von Jörg Köpke/RND
Die wochenlange Festsetzung des iranischen Tankers „Grace 1“ vor Gibraltar
war völkerrechtswidrig. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des
Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.
Die wochenlange Festsetzung des iranischen Tankers „Grace 1“ vor
Gibraltar war völkerrechtswidrig. Die Beschlagnahmung
des Schiffes am 4. Juli durch britische Marinekommandos in der Straße von Gibraltar finde „keine Rechtsgrundlage im
Seevölkerrecht“, heißt es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes
des Bundestages, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Sonntag)
vorliegt.
Die Untersuchung im Auftrag der Linken-Bundestagsfraktion kommt zu dem
Schluss, dass die Durchsetzung von EU-Sanktionen nicht über internationalem
Recht steht und somit auch die von der Bundesregierung
getragene Begründung der britischen Regierung für die Festsetzung nicht rechtens war. „Maßnahmen auf der
Grundlage des EU-Sanktionsregimes sind insofern nur statthaft, als sie auch mit
den einschlägigen völkerrechtlichen Rahmenvorgaben vereinbar sind“, heißt es in
dem Gutachten. Am Donnerstag hatten die Behörden von Gibraltar die Beschlagnahmung
des Schiffes mit mehr als zwei Millionen Tonnen iranischen Rohöls aufgehoben. Die USA
blockieren jedoch nach wie vor die Weiterfahrt des Tankers.
Ein Bundesgericht ordnete die Beschlagnahme des Öls an.
„Beide Akteure [EU und USA] können sich nicht auf eine Autorisierung ihrer
Sanktionen durch eine externe, übergeordnete Ebene berufen. Der Vorwurf,
letztlich eigene (nationale oder regionale) Interessen zu verfolgen, steht im
Raum und unterminiert die Glaubwürdigkeit des Sanktionsregimes“, heißt es in
dem Gutachten weiter. Großbritannien geht
davon aus, dass das Rohöl für Syrien bestimmt war. Der Iran bestreitet das.
"Die Festsetzung des iranischen
Öltankers ,Grace 1' durch Gibraltar war mit
dem Seevölkerrecht nicht vereinbar und rechtswidrig. Die Linke begrüßt daher die Freigabe des
beschlagnahmten Schiffes", erklärten Sevim
Dagdelen, Vizechefin der Linken im Bundestag,
sowie Andrej Hunko, europapolitischer
Sprecher der Fraktion.
Das Gutachten zeige, „dass es seitens der Bundesregierung
grob fahrlässig war, der britischen Rechtsauffassung hinsichtlich einer
angeblich legalen Festsetzung des iranischen Tankers zu folgen. Die Freigabe des Tankers ist eine Bekräftigung des Völkerrechts und
hoffentlich auch ein Beitrag zur Deeskalation gegenüber dem Iran“, sagte Dagdelen
dem RND. Hunko forderte die Bundesregierung auf, angesichts der drohenden
Eskalation auch in der Straße von Hormus
"auf den Boden des Völkerrechtes" zurückzukehren.
Quelle: https://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/Politik/Bundestagsgutachten-Festsetzung-des-iranischen-Tankers-Grace-1-vor-Gibraltar-war-voelkerrechtswidrig