Israel Palästina
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu BDS:
Ein Sieg für die
Informations- und Meinungsfreiheit und eine böse Schlappe für das
Berliner politische Establishment
Arn Strohmeyer
Ein Israeli – der Journalist Gideon Levy von der
Tageszeitung Haaretz – hatte den Bonner Parteien (mit
Ausnahme von großen Teilen der Linkspartei und ein paar Abgeordneten der Grünen)
nach dem BDS-Beschluss des Bundestages am 17.Mai 2019 ins Stammbuch geschrieben,
was diese Resolution wirklich war: „Deutschland, Schande über Dich und Deinen
BDS-Beschluss!“ Und er schrieb weiter: „Deutschland hat gerade die
Gerechtigkeit unter Anklage gestellt, indem berechtigte Schuldgefühle wegen der
deutschen Vergangenheit zynisch und manipulativ bis ins Extreme ausgenutzt
wurden. Es ist tatsächlich so weit gekommen, dass der Deutsche Bundestag jetzt
eine der empörendsten und bizarrsten Resolutionen seit dem Ende des Zweiten
Weltkrieges verabschiedet hat. Der Bundestag hat die BDS-Bewegung gegen Israel
als antisemitisch definiert. Benjamin Netanjahu und Gilad
Erdan [ein zur äußersten Rechten gehörender
israelischer Politiker] haben gejubelt. Deutschland sollte sich schämen. “Als
hätten die Richter des Bundesverwaltungsgerichts diesen verzweifelten Schrei
eines Juden aus Israel gehört, haben sie klar entschieden:
Die Verweigerung öffentlicher Einrichtungen für
Veranstaltungen, die mit BDS zu tun haben, ist eine Beschränkung der
Meinungsfreiheit und ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt:
„Das Grundrecht der Meinungsfreiheit unterliegt
den Grenzen der allgemeinen Gesetze (Artikel 5, Abs. 2 des Grundgesetzes).“
Damit haben die Münchner Kläger, die gegen einen
Stadtratsbeschluss bis in die letzte Instanz gegangen sind, nicht nur einen
großen Sieg für die Meinungs- und Informationsfreiheit, sondern auch für die
Demokratie errungen.
Denn die Meinungsfreiheit ist der Kern der
Demokratie. Oder umgekehrt: Ohne Meinungsfreiheit gibt es keine Demokratie.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist
eine furchtbare Niederlage für das Berliner politische Establishment (soweit es
an dem Beschluss beteiligt war), denn es hatte einen
schändlichen, völlig undemokratischen Beschluss
gefasst, an dessen Zustandekommen Israel nahestehende Kreise – das konnte der
SPIEGEL belegen – eine wichtige Rolle gespielt hatten.
Auch der Antisemitismusbeauftragte der
Bundesregierung, Felix Klein, hatte dabei an vorderster Stelle mitgewirkt. Auch
für ihn ganz persönlich ist das Urteil schlicht eine
Katastrophe. Die Resolution hatte ausdrücklich
auch der Verweigerung von öffentlichen Räumen für „BDS-verdächtige“
Veranstaltungen gebilligt.
Die Bundestagsresolution, die keine Rechtskraft
hatte, aber von deutschen Behörden dennoch so praktiziert wurde, hatte sich
ganz eindeutig mit der völkerrechtswidrigen und
siedlerkolonialistischen Politik Israels
identifiziert – zu Lasten des unterdrückten palästinensischen Volkes, das mit
BDS seine Forderungen nach Freiheit, das heißt
Gleichberechtigung und der Verwirklichung der
Menschenrechte zum Ausdruck gebracht
hat.
Das Urteil ist indirekt auch eine klare Absage
an die Behauptung der Bundestagsresolution, BDS sei „antisemitisch“.
Denn das
höchste deutsche Verwaltungsgericht wird nicht mit einem Urteil dem
Antisemitismus Tür und Tor öffnen.
Die unsinnige pauschale Behauptung, dass BDS
antisemitisch sei, war durch das Völkerrecht und etliche UNO-Resolutionen
ohnehin obsolet, ist
damit vom Tisch, auch wenn das Gericht dazu gar nicht Stellung genommen hat.
Die
Palästinenser, die ihre politischen Anliegen und Forderungen in Deutschland nun
freier vortragen können, haben also mit dem Urteil auch einen großen Sieg errungen! 20.01.2022