LAWROW BEZIEHUNGEN ZUR EU AUF TIEFSTAND
3. Januar 2023
Lawrow: "Unsere
Beziehungen zur EU sind derzeit auf einem historischen Tiefstand"
Russland habe nicht vor, neue gemeinsame Projekte mit der
Europäischen Union zu starten, sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow.
Die Beziehungen zwischen Moskau und Brüssel seien derzeit "auf einem
historischen Tiefstand".
Der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärte in einem am 3.1.2023
veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur TASS, dass Moskau
keine gemeinsamen Projekte mit Partnern aus der Europäischen Union in die Wege
leiten wolle. Die Beziehungen zwischen Russland und der EU seien derzeit auf
einem historischen Tiefstand. Die Gründe dafür, so Lawrow, seien allen bekannt.
"Nach Beginn der speziellen Militäroperation haben uns Brüssel, die USA
und die NATO im Grunde einen hybriden Krieg erklärt", erläuterte er. "Der
Chef der EU-Diplomatie, Josep Borrell, hat als einer der Ersten gesagt, dass
Russland auf dem Schlachtfeld besiegt werden muss." Der Hauptnutznießer in
dem Konflikt sind ihm zufolge die USA, die ein wichtiges geopolitisches Ziel
verfolgten: die traditionellen Beziehungen zwischen Russland und Europa zu
brechen.
"Natürlich wird mit solchen Geschäftspartnern kein 'business
as usual' stattfinden
können. Wir haben weder vor, an eine geschlossene Tür zu klopfen noch
gemeinsame Projekte in Gang zu bringen. Gott sei Dank sind wir nicht auf die EU
angewiesen, wir haben viele Freunde und Gleichgesinnte in anderen Teilen der
Welt."
Wenn es im Westen wieder vernünftige, national orientierte Politiker gebe,
"die die Vorteile einer gleichberechtigten und für beide Seiten vorteilhaften
Partnerschaft mit Russland verstehen", werde es auf russischer Seite keine
Hürden für freundschaftliche Beziehungen geben, so Lawrow.
Die US-amerikanisch-russischen Beziehungen seien ebenfalls in einem miserablen
Zustand. Eine gute Kommunikation mit der Biden-Administration, die es sich zum
Ziel gesetzt habe, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, sei
unmöglich, so Lawrow. Dabei unterstrich er, dass normale Beziehungen zwischen
Moskau und Washington wünschenswert seien, da Russland und die USA als zwei
Nuklearmächte eine besondere Verantwortung für das Schicksal der
Menschheit tragen. Aus Washington habe es jedoch keine nennenswerten Ideen für
vollwertige diplomatische Kontakte gegeben. "Wir haben auf verschiedenen
Ebenen, auch auf höchster Ebene, wiederholt betont, dass wir uns einem
konstruktiven Dialog nicht entziehen", erklärte er. Doch eventuelle
Treffen sollten mit konkreten Inhalten gefüllt sein.
Aus Sicht des 72-Jährigen unternehmen die USA alles, um den Konflikt zu
verschärfen. Dort werde zunehmend darüber nachgedacht, die Ukraine in die
NATO aufzunehmen. Erklärungen darüber, dass ein direkter Zusammenstoß zwischen
der NATO und Russland unannehmbar ist, seien heuchlerisch, so Lawrow, denn die
NATO-Mitgliedstaaten seien faktisch schon zu einer Konfliktpartei geworden.
"Die USA tun alles, um den Konflikt zu verlängern und ihn gewalttätiger zu
machen", sagte er. "Das Kiewer Regime wird absichtlich mit den
modernsten Waffen versorgt, darunter auch mit solchen, die von den westlichen
Armeen selbst noch nicht übernommen wurden, offenbar um zu sehen, wie sie unter
Kampfbedingungen funktionieren."
Die Ukraine versuche, die USA und andere NATO-Mitglieder noch tiefer in den
Konflikt in der Ukraine hineinzuziehen, und setze dabei auf einen Frontalzusammenstoß
mit Russland: "Man muss sich nur an die Provokation vom 15. November
erinnern, als eine ukrainische Luftabwehrrakete auf polnischem Gebiet
abgeschossen wurde, die Selenskij fälschlicherweise
als russisch ausgab."
Washington und Brüssel seien damals nicht auf diesen Trick hereingefallen.
"Aber der Vorfall hat gezeigt, dass das Regime vor nichts zurückschrecken
würde", unterstrich Lawrow.
Die Politik des Westens sei äußerst gefährlich und berge das Risiko eines
Abgleitens in einen direkten bewaffneten Zusammenstoß der Atommächte. Moskau
habe immer wieder betont, dass es in einem Atomkrieg keine Gewinner geben
könne. Der Westen spekuliere ständig, dass Russland kurz davor
stehe, Atomwaffen gegen die Ukraine einzusetzen,
kritisierte Lawrow, "aber in Wirklichkeit hat es keine solchen
Erklärungen gegeben". Russland fordere den Westen nach wie vor zu
größtmöglicher Zurückhaltung auf diesem "hochsensiblen" Gebiet auf.
Ein Ende des Konflikts sei möglich, hänge aber von Kiew und Washington ab. Als
Bedingungen nannte Lawrow die Forderungen nach "Entnazifizierung
und Entmilitarisierung" der von Kiew kontrollierten Gebiete sowie
Sicherheitsgarantien für Russland und seine neuen Gebiete.
Anfang des Jahres hatte Wladimir Putin mit den ständigen Mitgliedern des
Sicherheitsrats den Entwurf eines neuen Konzepts für die russische Außenpolitik
erörtert, mit dem der Ansatz für die Beziehungen zu den westlichen Ländern
angepasst werden soll.
“Der Westen hat sich
komplett als Verhandlungspartner diskreditiert“
Transkript des Videos vom 20. September 2022
Außenminister Sergei Lawrow:
Jede beliebige Region der Welt, in der die Amerikaner versucht haben, Ordnung
zu schaffen, hat die gleichen traurigen und tragischen Folgen erlebt.
Nehmen wir zum Beispiel Afghanistan. Nach 20 Jahren Herrschaft haben sie
Afghanistan fallen gelassen, sie sind davongelaufen und hinterließen das Land in
Trümmern, mit einer anhaltenden terroristischen Bedrohung, mit einer
Drogenbedrohung, die sich während des amerikanischen Aufenthalts dort um ein
Vielfaches verschärfte.
Jeder weiß, dass amerikanische Soldaten zusammen mit Drogenbaronen in den
Drogenschmuggel aus Afghanistan nach Europa verwickelt waren. Übrigens haben
die Amerikaner in diesen 20 Jahren nicht eine einzige Industrieanlage in
Afghanistan gebaut.
Wir sind in der Pflicht, alles zu tun, um ein unabhängiges System für das
Funktionieren unseres Staates zu schaffen. In erster Linie mit Blick auf
kritische Industrien, kritische Technologien.
Im Zuge unserer militärischen Spezialoperation in den letzten Monaten, und in
der Tat in der vergangenen Jahren, wo schon sehr ernste Sanktionen gegen Russland
verhängt wurden, haben wir verstanden, wo wir Lücken in unserer eigenen
Entwicklung haben, wo wir uns zu offen und naiv auf all die Aussagen verlassen
haben, die Anfang der 90er Jahre zu hören waren: Über die Notwendigkeit eines
gemeinsamen europäischen Hauses und einer gemeinsamen Arbeitsteilung, die sich
auf die besten Eigenschaften und Wettbewerbsvorteile jedes Landes stützen
würde, um Ressourcen zu sparen und die effizientesten und kostengünstigsten
Ergebnisse durch die Bündelung der Kräfte zu erzielen.
All dies sind leere Worte.
Das wahre Interesse des Westens besteht darin, seine koloniale, neokoloniale
Politik fortzusetzen. Der kollektive Westen hat sich als Partner bei
Verhandlungen vollständig diskreditiert, und vor allem auch hinsichtlich der
Umsetzung von zustande gekommen politischen und sogar rechtlichen
Vereinbarungen.
https://meinungsfreiheit.rtde.life/international/158269-lawrow-unsere-beziehungen-zur-eu/
27.12.2022