Gedanken anlässlich der Entführung von Slobodan Miloševic vor 20 Jahren
Es lebe Frieden und Brüderlichkeit zwischen den
Völkern!
Von Gordana Milanovic-Kovacevic
Am Vidovdan, dem höchsten serbischen Feiertag, vor 20
Jahren, am 28. Juni 2001, wurde Slobodan Miloševic in
einer Nacht- und Nebelaktion unter Bruch der jugoslawischen Verfassung aus dem
Belgrader Gefängnis nach Den Haag entführt und in Untersuchungshaft genommen.
Die neue Belgrader Regierung reagierte damit auf massive US-amerikanische
Drohungen. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir einen Text von Gordana
Milanovic-Kovacevic, der Einblicke hinter die Kulissen dieser Geiselnahme gibt.
Protestmahnwache vor dem Gebäudekomplex des Haager Tribunals anlässlich des
10. Todestages von Slobodan Miloševic (Foto:
arbeiterfotografie.com)
In Erinnerung an Präsident Slobodan Milosevic
Seine Größe bestand gerade in der Niederträchtigkeit seiner Feinde und
Verfolger. Die Geschichte wird von einzelnen geschrieben. Das letzte Wort über
Slobodan Milosevic und seinen heroischen und überaus gekonnten Widerstand wird
in einer fernen Zukunft das Gericht der Geschichte und nicht irgendwelche
Söldner der Neuen Weltordnung sprechen! Ein großer Freund ist tot, aber die
Erinnerung an ihn wird weiterleben. Sein Tod ist ein großer Verlust für uns
alle, wenn ich alle sage, meine ich die, die ihn schätzen und lieben gelernt
haben, die wussten, dass sie sich auf ihn verlassen können und dass er sein
Land um den Preis seines Lebens nie verraten würde, diesen Preis hat er leider
zahlen müssen.
So sprach ich am 15. März 2001 in einem kleinen serbischen Cafe
in Berlin, vier Tage nach dem Tod (initiiert oder „nur“ verschuldet durch
unterlassene Hilfe?!) des Präsidenten Slobodan Milosevic, bei der Gedenkfeier,
die spontan und mit Beteiligung vieler Menschen aus Berlin und der übrigen
Republik, organisiert wurde. Seitdem er von „seinem“ Land verraten und in die
Hände der Feinde ausgeliefert wurde, war es mein Wunsch, ihn in der Haager
Zelle zu besuchen, ihm die Hand zu drücken und nur einfach Danke zu sagen,
danke für alles, was er für sein und mein Land getan hat, dieser Wunsch ist mir
unerfüllt geblieben. Meinen großen Präsidenten fand man am 11. März 2006 in
seiner Haager Zelle tot auf, so konnte ich nur noch das wenigste für ihn tun,
eine Gedenkfeier auszurichten.
Wenn man mich fragen würde, welchen Monat im Jahr würde ich am liebsten
überspringen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte, würde ich antworten, dass es
einige Monate im Jahr gibt, die ich gerne überspringen würde. In der Geschichte
meines Volkes der letzten Jahrhunderte kam es sehr oft vor, dass sich bestimmte
Tage in ihrer Tragik wiederholten (zufällig von Feinden ausgesucht?!), die
jedes Jahr aufs Neue bei meinem Volk mit Leiden und Seele zerreißenden
Schmerzen verbunden sind. Wenn ich mich doch für nur einen Monat entscheiden
müsste, wäre das bestimmt der Monat März, obwohl in diesem Monat einige meiner
Lieben Geburtstag haben.
Vor dem Tod des Präsidenten ereigneten sich zwei schicksalhafte Episoden, eine
im März 1999 - Bombardierung unseres Landes - die direkt als Ursache für seine
Inhaftierung gesehen werden muss und die zweite im März 2004 - Pogrom an
serbischer Bevölkerung in Kosovo und Metochien, die
seiner Entführung folgte. Seinem Widerstand gegenüber denen, die das Land
unterjochen wollten, folgte die Bombardierung, die zu seinem Sturz führen
sollte, und als das nicht gelang, hat man einen Putsch inszeniert und ihn in
Haft genommen, als er dann einsaß, spaltete man sein Land und vertrieb seine
Bevölkerung. So erinnern wir uns im März auch immer an die Tausende, die ohne
Grund und ohne jegliche Rechtfertigung, innerhalb einiger Monate, ihr Haus, ihr
Leben und ihre Liebsten verloren haben und an die, die innerhalb einiger Tage,
ihre Jahrhunderte alten Feuerstätten im wilden Ansturm hasserfüllter Horden
verlassen mussten.
Beim Präsidenten Milosevic, meinem Präsidenten Slobodan Milosevic, kommt mir
immer in die Erinnerung in erster Linie die Bedeutung seines Vornamens,
Slobodan ( ich mag Slobo nicht, es ist eine niedliche
Abkürzung, die nicht zum Menschen passt, der er war ), ein wirklich freier
Mensch, „Nomen est Omen“ passt auf keinen besser, als
auf ihn. Als man ihm den Namen Slobodan in die Wiege legte, als hätte man im voraus gewusst, dass er auch nur so einer werden wird,
sein Vorname wurde sein Omen, freier als er es war, kann man nicht sein!
Er war nicht nur ein freier Mensch, er war auch ein klarer, mitfühlender,
manchmal auch strenger und schimpfender, und trotz einiger Nachlässigkeiten,
ein außerordentlich guter Präsident, sagen seine Weggefährten, die sich auch
nach dieser langen Zeit nach seinem Tod nicht von ihm losgesagt haben. Sie
bezeugen auch heute noch, dass er für sie zum Symbol des Kampfes für
Gerechtigkeit und Freiheit war und bleiben wird, und ich habe gar keinen Grund,
ihnen nicht zu glauben.
Welche Eigenschaftsmerkmale müssen einen Politiker auszeichnen, um in guter
Erinnerung zu bleiben? Was macht den Präsidenten eines Landes zum Symbol des
Kampfes für Gerechtigkeit und Freiheit?! Wenn wir die besonderen Merkmale
kennen, wissen wir auch gleich, welchen Politikern oder Präsidenten sie
überhaupt zugeschrieben werden können, wieviele von
ihnen kennen wir und an wieviele aus der
Vergangenheit können wir uns auch erinnern?
Die tägliche Politik betreffend, würden mir nur einige Namen einfallen, alles
Namen derer, die in der „Westwelt“ nicht besonders
beliebt sind und die man - ach doch so gern - in den Dreck zieht und denen man
allerlei unterstellt und unterschiebt. Mit der Erinnerung stehe ich auch nicht
viel besser da, wieder nicht besonders viele, auf Anhieb fallen mir die Namen
Gaddafi oder Hussein ein, in erster Linie deshalb, weil sie sich genauso wie
Präsident Milosevic, der Unterwerfung widersetzten und vom ähnlichen Schicksal
ereilt wurden. Der Unterschied besteht darin, dass der Libysche und der
Irakische Präsident da, wo sie präsidierten auch getötet wurden, der ehemalige
Serbische und Jugoslawische Präsident wurde, von der vom Feind installierten
Regierung seines eigenen Landes an die selben Feinde
ausgeliefert, bevor er in einer Haager Zelle den Tod „fand“. Und das noch an
einem - für die Serben - der heiligsten religiösen Feiertage, Vidovdan/St.Veitstag, dem 28.
Juni, auf den auch der Jahrestag der Kosovo-Schlacht fällt, die sich 1389
ereignete und die sich in die Erinnerung des serbischen Volkes tief eingeprägt
hat, als ein Tag des Sieges, aber auch als ein Tag des Verrates. An dem Tag
sind der serbische Fürst Lazar und Zigtausende Woiwoden, Ritter und ehrbarer
Bauern des serbischen Heeres gefallen, wodurch Serbiens Widerstand gegen die
osmanische Expansion sehr geschwächt wurde, mit dem Ergebnis einer sehr langen
osmanischen Unterjochung, die später folgte und die in einigen Regionen
Serbiens bis zu den Balkankriegen 1912/1913 andauerte. Was für ein Schlag ins
Gesicht der serbischen Bevölkerung?!
In einer Nacht- und- Nebel- Aktion wurde der Präsident aus dem serbischen
Zentralgefängnis, in dem er inhaftiert war, entführt, erst nach Bosnien und von
da in Begleitung irgend welcher ausländischer
„Beamten“ ins Gefängnis nach den Haag gebracht. Der Anblick, der sich einem bei
der Betrachtung der Videoaufnahmen, die vor seinem Überflug nach Holland,
gemacht wurden, bietet, macht einen normalen Menschen nur noch sprachlos. Der
Präsident muss sich auf dem Rollfeld, vor dem Einstieg in einen der
Hubschrauber, einer Leibesvisitation unterziehen lassen, man befiehlt ihm unter
anderem, den Mund aufzumachen und wühlt mit der Hand im selben herum, als wäre
er ein Tier und kein Mensch.
„Alles wickelte sich auf dem Plateau vor dem Institut für Sicherheit ab“,
berichtet dieser Tage einer der Piloten, der drei Hubschrauber, die für den
Überflug nach Haag geordert wurden, keiner der Piloten wusste, auf welcher
Mission sie sich befinden, bis Präsident Milosevic vorgeführt wurde. „Im einem
kleinen Autokonvoi, in dem Milosevic aus dem Zentralgefängnis zum Institut
gefahren wurde, befanden sich auch drei Angestellte des Gerichts in Haag, zwei
Männer und eine Frau. Keiner von ihnen ging in das Gebäude hinein, und die
Anklage des Tribunals wurde Milosevic praktisch vor unseren Fliegern
vorgelesen. Während der ganzen Zeit hat eine junge Frau, später hat sich
herausgestellt, die Tochter des Stabschefs der Staatssicherheit, unermüdlich
den Präsidenten und die Maschinen fotografiert, sowie die beispiellose
Leibesvisitation, angebliche Gesundheitsuntersuchung des Slobodan Milosevic.
Ein massiger, glatzköpfiger Angestellter aus Haag hat den Präsidenten brutal
durchsucht, hat seine Hände in seinen Mund geschoben… Kurz – eine fürchterliche
Szene!“.
Präsident Kostunica, der „Wahlsieger“, wusch seine
Hände in Unschuld, wusste von nichts, es soll alles an ihm vorbei entschieden
worden sein. Wer sollte es denn wissen, wenn nicht er?! Was für ein
Armutszeugnis für einen angeblichen Präsidenten, der einer der drei Unterzeichner
aus der höchsten Führungsebene war, die garantierten, dass Präsident Milosevic,
nach seiner „Verhaftung“ nicht ausgeliefert werden würde. Er ließ den
Präsidenten an die selben Feinde ausliefern, die das
Land, auch sein Land, ein Jahr zuvor im dreimonatigen Bombenhagel zerstörten,
Tausende Bürger töteten und Abertausende verstümmelten, die Zukunft unserer
Kinder für Ewigkeiten durch den Abwurf geächteter Uranmunition verseuchten.
Jeder, der denkt, dass Kostunica im September 2000
vom serbischen Volk zum Nachfolger des Präsidenten Milosevic gewählt wurde,
irrt! "Der Spiegel" veröffentlichte am 05. Dezember 2000 einen
Artikel mit der Überschrift „Wie Deutschland die Revolution in Serbien
finanzierte“ und bestätigte etwas, was ich viele Monate vor den Wahlen bei der
serbischen Opposition beobachten konnte: Die Hauptakteure der zwei wichtigsten
Parteien der Opposition, Djindjic und Draskovic, gingen sich plötzlich aus dem
Weg, insbesondere, um den Führer der SPO/Serbische Bewegung der Erneuerung, Draskovic,
war es sehr still geworden. Die Lektüre des Spiegel
hat mich nicht nur darüber aufgeklärt, ich bekam sogar Einsicht in die
Machenschaften der damaligen deutschen Regierung, die die Opposition mächtig
unterstützte und mit ihr zusammen den „Sturz“ des Präsidenten Milosevic weit im
Voraus plante. Man las, dass auch „am 17. Dezember 1999, am Rande eines G-8-
Treffens in einem fensterlosen Raum des Interconti-Hotels
in Berlin“ die beiden Führer, die sich nicht unbedingt immer grün waren „ zusammengeschissen“ ( von Fischer und Albright! ) wurden
und sich damit einverstanden erklären mussten, dass keiner von beiden der
Präsidentschaftskandidat sein kann, man „entzog dem unberechenbaren Populisten
Draskovic. jegliche Unterstützung und entschied sich für einen, bis dahin
weitgehend unbekannten Kostunica“.
Wieviele Millionen DM, wohin, in welche Städte und an
welche Institutionen und Organisationen geflossen sind, schlüsselt "Der
Spiegel" genau auf und bestätigt in einem Satz: „am Wahltag war die
Opposition derart gut ausgestattet und organisiert, dass sie den Ausgang der
Wahl besser kontrollieren konnte als Milosevic“.
Um die ausländische staatlichfinanzierte
Unterstützung zu kaschieren, hat man sich auch eines Tricks bedient indem man
Städtepartnerschaften miteingebunden hat, „das deutsche Geld - bis heute 16 951
800 Mark allein für Städtepartnerschaften - stammt in Wahrheit aus dem Fundus
des Auswärtigen Amts für den Stabilitätspakt. Viele deutsche Kommunen, einmal
für den Plan gewonnen, legten jedoch aus dem eigenen Stadtsäckel noch etwas
drauf. Die Verteilung der Güter vor Ort übernahmen Hilfsorganisationen wie das
Technische Hilfswerk oder das Rote Kreuz“, schrieb "Der Spiegel"
weiter.
Kaum hatte ich diese Spiegel-Ausgabe in der Hand, wurde mir einiges klarer, so
entschied ich mich, einige Tage danach in die Friedrich-Ebert-Stiftung zum
“Auftritt“ des – drei Jahre später ermordeten - Ministerpräsidenten Serbiens zu
gehen, widerwillig zwar, aber trotz allem fest entschlossen, ihn mit diesem
Artikel zu konfrontieren. Der Premier Djindjic saß im Podium mit dem damaligen
Wirtschaftsminister Serbiens, dem ich auch einige Fragen wegen der
Entschädigung aus dem II WK stellen wollte, so zappelte ich ungeduldig in der
ersten Reihe sitzend und konnte das Ende der Bla-blas
von allen Seiten, serbischer wie auch deutscher, kaum abwarten. Lieber Gott,
soviel Schmeicheleien habe ich selten in meinem Leben erlebt.
Nun konnte man endlich Fragen stellen, und bevor ich mich versah, wurde „meine“
Frage von einem der anwesenden Studenten gestellt. Die Reaktionen aller im
Podium hätte man wirklich mit einer Kamera aufnehmen müssen; der Premier fing
zu stottern an, guckte hilfesuchend mal nach links, mal nach rechts, aber alle
Köpfe der Stiftungsvertreter waren zum Tisch gesenkt und jeder tat so, als ob
etwas sehr wichtiges auf dem Tisch zu suchen wäre. Und
er traute sich trotzdem, glatte Lügen auszusprechen, er verneinte fast alles,
was der Spiegel veröffentlicht hat. Am Liebsten hätte
ich, wenn es nicht um eine Tragödie in meinem Land gegangen wäre, lauthals
gelacht und Beifall geklatscht. Welch ein Schauspiel, was für ein
Schauspieler?!
Der Artikel im Spiegel veranlasste mich, weiter zu forschen und zu
recherchieren, so „verschlang“ ich alles, was mir unter die Finger kam und konnte
einige Monate später, vor der Auslieferung des Präsidenten Milosevic nach Haag,
in einer kroatischen Zeitung die Aussagen einiger direkter amerikanischer
Akteure lesen, die das - worüber Der Spiegel schrieb - bestätigten. Von Mitte
1999 bis Ende 2000 haben Organisationen der amerikanischen Administration, in
erster Linie CIA, etwa 40 Millionen Dollar, ausgegeben, um auf verschiedenen
Wegen die Opposition zu finanzieren, so sollte diese „offene Operation, die
gleichen Bedingungen für beide Seiten schaffen“. Ein Modell der „Unterstützung“
waren auch regelmäßige Treffen in Szeged in Ungarn mit „Schlüsselpersonen der
Opposition, wo sie direkt auf die Hand Gelder bekamen“. „Die Einmischung der
amerikanischen Nachrichtengemeinschaft in die Wahlen war substantiell.
Washington hat alle Instrumente unserer nationalen Macht genutzt, damit das
Ergebnis den Wünschen der USA entspricht“, so hat ein damaliger CIA-Operateur
auf dem Balkan die Operation Foreign Affairs erklärt.
Eine wichtige Rolle bei der Operation haben auch verschiedene NGO-s gehabt, die
wichtigste IRI (International Republican Institute),
finanziert von der amerikanischen Regierung, mit deren Hilfe mehr als 15000
Aktivisten ausgebildet wurden, die als „Wahlhelfer“ die Wahllokale
„unterstützen“ sollten. Nachdem die ersten offiziellen Resultate veröffentlicht
wurden, mit knappem Vorteil für Milosevic, haben sich diese „Beobachter“
gemeldet, die das angeblich richtige Resultat präsentierten. „Die Operateure“
waren damals sehr zufrieden, man habe ja mit der Kombination „offener“ und „geheimer“ Taktiken zu einem „positiven Ergebnis“
geführt, dies hätten ihnen später die meisten führenden Köpfe der Opposition
bestätigt: „Ohne die Hilfe aus dem Ausland, hätten sie nie ihr Ziel erreicht“.
Auf einen zweiten Wahlgang wollte sich die Opposition nicht einlassen,
angeblich, um Milosevic keine Chance zu geben, die erneute Wahl zu
manipulieren, stattdessen zündete und plünderte man das schöne alte
Parlamentsgebäude und schmiss die Wahlzettel aus dem Fenster auf die Straße.
Und dann bekam unser Präsident Anfang Oktober auch einen „brüderlichen“ Anruf,
der ihm nahelegte, abzudanken, wenn er kein Blutvergießen unter seiner
Bevölkerung verursachen möchte. Eher wäre er an Ort und Stelle tot umgefallen,
als Blutvergießen unter den Serben zu verursachen, so bezeugen seine
Weggefährten, und ich glaube ihnen aufs Wort. Soviel über die „demokratische
Wahl“ des neuen jugoslawischen Präsidenten im September 2000.
Der nichts ahnende und nichts wissende Kostunica,
wusch seine Hände in Unschuld auch einige vor der Auslieferung des Präsidenten,
als sich dieser unter Todesandrohung, durch Bombenabwurf aus der Luft auf seine
Villa, entschloss, sich in der Nacht vom 31. März auf den 01. April 2001 zu
ergeben, um Dutzenden anderer das Leben zu retten. Einige treue Seelen, die ihn
damals unter Einsatz des eigenen Lebens schützten, bezeugen auch heute, nachdem
sie Jahrelang nach diesem Ereignis selbst vor Gerichten kämpfen mussten, um
eigene Unschuld zu beweisen - schuldig, weil sie ihren Präsidenten schützten -
dass der Präsident zum Abschuss freigegeben wurde und dass man hier nicht über
seine Verhaftung, sondern über einen Mordversuch sprechen muss.
Was war geschehen? Der Premier der „neugewählten“ Regierung Jugoslawiens bekam
schon Monate vor dem 31. März. 2001, bei einem Geheimtreffen (
Albright-Djindjic ) am Genfersee, die Order seiner
Mentoren aus dem Ausland, den „besiegten“ Präsidenten bis zum genannten Tag zu
verhaften, also, musste man sofort mit den Vorbereitungen anfangen, um den
Befehl auch so schnell, wie nur möglich, auszuführen.
Präsident Milosevic wurde vor Ultimo mehrere Tage in seinem Haus, in dem sich
auch seine ganze Familie aufhielt, belagert, an seiner Seite nur seine
persönlichen Wachen; eine sehr kleine Zahl Parteigenossen wechselte sich
während dieser Tage ab, und einige Soldaten wachten vor dem Haus. Auf der
Straße vor dem Haus aber sammelten sich immer mehr Bürger, die bereit waren,
ihren Präsidenten mit eigenem Leib zu schützen. Die Situation spitzte sich mit
der Zeit beängstigend zu, als, auf wessen Order auch immer, die
Armeespezialeinheit - die Garde, die das Grundstück zu schützen hatte –
abgezogen wurden und, obwohl man das Polizeiaufgebot (
darunter auch Anhänger von Slobodan Milosevic ) außerhalb des Grundstücks
vergrößerte, Vermummte (?) auf das Grundstück eindrangen. Dadurch wurden die
Volksmassen auf den Straßen unruhiger und ungeduldiger, es bestand große
Gefahr, dass sich die unterschiedlichsten Gruppen untereinander bekriegen
könnten. Die Absicht, dass es zum Blutvergießen kommt - noch ein Versuch, den
Präsidenten zu diskreditieren und zu beschuldigen, wurde immer auffälliger.
„Serbisches Blut darf nicht durch Serben vergossen werden“, waren die Worte des
Präsidenten Milosevic, als befürchtet wurde, dass das Haus wirklich von
Spezialeinheiten - wie angedroht - bombardiert werden könnte, bevor er sich
entschloss, sich zu ergeben. Und ausgerechnet von den Spezialeinheiten, die ihm
bis einige Monaten davor unterstellt waren, die jetzt einem anderen „Präsidenten“
gegenüber Gehorsam zeigen mussten ( einige davon hat
man nicht mal zwei Jahre später wegen der „Ermordung“ des Premiers für schuldig
befunden und verurteilt ), wobei nicht nur er und alle, die mit ihm im Haus
waren, hätten getötet werden könnten, sondern auch eine große Zahl Bürger die
dicht am Zaun des Grundstücks gegen seine Verhaftung demonstrierten. So
verabschiedete sich der Präsident von seiner bestürzten Familie, seinen Wachen
und seinen Parteigenossen und ging freiwillig ins Zentralgefängnis, berichten
heute damals anwesende Zeugen; er wurde nicht verhaftet, wie die Gegenseite es
gerne gesehen hätte und heute noch immer wieder in der Öffentlichkeit
darstellt.
Zwei Tage nach diesem, für jeden wahren Serben erniedrigenden, beschämenden
Vorfall, legte Präsident Milosevic eine schriftliche Beschwerde gegen seine
Inhaftierung ein – vor einigen Tagen durch den Rechtsanwalt der Familie
Milosevic in der Öffentlichkeit vorgelesen, die der Präsident unter anderem so
begründete:
Weiter ersucht der Präsident, freigelassen zu werden,
um sich in Freiheit verteidigen zu können, und schreibt in diesem Zusammenhang:
Nichtmal ein gutes Jahr
später schrieb der Präsident aus dem Haager Gefängnis an seine Partei
folgendes:
Sein Text geht auch weiter, die Mitglieder seiner
ehemaligen Partei, an die seine Worte gerichtet wurden, werden sich an die
Fortsetzung erinnern, viele, und gerade die, die es unbedingt tun sollten,
werden sie bestimmt vergessen oder verdrängt haben.
Ich setze so fort, wie ich´s persönlich, obwohl aus einer Distanz vom fast 1500
km, innerlich doch sehr verbunden, erlebt und wahrgenommen habe. Mein Vertrauen
in seine, auch meine Partei, wurde durch die Tatsache, dass er im Haager Kerker
einsitzt, nicht gemindert, meine Überzeugung blieb unverändert, dass die
Sozialistische Partei Serbiens im Kampf, den sie sich auf die Fahne geschrieben
hat, ausdauern und ihn unumstößlich weiterführen wird, nicht nur für den
Präsidenten und sich selbst, sondern wegen, und in erster Linie, wie sie immer
noch behauptete, für das serbische Volk. Leider, wurde nicht nur ich und eine
sehr große Zahl anderer Mitglieder und Bürger enttäuscht, am schlimmsten war
es, denke ich und kann es ohne weiteres leicht nachvollziehen, für ihren,
meinen, unseren Präsidenten. Ein Dolch mitten ins Herz, als die SPS den
Parteiweg der Nationalen Einheit verließ, mit der Begründung, so die Interessen
der Partei zu schützen. Statt einer starken Opposition zu der
Marionettenregierung degradierte sie sich selbst zu einer. nur noch nach außenhin, so als ob wirkenden, im Grunde aber der DOS-
dienlichen Partei ( DOS/Demokratische Opposition Serbiens ), wohl wissend, dass
die eigentlichen Lenker der Landes im feindlichen Ausland zu finden sind – die,
die sich einbilden, die Völker, die sich ihnen widersetzen, ihrem Diktat
unterwerfen und über sie herrschen zu können, um so ihre Versklavungs- und
Kolonialisierungsziele zu verwirklichen.
In einem Interview sagte Slobodan Milosevic einmal zu einem Journalisten:
„Wissen Sie, man kann Ihnen, wenn man stärker ist als Sie, alles nehmen, auch
das Leben, aber die Ehre, die können Sie sich nur selber nehmen!“ Wenn ich die
beiden Ausgaben der „Briefe für Slobo“ vor mir habe,
in denen Hunderte Postkarten und Briefe aus aller Welt in fast allen
Weltsprachen, die meinem Präsidenten ins Gefängnis in Haag geschickt wurden,
auch unser Brief aus Berlin zu seinem 60.Geburtstag ( übrigens nur einen Tag
vor meinem ) ist dabei, denke ich, er muss trotz allem, als glücklicher Mensch
gestorben sein, selten ist ein Präsident zu Lebzeiten zur Legende geworden.
Ruhe in Frieden, mein großer Präsident, es wird eine Zeit kommen, es ist schon
sichtbar, dass sie kommt, wo das Gericht der Geschichte ein gerechtes Urteil
über Dich sprechen wird, und Deine Landsleute stolz darauf werden, zu Deiner
Zeit gelebt und Dich als Präsident gehabt zu haben. Ich bin es nicht nur
damals, vor dem Haager Tribunal gewesen, als ich mir die Seele aus dem Leibe
schrie bei den Demonstrationen, gegen die Ungerechtigkeit an Dir und unserem
Volk, heute empfinde ich es noch intensiver, heute empfinde ich es auch noch
als meine Pflicht den jungen Generationen gegenüber, besonders den kommenden, über
Dich zu berichten und zu schreiben.
Nach dem Putsch im Oktober 2000 vereinten sich in meinem Land einige Gruppen
autochauvinistischer Marionetten, die sich an der Macht abwechselten, die das
Land beinahe gänzlich ruinierten, genauso, wie es Präsident Milosevic bei
seiner letzten Ansprache an die Bevölkerung, am 05. Oktober 2000,
prognostizierte, nachdem er „begriffen“ hat, die Wahl „verloren“ zu haben. Was
jahrelange Sanktionen und Kriege davor nicht geschafft haben, wäre diesen
Marionettenregierungen fast gelungen. Zum Glück begriff das Volk, das Schluss
sein muss, mit Unterwürfigkeit und Stiefellecken und zeigte den a-kriechenden
Verrätern vor neun Jahren die rote Karte; die so genannte Opposition besteht
heute aus winzigen Resten der ehemaligen Regierungen und schafft es nicht
einmal in das Serbische Parlament. Doch, die Mentoren
aus dem Ausland lassen sich nicht breitschlagen, jede Situation, gut oder
schlecht, spielt keine Rolle, ist eine gute Gelegenheit für die „westliche
Wertegemeinschaft“, das Land unter Druck zu setzen und es zu erpressen, und die
so genannte Opposition kräht aus vollen Hälsen nach.
In Serbien spekuliert man dieser Tage darüber, zu welchem Preis wohl der Kopf
Milosevics verkauft wurde - ob es Millionen oder Milliarden waren. Es melden
sich immer mehr „Insider“ zu Wort, bekannte und unbekannte, zuverlässige und
weniger zuverlässige, und allesamt behaupten, es zu wissen, oder jemanden zu
kennen, der es weiß. Manch einer liefert Informationen aus „erster Hand“, manch
einer liefert wahre Beweise. Wie auch immer, der Preis liegt zwischen 106
Millionen DM, in direkter Linie zum größten Teil von der amerikanischen
Administration finanziert, bis zu 11 Milliarden Dollar, wie ein serbischer „Verhandler“ behauptet, der im Namen der verräterischen
Regierung die „Verhandlungen“ mit den internationalen Finanzinstitutionen
führte und mit der er ständig in Absprache
stand. Dieser sagte kürzlich in einem Interview gegenüber einer serbischen
Zeitung, dass er statt verkauft lieber getauscht sagen würde und erörtert, dass
hinter allem, ohne Zweifel, die USA standen und dass Serbien hat nichts tun
müssen, sondern, dass die damalige politische „Elite“ so entschieden hätte,
nachdem sie sowohl die guten wie auch die schlechten Folgen ihres Handelns in Betracht
zog. Jeder seiner drei Gesprächspartner in der „serbischen“ Regierung soll
seiner Meinung nach, nach unterschiedlichen Kriterien entschieden haben und
verfolgte eigene Interessen.
Der größte Teil dieser Riesensumme, ca 66%, soll die
Abschreibung damals geltender Kredite ausgemacht haben, der Wert des Tausches
wäre am besten erkennbar, wenn man bewerten würde, was verloren gewesen wäre,
wenn der selbe nicht stattgefunden hätte. Wie hoch aus ökonomischer Sicht wären
da die Opportunitätskosten? – Die Abzahlung der damals nicht abgeschriebener
Kredite ist auf das Jahr 2041 befristet!
Was es die Verhaftung des Präsidenten betrifft, so habe man sie unter Druck der
Resolution des Amerikanischen Kongresses
durchgeführt, die den 31. März als den Tag bestimmte, an dem der amerikanische
Präsidenten zu berichten hatte, ob Serbien seiner internationalen Pflicht
nachgegangen sei, damit die Fortsetzung der finanziellen Unterstützung vom
Kongress genehmigt werden kann.
Und weiter im Wortlaut, dass die Bedingung für Verhandlungen Milosevics
Auslieferung war, dass seine Verhaftung nur eine Vorstufe davon gewesen sei,
war allen Beteiligten eindeutig klar, es wäre eine große Blamage für die
amerikanische Administration gewesen, nachdem sie in die Gründung des Tribunals
in Haag soviel investiert hat, den Hauptangeklagten
dort nicht einsitzen zu sehen. Serbien soll alles bekommen haben, was es haben
wollte und er selbst würde alles wieder genauso machen.
Armes Land, das seinen regulär gewählten, langjährigen Präsidenten an Feinde
ausliefert, um Opportunitätskosten zu sparen, um am Ende seine Souveränität und
noch weitere Teile seiner selbst zu verlieren. Es fällt mir gerade in diesem
Zusammenhang ein Sprichwort ein, dass ich mal vor Jahren von einem meiner
Landsleute gehört habe, das da sagt: „Geld bohrt da ein Loch, wo es ein Bohrer
nicht schafft!“ Für mich erschütternd und an Armseligkeit kaum zu überbieten,
kein Mensch verdient es, verkauft oder getauscht zu werden, für kein Geld
dieser Welt, insbesondere nicht dieser Präsident!
Übrigens, die 4,5 Milliarden, die Slobodan Milosevic veruntreut haben soll,
wurden, obwohl 20 Jahre seit seiner Auslieferung und 15 Jahre seit seinem Tod
vergangen sind, nie gefunden!
Auszüge aus der Rede des Präsidenten Milosevic vom 28. Juni 1989
12 Jahre vor seiner schamlosen Auslieferung den Feinden in die Hände, am 28.
Juni 1989, zum 600-jährigen Gedenktag der Kosovo-Schlacht, sprach Präsident
Slobodan Milosevic in Kosovo Polje (Amselfeld) zu eineinhalb Millionen Bürger
Jugoslawiens und jeder, der dabei war, war begeistert von dem, was er hörte.
Der Wortlaut der Rede ist so faszinierend vorausschauend gewesen, dass ich am Liebsten die ganze Rede hier wiedergeben würde, nun werde
ich aber, die markantesten Teile, die ihn als den Präsidenten bestätigen, der
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