrukturierung des BMZ, die der neue Minister Dirk Niebel (FDP) begonnen hat. Sie soll das Haus enger in die wirtschaftliche und militärische Expansion Deutschlands einbinden. Erst in der vergangenen Woche hatte die Ernennung eines Oberst der Bundeswehr zum Abteilungsleiter (unter anderem für Afghanistan) starken Unmut bei zivilen Hilfsorganisationen provoziert. Ein dritter neuer Abteilungsleiter gilt als Spezialist für die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen, die in wachsendem Maße ins Ausland zu expandieren suchen - auch mit Hilfe des Entwicklungsministeriums.

Nach recht unspektakulären Anfängen hat der neue Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel, mit der Neubesetzung zahlreicher Spitzenpositionen in seinem Ministerium erhebliches Aufsehen erregt. Weithin wird kritisiert, dass Niebel das Fachpersonal des Hauses nicht angemessen berücksichtigt und die Führungsposten vor allem mit FDP-Parteigängern besetzt habe. Neben dem Minister und den Staatssekretären gilt dies für sieben weitere Ministerialbeamte der höchsten Ebene. Niebel nahestehende Kreise verweisen darauf, dass sein Haus nach der Amtszeit des ersten Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Walter Scheel (FDP, 1961 bis 1966), ausschließlich von CSU-Politikern und Sozialdemokraten geführt worden sei und die FDP daher einen Nachholbedarf beanspruchen dürfe. Tatsächlich ist mit den Neubesetzungen nicht so sehr eine parteipolitische denn vielmehr eine inhaltliche Zuspitzung verbunden, die längst vorhandene Tendenzen deutlicher hervortreten lässt.

Eine gemeinsame Sprache

Dies gilt insbesondere für die Militarisierung der sogenannten Entwicklungspolitik, die von zivilen Hilfsorganisationen seit Jahren beklagt wird.[1] Niebel hatte kurz nach der Amtsübernahme erklärt, die Hilfsorganisationen zu engerer Zusammenarbeit mit der Bundeswehr veranlassen zu wollen. Jetzt hat er einen Oberst der Reserve zum BMZ-Abteilungsleiter unter anderem für Afghanistan ernannt. Friedel Eggelmeyer, von 1988 bis 1990 Kommandeur des Panzerbataillons 33, gründete einst den Freundeskreis des Bataillons, der bis heute eine Palme als sein Wahrzeichen führt - ähnlich dem Symbol des Afrika-Korps der NS-Wehrmacht. Eggelmeyer war während seiner aktiven Militärzeit mehrfach in Ministerien abgeordnet, unter anderem in die Planungsstäbe des Auswärtigen Amts und des Verteidigungsministeriums; er gilt als "gut vernetzt". Während der letzten zwölf Jahre war er Referent für "Sicherheitspolitik" der FDP-Bundestagsfraktion. Als Niebel, der acht Jahre lang Soldat war, 2008 Hauptmann der Reserve wurde, legte FDP-Berater Eggelmeyer ihm das neue Rangabzeichen an. Es sei "klug", wenn man eine "gemeinsame Sprache spricht", sagt Niebel zur Ernennung Eggelmeyers zum Abteilungsleiter für Afghanistan und die dortigen "zivil-militärischen" Aktivitäten.[2]

Subversiv

Ebenfalls zum Abteilungsleiter ernannt hat Niebel einen langjährigen Mitarbeiter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Harald Klein war zunächst "Regionalbüroleiter Lateinamerika", bevor er in die Potsdamer Stiftungszentrale wechselte - als Leiter der Inlandsstelle des Bereiches Internationale Politik. Die Stelle fungiert laut Eigenangabe als "Steuerungs-, Beratungs- und Dienstleistungsinstanz für die Regionalbüros und Regionalverbundprojekte im Ausland"; hier finden auch "die Zuwendungsgeber", darunter das BMZ, "Ansprechpartner".[3] Zur Tätigkeit der zahlreichen Auslandsbüros, die Klein bis vor kurzem zu steuern hatte, gehören auch Aktivitäten, die der politischen Subversion verdächtigt werden, etwa die Unterstützung tibetischer Exilorganisationen im indischen Dharamsala (german-foreign-policy.com berichtete [4]). Auch die Kooperation der Stiftung mit dem lateinamerikanischen Netzwerk RELIAL, zu dem Organisationen gehören, die Untergrundarbeit gegen die Regierung Boliviens leisten sollen [5], fiel in Kleins Ressort.

Putschisten

Die Organisation RELIAL, deren Tätigkeit immer wieder Proteste hervorrief [6], hat Klein als Leiter des "Regionalbüros Lateinamerika" der Stiftung mit aufgebaut; RELIAL war 2003 auf Initiative der Naumann-Stiftung gegründet worden. Begleitet hat Klein außerdem den Aufbau der Netzwerke, die die Stiftung in Honduras unterhält. "Eine beeindruckende Zahl von Ex-Alumni der Stiftung bekleiden nach den jüngsten Wahlen wichtige politische Ämter in Honduras", schrieb er Anfang 2006 in einem Bericht aus seinem "Regionalbüro".[7] Als im vergangenen Jahr Putschisten den demokratisch gewählten Präsidenten aus seinem Amt jagten, stiegen Kontaktpersonen der Naumann-Stiftung in einflussreiche Positionen auf; so wurde die einstige Zentralbankpräsidentin Gabriela Nuñez, die sich geweigert hatte, Geldtransfers aus Venezuela nach Honduras durchzuführen und deshalb vom weggeputschten Präsidenten Manuel Zelaya entlassen worden war, zur Finanzministerin ernannt.[8] Entsprechend beteiligte sich Klein an den Bemühungen seiner Stiftung, die Putschisten zu exkulpieren. So bescheinigte er dem Regime, das wegen brutaler staatlicher Gewalthandlungen scharfer internationaler Kritik ausgesetzt war, "ernsthafte Bemühungen, mögliche Menschenrechtsverletzungen zu ahnden".[9

Back to the roots

Zu den neuen Abteilungsleitern, die Minister Niebel mittlerweile eingesetzt hat, gehört schließlich Werner Bruns. Bruns ist FDP-Mitglied und verfügt über Erfahrungen bei der Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen; er leitete zuletzt die Mittelstandsabteilung im Wirtschaftsministerium des Bundeslandes Baden-Württemberg. Damit verfügt er über Kenntnisse und Fähigkeiten, denen Niebel für die Umgestaltung des Entwicklungsministeriums herausragende Bedeutung beimisst. Der Minister versteht sein Amt vor allem als Wirtschaftsressort (german-foreign-policy.com berichtete [10]), das mit diesem Auftrag ("Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit") 1961 gegründet worden sei. Den Namenszusatz "und Entwicklung" hat es erst 1993 erhalten. Niebel, einst Fallschirmjäger der deutschen Streitkräfte, war acht Jahre lang Soldat und ist heute Hauptmann der Reserve. In der Bundeswehr geht man davon aus, dass Konzepte militärischer Kampfführung stets einer zivilen Komponente bedürfen, um erfolgreich zu sein; in Afghanistan werden dazu Entwicklungsorganisationen genutzt.[11] Unter Niebels Amtsführung wird das BMZ noch stärker als zuvor zum Ministerium für die systematische Begleitung der wirtschaftlichen und militärischen deutschen Expansion.

[1] s. dazu Unterstützungsfunktion, Leerer Raum und Fünfte Kolonne
[2] CSU ermahnt Niebel wegen Personalpolitik; Welt Online 20.02.2010
[3] Internationale Politik in Deutschland; www.freiheit.org
[4] s. dazu
Schwächungsstrategien (I), Die Fackellauf-Kampagne und Operationen gegen China
[5] s. dazu
Balkanisierung in Südamerika und Neoliberale Netze
[6] s. dazu
Spalte und herrsche
[7] Ex-Alumni der Stiftung in politischen Spitzenpositionen; www.freiheit.org
[8] s. dazu
Ein Amtsenthebungsverfahren
[9] Christian Lüth, Harald Klein: Honduras: Baldige Wahlen sind nützlicher als ein Volksaufstand. Bericht aus aktuellem Anlass No. 60/09; www.freiheit.org. S. auch
Die Naumann-Fraktion, Die Naumann-Netze und Fünf Punkte für die Putschisten
[10] s. dazu
Armutsgeschäfte (I) und Armutsgeschäfte (II)
[11] s. dazu
Military-Scientific Community (III)