Hizbollah nicht Täter
Enthüllungen aus Bulgarien
widersprechen Hizbollah-Täterschaft
Offensichtlich hat es nicht
geklappt: Als sich nämlich am Montag, 18.2.2013 die Außenminister der EU in
Brüssel trafen, hatte der Vertreter Bulgariens, Nikolay Mladenov, zwar den
vorläufigen Abschlussbericht oder besser Zwischenbericht zu den Ermittlungen im
Fall des Busattentats von Burgas im Handgepäck. Allerdings gelang es ihm nicht,
alle seine Kollegen von der Schuld Hizbullahs und Irans zu überzeugen. Hier
stellte sich offensichtlich nicht allein der französische Außenminister quer,
sodass eine europaweite Kennzeichnung Hizbullahs als Terrororganisation, wie
sie offensichtlich das Ziel des gesamten Vorstoßes war, unterblieb.
Bei dem fraglichen Attentat
auf einen mit israelischen Touristen besetzten Bus waren am 18. Juli des
vergangenen Jahres fünf Passagiere getötet worden. Die offiziellen Ermittlungen
hatten noch gar nicht richtig begonnen, da wurde schon die Theorie lanciert,
hinter dem Anschlag könnten der Iran oder Hizbullah stecken. Ihre
Hauptverfechter sind nach wie vor Israel und die USA. In den USA, aber auch in
Kanada und Großbritannien gilt Hizbullah bereits offiziell als
Terrororganisation, und Iran wird nach wie vor der "Achse des Bösen"
zugerechnet.
Der bulgarische
Zwischenbericht, der nun angeblich insbesondere Hizbullah belasten soll, wurde
am 5. Februar mit großem Mediengetöse vorgestellt. Die lautstarke Rhetorik
überdeckt jedoch, dass von eigentlichen Beweisen gegen Hizbullah in dem Bericht
keinesfalls die Rede sein kann.
Im Gegenteil hat es den
Anschein, als ob die bisherigen Untersuchungsergebnisse den Verdacht gegen Iran
oder die libanesische Hizbullah entkräften. So sprach die ermittelnde
Staatsanwältin Stanella Karadzhova schon in einem am 3. Januar veröffentlichten
Interview von Hinweisen, die in eine ganz andere Richtung weisen. Einmal wies
sie darauf hin, dass über zwei oder sogar drei Männer, die immer wieder in
Zusammenhang mit dem Anschlag gebracht werden, einfach zu wenig Material
vorliege – daraus könne man nicht einmal mit Bestimmtheit schließen, dass sie
tatsächlich dem Attentäter, der bei dem Anschlag selbst ums Leben kam, geholfen
haben, geschweige denn ablesen, ob sie einer bestimmten religiösen oder
politischen Richtung angehörten.
Stattdessen bastelte man sich
eine Beweisführung aus lauter vagen Vermutungen. So will man von den beiden
Verdächtigen herausgefunden haben, dass sie beide einen äußerst bescheidenen
Lebensstil pflegten – woraus man darauf schloss, dass sie beide die gleiche
militärische Ausbildung genossen hatten. Auch heißt es, dass ihre falschen
Papiere – so falsche Führerscheine des US-Bundesstaats Michigan – mit Hilfe
eines Druckers angefertigt worden sein sollen, dessen Spur sich bis nach Beirut
zurückverfolgen lasse. Daraus wollte insbesondere der bulgarische Innenminister
Tsvetanov messerscharf ableiten, dass die Terroristen "zum militärischen
Flügel der Hizbullah" gehörten.
Allerdings erwähnte
Staatsanwältin Karadzhova in ihrem Interview auch, dass am Tatort eine
SIM-Karte gefunden worden sei, die offensichtlich dem Attentäter zuzuordnen
sei. Diese SIM-Karte wurde aber von der "Maroc Telecom" ausgestellt,
einer Telefongesellschaft, die in Marokko und weiten Teilen Nordafrikas präsent
ist, nicht jedoch im Libanon. Auch hat zwar "Al Qaida" dort
zahlreiche Standbeine, nicht aber die schiitische Hizbullah. Leider aber habe
man diese Spur nicht weiter verfolgen können, da "Maroc Telecom" zu
keiner Zusammenarbeit mit den bulgarischen Ermittlungsbehörden bereit sei.
Karadzhova wurde übrigens
unmittelbar nach der Veröffentlichung des Interviews von dem Burgas-Fall
abgezogen. Anscheinend hatte der Inhalt des Interviews ihren Vorgesetzten nicht
behagt. Ihre Absetzung geschah knapp zwei Wochen, bevor die Ermittlungen
eigentlich offiziell hätten enden sollen. Als Stichtag war der 17. Januar
festgelegt. Zwar wäre es ein Leichtes für die Regierung gewesen, die
Untersuchung im Fall Burgas schlicht und einfach zu verlängern. Doch eine
entsprechende Erklärung blieb aus.
Während der investigative
Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung „168 Stunden“, Slavi Angelov,
pünktlich zum vorgesehenen Ende der Untersuchungen am 17. Januar folgerichtig
resümierte, dass die Ermittler jeglichen Beweis, der für eine Täterschaft Irans
oder Hizbullahs spreche, schuldig geblieben seien, verfolgte die bulgarische
Regierung offensichtlich eine zweifache Strategie: Einmal wollte sie Israel und
den USA entgegenkommen, die nun schon seit Langem händeringend nach einer
Möglichkeit suchen, Hizbullah weltweit als Terrororganisation zu
diskreditieren. Zweitens aber wollte man sich im Fall Burgas nicht allzu
deutlich festlegen.
So kommt es, dass
Innenminister Tsvetanov sich im Inland in semantischer Haarspalterei übt und
offiziell nur von einem "begründeten Verdacht" gegen Hizbullah
spricht. Gleichzeitig gesteht man ein, dass es nach wie vor keine
"wasserdichten Beweise" gibt. Bis man diese gefunden hat, will man
die Untersuchungen natürlich fortsetzen. Sie offiziell verlängern will man
jedoch auch nicht.
Israel gegenüber war die
bulgarische Diplomatie weit zuversichtlicher. So reiste Außenminister Mladenov
Mitte Januar nach Tel Aviv, um dort pflichtschuldigst ein Exemplar des
"Vorläufigen Untersuchungsberichts" abzugeben und sich über das
weitere Vorgehen zu beraten. Alle Anstrengungen zielten dabei auf den
vergangenen Montag – umsonst, es gelang nicht, die versammelten EU-Minister zu
einer Verdammung Hizbullahs zu bewegen.
Es ist zu erwarten, so der Journalist
Gareth Porter, dass Bulgarien in nächster Zukunft entscheidet, wie die
Ermittlungen im Fall Burgas weitergehen. Das aber könnte bedeuten, dass man
unbefangen nochmals von vorne beginnt, statt aus politischen Gründen bei den
Untersuchungen Vermutungen zu folgen. Im Fall des AMIA-Attentats in Buenos
Aires 1994 haben übrigens Argentinien und Iran erst im vergangenen Monat
beschlossen, die Ermittlungen erneut und diesmal gemeinsam zu beginnen. Schon
damals waren Iran und Hizbullah verdächtigt worden – ohne dass dies bis heute
zu einer Aufklärung des Anschlags geführt hätte.
Quelle:
Weitere Berichte:
http://www.ipsnews.net/2013/02/bulgarian-revelations-explode-hezbollah-bombing-hypothesis/
http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2013/02/201321810059550903.html