Italien :Aufschrei der
Antifaschisten
150 Demonstrationen gegen Rassismus in ganz Italien: Sieg der Rechten am 4.
März verhindern
von Gerhard Feldbauer
Feuer und Flamme gegen Rassismus und
Faschismus: Demonstration am Sonnabend in Macerata
Foto: REUTERS/Yara Nardi
Italiens Antifaschisten besinnen sich auf ihre Kraft.
Am vergangenen Sonnabend gingen im ganzen Land Zehntausende Menschen auf die
Straße, um der Welle rassistischer Gewalt und des offenen neofaschistischen
Terrors ein entschiedenes Zeichen entgegenzusetzen. Eine Woche zuvor hatte in
der Stadt Macerata ein Anhänger der rassistischen »Lega« zwei Stunden lang auf
Migranten gefeuert und sechs Menschen afrikanischer Herkunft verletzt. Erst
nach einer Verfolgungsjagd konnte er von der Polizei gestellt werden. Bei
seiner Festnahme zeigte er den »Führergruß« und schrie »Italien den
Italienern«. Als Vorwand diente dem Attentäter, dass in der Stadt kurz vorher
die Leiche einer 18jährigen gefunden worden war. Ein aus Nigeria stammender
Mann wurde zunächst verhaftet. Inzwischen teilte die Staatsanwaltschaft jedoch
mit, dass er nicht mehr tatverdächtig sei.
Es war vor diesem Hintergrund nicht überraschend, dass
die größte Demonstration am Wochenende mit 30.000 Teilnehmern in Macerata
stattfand. Es herrschte eine kämpferische Atmosphäre. Aus den Reihen der aus
allen Gesellschaftsschichten stammenden Demonstranten erklangen »Bella Ciao«
und andere Partisanenlieder. In Sprechchören wurde »Stoppt den rassistischen
Terror«, »Versperrt den Faschisten den Weg« und immer wieder »Solidarität mit
den Immigranten« gefordert. Insgesamt gingen am Wochenende in mehr als 150
Städten Zehntausende Menschen auf die Straße, wie die in Rom erscheinende La
Republicca berichtete. Allein in Mailand folgten 20.000 Menschen dem
gemeinsamen Aufruf der »Antifaschistischen Aktion«, linker und sozialer
Zentren, des Verbandes ehemaliger Partisanen ANPI, von Gewerkschaften und
linken Parteien. Der Spitzenkandidat des aus sozialistischen und
sozialdemokratischen Parteien gebildeten Wahlbündnisses »Freie und Gleiche«
(LeU, Liberi e Uguali), Senatspräsident Pietro Grasso, rief zur »Einheit aller
antifaschistischen Kräfte« auf, »um gemeinsam die Werte der Demokratie zu
verteidigen«. Einig waren sich alle an den Demonstrationen beteiligten Kräfte,
dass ein Sieg der ultrarechten Allianz von Silvio Berlusconis Forza Italia (FI)
und der Lega von Matteo Salvini bei den Parlamentswahlen am 4. März verhindert
werden müsse.
La Repubblica kommentierte am Montag,
dass die Demonstrationen eine Antwort auf die rassistischen Überfälle gewesen
seien, wie sie bisher von den Mitte-links-Parteien gefehlt habe. Das Blatt
bemängelte allerdings, dass offizielle Vertreter der regierenden Demokratischen
Partei (PD) den Kundgebungen ferngeblieben seien, während sich ihre Basis stark
beteiligt habe. Der PD-Bürgermeister von Macerata, Romano Carancini, hatte sich
im Vorfeld gegen die Demonstration in seiner Stadt ausgesprochen, weil damit
»nur Öl ins Feuer gegossen« werde. Italiens Innenminister Marco Minniti,
ebenfalls von der PD, hatte die Demonstration zunächst sogar verbieten wollen
und ließ sie erst in letzter Minute am Freitag zu. Die linke Tageszeitung Il
Fatto Quotidiano kritisierte, damit beuge sich die PD dem Spiel der
Rechten. Die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, verurteilte
den Aufruf von PD-Chef Matteo Renzi, das Thema aus dem Wahlkampf
herauszuhalten.
Während sich Berlusconi und Salvini demagogisch von
der Gewalttat in Macerata distanzierten, wird der Attentäter von ihren
Anhängern als Held gefeiert. Glückwünsche werden ins Gefängnis übermittelt, es
gibt Aufrufe zu neuen Anschlägen. Auch die Spitzenmänner der Rechten griffen
erneut zu rassistischer Hetze und machten die Flüchtlinge und Einwanderer für
die Gewalt verantwortlich. Berlusconi nannte »illegale Einwanderer« eine
»soziale Bombe« und forderte ihre Rückführung in die Heimatländer. Sein
Familienblatt Libero verlangte, die Grenzen zu schließen. Salvini
verkündete, er werde als Premier auf der Basis »Italiener zuerst« ein
»ruhigeres und sichereres Italien schaffen«. Dagegen regt sich Widerstand. Für
den 24. Februar organisieren die ANPI, die Kulturvereinigung