Palästinakomitee-Stuttgart Infobl@tt Juni 2017


50 Jahre Sechstagekrieg waren für viele Analytiker in diesem Monat Anlass für eine Bilanz und einen Blick auf die Perspektiven für die palästinensische Befrei­ungsbewegung. Dabei ist allen klar, dass eine Beschränkung auf die 1967 besetzten palästinensischen Gebiete zu kurz greift. Die Analyse der gesellschaft­lichen und politischen Verhältnisse und Entwicklungen muss 1948 ansetzen. Wir dokumentieren einige Beiträge im Juni-Infobl@tt des Palästinakomitee Stuttgart. Die Diskussion um Antisemitismus-Vorwürfe, hinter denen sehr deutlich die Interessen einer pro-israelischen Lobby sichtbar werden, hat inzwischen die ARD und in England das Parlament und das Oberste Gericht erreicht. Auch hierzu dokumentieren wir journalistische Beiträge. Und die Arbeit der Gegner von bewaffneten Drohnen war erfolgreich: Der Vertrag für die Ausrüstung der Bundeswehr mit der großen bewaffnungsfähigen israelischen Heron TP ist für diese Legislaturperiode wohl gestoppt. Das gibt Motivation weiter zu machen, vielleicht lässt sich die deutsche Kriegsdrohne mit scharfer Bewaffung (ermöglicht mit israelischer Unterstützung) doch noch verhindern. Sehr wichtig ist auch: Die Situation in Gaza wird ständig bedrückender. Zwei bis vier Stunden Elektrizität pro Tag hat massive Auswirkungen auf die Lebens­verhältnisse. Gaza und seine Bewohner müssen im Zentrum unserer Auf­merk­samkeit bleiben.
­Sechs Tage und kein Ende
Alain Gresh
Le Monde diplomatique
Sodaten vertreiben Einwohner
aus Imwas während des
Sechstagekrriegs 1967
palestineremembered.
com

Ende April 2017 gründeten einige republikanische Mitglieder des US-Kongresses eine Gruppe (caucus), der sie den Namen „Israel Victory“ gaben. „Wir glauben, dass Israel den Krieg gewinnt und dass dieser Umstand anerkannt werden muss, wenn wir Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn erreichen wollen“, verkündeten die Abgeordneten. Israel müsse „dem Feind seinen Willen aufzwingen“, erklärte der Historiker Daniel Pipes, ein Mitglied der Gruppe. Unmittelbar darauf traten in Israel mehrere hundert palästinensische politische Häftlinge in den Hungerstreik. Sie folgten einem Aufruf ihres prominentesten Mitgefangenen: Marwan Barghuthi, der 2009 in Abwesenheit ins Zentralkomitee der Fatah gewählt wurde, sitzt seit 15 Jahren im Gefängnis. Die Antwort der Palästi­nenser auf „Israel Victory“ hätte kaum deutlicher sein können. Sie sollte der ganzen Welt vor allem eines klarmachen: Unser Widerstand geht weiter... Anlässlich von 100 Jahren Balfour-Erklärung und 50 Jahren Besatzung von Gaza, Golan und Westbank analysiert Alain Gresh die Ursachen für den längsten Konflikt unserer Zeit.

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Wann wird die Linke in Israel akzeptieren, dass die Besatzung
1948 begann und nicht 1967?
Rami Younis
972mag.com
Teilnehmer einer Kundgebung
in Nablus im Mai 2017
972mag.com

"Eine der negativen Charakterzüge der israelischen „Linken“ besteht darin, dass sie nur die militärische Herrschaft über das Westjordanland und den Gazastreifen als „Besatzung“ bezeichnen", stellt Rami Younis fest. Ein Teil der Linken beschuldige Palästinenser sogar wie die Rechten zu sein, wenn sie sagen es gäbe keinen Unterschied zwischen Petah Tikva und Ariel. Sie würden dasselbe fest­stellen wie die Rechte. Für die meisten Palästi­nenser jedoch verschleiere dieses orwellsche Gerede über „die Besatzung“ Israels die wirkliche Schande: die brutale kriminelle Besatzung von 1948. Ethnische Säuberung, massive Landent­eig­nung, dann Besiedlung dieses Landes, sind die Wurzel dieser Schande – auch wenn Israelis sich weigerten, das in der Öffentlichkeit anzuerkennen und versuchten zu ignorieren, was die Araber sagen...

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Palästinensische Politik nach 1967 und Perspektiven der Befreiung
Nadia Hijab/Mouin Rabbani
Al Shabaka
Widerstand gegen eine waffen­starrende Besatzung –
Demoplakat: "Rückschlag 1967"
Apa Images

50 Jahre Sechstagekrieg und Besetzung von Westbank, Gazastreifen und Golan sind für Nadja Hijab von Mouin Rabban von Al-Shabaka, dem palästinensischen politischen Netzwerk, Anlass über die Errungenschaften des palästinensischen Widerstands und insbesondere die Entwicklung nach 1967 Bilanz zu ziehen. Fakt ist: Die Politik der palästinensischen Führung hat die Erfolge der Zivilgesellschaft während der 1. Intifada nicht genutzt, sondern für die Palästinenser eine schwierige Situation geschaffen. Doch es tun sich trotzdem starke Perspektiven auf. Wiederum liegen die Ansätze in der palästinensischen Zivilgesell­schaft, die Bewegung bekommt dabei Rückenwind durch die Dynamik nach rechts in der israelischen Siedlergesellschaft. Und schließlich ist die For­der­ung nach Befreiung in der Region keineswegs gestoppt.

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Einschränkungen des Rechts auf Boykott vom Obersten Gericht
Großbritanniens verworfen
Asa Winstanley
electronicintifada.net
AktivistInnen vor dem Gerichts-
gebäude
electronicintifada.net

Das Oberste Gericht in London urteilte am Donnerstag, dass die konservative Regierung
ungesetzlich gehandelt hatte, als sie versuchte, Gemeinderäte in Großbritannien daran zu hindern, ihr Kapital aus Firmen, die in Israels Militärbesatz­ung involviert sind, abzuziehen.
Die erfolgreiche gerichtliche Anfechtung für das Recht auf Boykott, wurde im März von der Palestine Solidarity Campaign initiiert und von der Kampagne War on Want und den Quäkern unterstützt, die sich gegen Rüstungshandel engagieren...

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Meinungsfreiheit bedroht?
Annette Groth, Günter Rath
Annette Groth, Günter Rath
Titelblatt-Ausschnitt  

Die Gefährdung der Meinungsfreiheit in Deutschland durch die Kampagnen der sogenannten „Freunde Israels“
Mit dem Erstarken einer Palästina-Solidaritäts­bewegung haben sich auch Gruppen, Institutionen und Journalist*innen in Deutschland profiliert, die mittels eigener Kampagnen und Diskurse Medien und Öffentlichkeit beschäftigen und die offizielle Regierungspolitik des Staates Israels offensiv verteidigen. Sowohl in den öffentlichen Medien als auch viel mehr und wesentlich effektiver in den sozialen Netzwerken und durch E-Mail-Kampagnen werden Denunzierungs­botschaften transportiert. Palästina-Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen, Autor*innen, Journalist*innen und Dozent*innen, die sich im Rahmen ihrer Lehre mit dem Nahost-Konflikt beschäftigt haben, werden diffamiert.. Annette Groth und Günter Rath haben eine Dokumentation der wichtigsten aktuellen Fälle zusammengestellt.

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Jüdische Antifaschistische Aktion – Manifest
jewishantifaberlin.wordpress.com
jewishantifaberlin.wordpress.com
   

Die jüdische Linke wird von vielen Teilen der deutschen Linken unter Beschuss genommen. Und nicht nur die jüdische Linke: Unsere Verbündeten – Palästinenser_innen, Migrant_innen und andere, die sich gegen Israels kolonialistische Politik, Besatzung und Enteignung aussprechen – werden noch massiver angegriffen. In Anerkennung dieser Tatsachen und im Bewusstsein, dass diese mit­einander verknüpft sind, werden wir in diesem Text unsere Positionen und Standpunkte darstellen...

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"Er hat eine sehr klare propagandistische Linie"
Gemma Pörzgen im Gespräch mit Peter Kapern
deutschlandfunk.de
Filmtitel Bildschirmaufnahme

Der von WDR und Arte in Auftrag gegebene, aber nicht ausgestrahlte Antisemitismus-Film, zeige die Problematik des Nahost-Konflikts sehr einseitig, sagte die Journalistin Gemma Pörzgen im Deutschlandfunk. Er lenke damit vom dem eigentlichen Thema ab, "mit dem wir uns auch vor allem in Europa beschäftigen sollten"...

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Für den Schutz der Menschenrechte...
Amnesty International
Amnesty International
Ein Minderjähriger wird verhaftet electronicintifada.net

Anfang Juni jährt sich zum 50. Mal der Jahrestag der israelischen Besatzung des Westjordanlands einschließlich Ost-Jerusalems und des Gaza­streifens sowie der syrischen Golanhöhen. Amnesty International und andere Menschen­rechtsorganisationen haben immer wieder vielfache schwere Menschenrechtsverletzungen dokumen­tiert, die im Rahmen der israelischen Besatzung dort stattfinden. Amnesty International fordert die internationale Staatengemeinschaft erneut auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um ihrer völkerrechtlichen Verantwortung gerecht zu werden. Die israelische Politik, gegen geltendes humanitäres Völkerrecht israelische Zivilpersonen auf besetztem palästinensischem Land anzu­siedeln, hat zu unzähligen Menschenrechtsver­letzungen geführt. Zehntausende palästinensische Wohnungen und Einrichtungen sind von Israel zerstört worden und Hunderttausende Palästi­nenserinnen und Palästinenser wurden vertrieben...
 

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Israel-Lobby benützt die diskreditierte Antisemitismus-Definition...
Ben White
electronicintifada.net
Antideutsche Israel-Lobbyisten halten nichts von Diskussionen: Hier bei einer Demo gegen eine Nahost-Konferenz in Frankfurt im Juni 2017  

Israel-Lobby benützt die diskreditierte Antisemitismus-Definition um die Debatte mundtot zu machen
Das Arbeitspapier der EU über die Definition von Antisemitismus wurde von der EU nie verabschie­det. Dennoch wird es immer wieder benutzt, als ob es sich um eine von der EU für gültig gehaltene Definition handelt, hauptsächlich um die Palästina-Solidaritätsarbeit zu verunglimpfen.
Dieser Artikel, aus dem Jahr 2012 erklärt den Ursprung der Definition durch Israellobbyisten und warum sie letztendlich nicht übernommen wurde...

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Alltag unter Besatzung
Karin Leukefeld
jungewelt.de
Demonstration in Ramallah
im Mai 2017
jungewelt.de

UN-Bericht dokumentiert die anhaltende Ge­walt des zionistischen Okkupationsregimes in Palästina
Die Gewalt gehört für viele Palästinenser zum Alltag. So berichtete die palästinensische Nach­richtenagentur Maan am Dienstag, dass israelische Bulldozer unter Militärschutz in den palästin­ensischen Gazastreifen eindrangen, um Land entlang des Trennungszauns »einzuebnen«, das von den Bewohnern landwirtschaftlich genutzt wird. Bereits am Montag waren 15 Personen bei Razzien im besetzten Westjordanland und in Ost­jerusalem verhaftet worden, darunter vier Jugend­liche. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Jahr 2016 wöchentlich durchschnittlich 96 Razzien in den von Israel besetzten palästi­nensischen Gebiet­en im Westjordanland durch­geführt...

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­Die Besatzung ist völkerrechtswidrig
Dietrich Heißenbüttel (Interview) mit Annette Groth
kontextwochenzeitung.de
Annette Groth kontextwochenzeitung.de

D.H.:(...) Frau Groth, Winfried Kretschmann hat Ende März Israel und die Westbank besucht. Nun schreibt die Jerusalem Post, informiert von einer Stuttgarter Gewerkschaftssekretärin...
A.G.: Bärbel Illi.
D.H.:Kretschmann habe den Hassprediger Mitri Raheb mit einem Scheck über 30 000 Euro für eine Solar­anlage gefördert. Wer ist dieser Hassprediger?
A.G.:Mitri Raheb ist ein Theologe (lacht). Genau das Gegenteil von einem Hassprediger, sehr leise, sehr ruhig, einer der Mahner. Ich habe ihn in den ’80er Jahren in Stuttgart beim Kirchentag kennen­gelernt. Er versucht seit Jahrzehnten, die Kirchen zu einer klaren Stellungnahme zu bewegen und ChristInnen für eine Zukunftsperspektive in Paläs­tina zu gewin­nen. Die Solaranlage ist für ein öku­menisches Zen­trum gedacht...

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Kein Frieden im Nahen Osten
Norman Paech
Norman Paech
Oben: Imwas 1958 und unten nach seiner Zerstörung im Jahr 1967 uridavis-official-website.info

Alle unsere Siedlungen sind auf den Trümmern arabischer Dörfer erbaut, und wir reißen nicht nur ihre Mauern nieder, sondern versuchen, auch ihre Namen aus den Geschichtsbüchern auszuradieren. Sie haben also sehr gute Gründe, gegen uns zu kämpfen, und wenn ich ein Araber wäre, wäre ich wohl ein Kämpfer für El Fatah. Mosche Dayan 1973
Allen Formen des Zionismus war die Ablehnung jeglicher Integrationsversuche der jüdischen Ge­sell­­schaft in den orientalischen Raum gemeinsam. Besonders deutlich hat Max Nordau, langjähriger Weggefährte von Theodor Herzl, diese Integra­tionsverweigerung vertreten. Ihre kulturelle Arro­ganz spiegelt sich in der offenen Verachtung
für die arabische Umgebung ebenso wie in der ausschließlichen Ausrichtung auf die westliche Zivilisation: Das jüdische Volk wird seine wesen­hafte Besonderheit im Rahmen der westlichen Kultur entfalten, wie alle anderen Kulturvölker, und nicht außerhalb dieser. Nämlich in einem wilden, kulturlosen Asiatismus (Gorny 1986, zit.n. Amar-Dahl 2012, 33)...

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Fotostrecke vom Leben in Gaza ohne Strom
Mousa Tawfiq und Mohammed Asad
electronicintifada.net
Schreiner Ahmad al-Jahjouh
sagt seine Arbeit sei gelähmt
mit nur 4 Std. Strom täglich
electronicintifada.net

Fotostrecke vom Leben im Gazastreifen mit nur wenigen Stunden Strom am Tag
Palästinenser im belagerten Gazastreifen leiden bereits seit 10 Jahren unter Stromausfällen und Kürzungen seit Israel eine Blockade über den Gazastreifen errichtet hat. Die elektrische Infra­struktur wurde gezielt angegriffen und beschädigt während einer Reihe von Militäroffen­siven in den letzten Jahren und israelische Einfuhrrestriktionen behindern den Wiederaufbau...

 

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Kurz vor Vertragsabschluss: SPD lehnt Kampfdrohne ab
Shir Hever
Jüdische Stimme für gerechten Frieden
Heron Drohne über Gaza im Jahr 2014 und die Zerstörung mithilfe solcher Kriegsmaschinen ARD und electronicintifada.net

Kurz vor Ende dieser Legislaturperiode, am Mittwoch, 21. Juni, hätte der Vertrag über die Ausrüstung der Bundeswehr mit der israelischen Drohne Heron TP im Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen werden sollen. Die Heron TP wird als sehr große und entsprechend schwer bewaffnete Drohne ständig über dem Gaza­streifen eingesetzt. Wir wissen nicht, was die SPD-Abge­ordneten dazu veranlasste, kurz vor Abschluss des Vertrags plötzlich doch grundsätz­liche Bedenken gegen die bewaffnete Heron geltend zu machen (siehe dazu Bericht in der Süddt. vom 23.7.2017). Auf jeden Fall haben viele von ihnen einen Brief von Dr. Shir Hever, Ökonom und Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden, er­halten. Im Brief erläutert Shir Hever, warum be­waff­nete Drohnen und das beabsichtigte Abkom­men so bedenklich und gefährlich sind. Er macht auch klar, dass die Bundesregierung von der men­schen­rechts­widrigen Besatzung profitieren würde.

Link zum Brief
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