Kurden
Kurden (kurdisch کورد Kurd) bilden eine westasiatische Ethnie, deren Hauptsiedlungsgebiet als Kurdistan bezeichnet wird. Sie bilden eine
bedeutende autochthone ethnische Volksgruppe in der Türkei, im Irak, im Iran und in Syrien. Die kurdische Sprache gehört zu den indogermanischen
Sprachen, und zwar zum nordwestlichen Zweig der iranischen Sprachen.Die Größe des Volkes ist nicht genau bekannt, weil in den Staaten, in
denen die meisten Kurden leben, Daten über ihre ethnische Zugehörigkeit nicht
erhoben werden. Die meisten Schätzungen bewegen sich zwischen 25 und 30
Millionen Menschen.Seit den 2014 kulminierenden Spaltungstendenzen im Irak – aber auch dem langjährigen Bürgerkrieg in Syrien – verstärken sich die Bestrebungen zur Gründung eines eigenen Kurdenstaates. Dieser könnte aber nach derzeitiger politischer Lage neben der Autonomen Region
Kurdistan im Irak allenfalls die kurdischen Siedlungsgebiete im
Norden Syriens umfassen.Der Name Kurdistan stammt aus der verwandten persischen Sprache und bedeutet „Land der
Kurden“. Damit wurde eine Region des Persischen Reiches bezeichnet, die während
der Herrschaft der späteren Seldschuken eine eigene Provinz stellte. Im Osmanischen Reich des 19. Jahrhunderts
entstand bei einer Verwaltungsreform eine Provinz mit dem Namen Kurdistan,
die jedoch bald wieder aufgelöst wurde.
Geschichte
Im 7. Jahrhundert n. Chr. eroberten die Armeen des Kalifen Umar ibn al-Chattab die kurdischen Gebiete, so dass die Kurden zum Islam konvertierten.Einen großen Wendepunkt in der kurdischen Geschichte stellte
1514 die Schlacht bei Tschaldiran zwischen Osmanen und Safawiden dar, bei der
sich die mehrheitlich sunnitischen Kurden mit
den Osmanen verbündeten.Durch den Vertrag von Lausanne wurde Kurdistan durch die Alliierten und die Türkei bei der Auflösung
des osmanischen Reiches auf die vier Staaten Iran, Irak, Türkei und Syrien
aufgeteilt. Der größte Teil fiel an die Türkei. Auf diese Weise wurden mehr
als die Hälfte der Kurden Staatsbürger der neuen türkischen Republik.Nach der
Niederlage des Osmanischen Reiches gegen die Alliierten wurde den Kurden im Vertrag von
Sèvres eine autonome Region in Aussicht gestellt.Im türkischen
Unabhängigkeits- und Befreiungskrieg kämpften die
Kurden an der Seite der Türken gegen die Besatzungsmächte. Nach dem Sieg konnte
die Türkei am 24. Juli 1923 im Vertrag von Lausanne die Bestimmungen aus dem Vertrag von Sèvres revidieren. Auf der Grundlage des Lausanner Vertrages erkannte die am 29. Oktober
1923 von Mustafa Kemal Atatürk ausgerufene Republik Türkei die Kurden nicht als ethnische Minderheit
an. Eine Reihe von Aufständen seitens der Kurden wurden von der türkischen
Armee niedergeschlagen.In der Türkei war der Gebrauch der kurdischen Sprache bis vor einigen Jahren
verboten. So hieß es im dritten Abschnitt und Artikel 42 der
Verfassung von 1982, die größtenteils heute noch gültig ist: Außer Türkisch
kann keine andere Sprache als Erziehungs- und Bildungssprache den türkischen
Staatsbürgern als Muttersprache gelehrt werden. Kurdischsprachige Medien
waren bis 1991 verboten. Der Strafrahmen bei Verstößen gegen dieses
Gesetz betrug laut Art. 4 sechs Monate bis zwei Jahre Haft.Nach dem Beginn
des bewaffneten Kampfes der PKK 1984 gegen den Staat verschlechterte sich die
Situation der Kurden im Südosten der Türkei. Über ein Jahrzehnt galt in den
betroffenen Provinzen der Ausnahmezustand. Der Krieg dauerte bis
1999, als Abdullah Öcalan verhaftet wurde. Während der Konflikte kamen geschätzte 35.000 Menschen
ums Leben. Im Zuge der Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union wurden die Rechte der Minderheiten in der Türkei verbessert. 2013
setzte zwischen der PKK und der türkischen Regierung ein Friedensprozess ein. Aber
mit dem Ausweiten des sogenannten Islamischen Staates südlich der türkischen
Grenze veränderte sich die Situation.
Ende 2015 versuchte die EU die Türkei als Puffer für die
Migrationsbewegung nach Europa zu gewinnen. Die türkische Regierung sieht daher
freie Hand in ihrem Vorgehen gegen kurdische Separatistenbewegungen.
Iran
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es immer wieder
Aufstände. Bis zur islamischen Revolution 1979 herrschte Friedhofsruhe in den kurdischen Gebieten. Allerdings
überwarfen sich die Kurden mit Chomeini, der ihnen in der Verfassung keine
Autonomie zusicherte. Im August 1979 bombardierte die iranische Armee kurdische Städte und
Dörfer, wobei viele Zivilisten ums Leben kamen. Im Juli 2005 brach nach der
Tötung des Kurden Schuaneh Ghaderi in der Stadt Mahabad ein Aufstand gegen die iranische Regierung aus.
Dieser breitete sich auf etwa zehn kurdische Städte aus. Dabei kamen etwa 20
Menschen ums Leben. Die iranische Regierung bezeichnete die Aufständischen als Hooligans und verlegte 100.000 Soldaten in
die kurdischen Gebiete.
Irak (Autonome
Region Kurdistan)
Zu einer begrenzten Selbstverwaltung und Beteiligung
an der Regierung kam es im Irak 1970 bis 1974. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 verfügte die UNO im Irak eine Schutzzone nördlich des 36.
Breitengrades. Im dritten Golfkrieg 2003 beteiligten sich
kurdische Kräfte auf Seiten der USA an der Eroberung nordirakischer Städte. Seitdem
genießen die irakischen Kurden einen besonderen Status als Verbündete der USA.
Das Ziel der irakischen Kurden, mehr Autonomie und Einfluss zu bekommen, wird
vor allem von der Türkei missbilligt, da man
einen entsprechenden Einfluss auf die Kurden in der Türkei befürchtet.Trotz
Protesten seitens der Türkei konnten die Kurden im Irak ihren Einfluss ausweiten und erreichten bei der Wahl am 30. Januar 2005 75
Sitze im Parlament und stellen mit Dschalal Talabani den ersten kurdischen
Staatspräsidenten. Ein Referendum zum souveränen Staat ist für November 2016
geplant.[
Syrien
Nach der Gründung
Syriens unter französischem Protektorat (1920–1946) konnten die Kurden
einen Rundfunksender betreiben und Zeitschriften wie Hewar (Hilferuf)
veröffentlichen.[22] Viele wichtige Kurden sind von
der Türkei nach Syrien geflohen, wo sie ihre politischen Arbeiten fortsetzen.
Nachdem Syrien ein souveräner Staat geworden war, wurden die Rechte der Kurden
schrittweise beschnitten. Schließlich wurden Kurden aus dem öffentlichen Dienst
ausgeschlossen, verhaftet und die kurdischen Ortsnamen verändert.
Im März 1963 übernahm
die Baath-Partei die Herrschaft und 1971 wurde Hafiz al-Assad Präsident. Er blieb es bis zu
seinem Tod am 10. Juni 2000. Er gewährte der PKK nach dem Militärputsch in der Türkei von 1980 Zuflucht. In der Bekaa-Ebene im Libanon konnte die PKK ihre Leute ausbilden und bewaffnen.Der
Sturz von Saddam Hussein und der Baath-Regierung mit Hilfe der Kurden im Irak
polarisierte auch Syrien. Im Zuge
des syrischen Bürgerkrieges gründeten die Kurden 2013 in einigen
Siedlungsgebieten drei Kantone, die gemeinhin unter Rojava bekannt geworden sind.
Rotes Kurdistan
In der ehemaligen UdSSR gab es in dem Zeitraum von 1923 bis 1929 eine autonome kurdische Region,
die Kurdistana Sor (Rotes Kurdistan) genannt wurde. Die
Region wurde am 23. Mai 1923 ausgerufen. Sie lag im heutigen Aserbaidschan .Die Region lag ziemlich genau im
heutigen Latschin-Korridor zwischen Armenien und der Exklave Berg-Karabach. Unter Stalin wurde diese Region aufgelöst. Ein Versuch, sie 1992
mit der Ausrufung der Kurdische Republik
Latschin wieder zu gründen, scheiterte am Zerfall der Sowjetunion. Der Krieg 1994 zwischen Armenien und Aserbaidschan vertrieb die meisten
Kurden aus diesem Gebiet.
Libanon Viele Kurden im Libanon sind aus der Region Mardin im Südosten der Türkei zugewandert. Heute sollen etwa 60.000 Kurden im
Libanon leben.[23]