Westerwelle - ausgewogene Einseitigkeit!
von Evelyn Hecht-Galinski

 

Außenminister Westerwelle hat wieder einmal ein Kunststück vollbracht. Es gelang ihm in neun Sekunden die deutsche Außenpolitik gegenüber Israel zu erklären: Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung und die Pflicht seine Bürger zu schützen. Das hörten wir auf allen Kanälen während seines Israel-Besuches, als er neben seinem Freund und israelischen Kollegen Lieberman stand. Ganz im Geiste von Kanzlerin Merkel, die diese ausgewogene Einseitigkeit gegenüber Israel ja schon seit Beginn ihrer Kanzlerschaft pflegt.

Man vergisst wie immer Ursache und Wirkung. Palästinenser haben das Recht auf Widerstand, ja sie haben sogar die Pflicht, ihre in Gaza eingesperrte Bevölkerung aus ihrer Hoffnungslosigkeit zu befreien. Am vierzehnten November unterbrach die israelische Angriffsarmee die zweitägige Waffenruhe und mordete gezielt. Seit diesem Tag tötet die Armee der israelischen Regierung gezielt die wehrlose Bevölkerung im Gazastreifen - ein brutaler Angriff als Wahlkampfhilfe für zionistisch/rassistische Politiker, gegen jedes Völkerrecht!

Wie ist es möglich, dass besonders deutsche Medien so verdreht über diese brutalen Angriffe berichten? Wie ist es möglich, dass dieses Massaker an der palästinensischen Bevölkerung hier so hingenommen wird? Das zionistische System hat nicht "chirurgisch sauber" gearbeitet, wie man uns immer weismachen will. Nein sie haben gezielt falsche Häuser bombardiert und willkürlich palästinensische Frauen und Kinder und Zivilisten getötet. Wer gibt ihnen das Recht, Herr über Leben und Tod zu spielen? Meinen sie wirklich dass sie so ausgewählt sind, dass "Gott-Jahve" sie dazu befähigte? Ist es nicht Blasphemie, einen Gott dafür zu missbrauchen?

In den letzten Tagen wurden durch diese "falschen" Angriffe ganze palästinensische Familien, mit Frauen und Kindern, Schwangeren und Stillenden zerbombt. Der dicht besiedelte Gazastreifen lässt kein Entfliehen zu, es gibt auch keine Luxusbunker, wie vor Jahren von russisch/jüdischen Oligarchen in Sderot medienträchtig gesponsert. Zumal die israelische Kriegsarmee die Bewohner des Gazastreifens auffordert, in ihren Häusern zu bleiben. So bleibt der schutzlosen palästinensischen Bevölkerung nur, auf das Glück zu hoffen, nicht durch die israelischen Angriffe ermordet zu werden.

Auch die deutsche Filiale des jüdischen Staates, vertreten durch Zentralratspräsident Dieter Graumann, hat sich in einem Interview mit der Süddeutschen gemeldet. Er verurteilte natürlich einseitig die Gewalttaten der Hamas, bezeichnete diese als "Terrorfiliale des iranischen Systems" und forderte die Bundesregierung auf, die diplomatischen Beziehungen mit Iran abzubrechen. Natürlich verteidigte er das Vorgehen der israelischen Armee und - jetzt kommt die Krönung - kritisierte nicht die Kriegsführung, sondern die "Moral in dieser Auseinandersetzung", die asymmetrisch sei, weil die Hamas "zynisch Kinder, Frauen, Zivilisten als Schutzschilde missbrauche" und versuche "die Zahl der Opfer zu maximieren". Das ist so menschenverachtend und unwahr, da sollte sich Graumann doch einmal bei den Hilfsorganisationen schlau machen, die dieses Märchen der israelisch/jüdischen Seite schon seit längerem zurückweisen.

Graumann versuchte auch, das Vorurteil von überlegenen Israelis und schwachen Palästinensern zu widerlegen und wollte der deutschen Bevölkerung wieder einmal die Vergangenheit nahe bringen, indem er folgenden "Instrumentalisierungssatz" benutzte: "Die deutschen Verbrechen wiegen in mancher, verschrobener Wahrnehmung nicht so schwer, wenn Juden auch Verbrechen begehen". Diese schreckliche Sichtweise des Sprachrohrs des israelisch/jüdischen Regimes zeigt die furchtbare Denkweise, die der Zentralrat und die Israel-Lobby haben. Es fehlt ihnen an jeglichem Mitgefühl gegenüber den Besetzten und zementiert die zionistische Politik in Deutschland. Schlimm genug, dass sie die Politiker und Funktionsträger an ihrer Seite wissen.

Sehr spät kritisierte der Abbas-Berater in Deutschland die einseitige deutsche Nahostpolitik. Ebenso Präsident Abbas selbst, ziemlich allein und isoliert in Ramallah, vor dem Scherbenhaufen seiner Politik für die Palästinenser. Endlich braucht es die längst überfälligen Wahlen für das palästinensische Volk, die die Hamas einschließen. Da wird sich zeigen, dass die Palästinenser in der Lage sind, demokratisch zu wählen, gegen korrupte und überholte Politiker!

Ist dieses brutale Massaker außer Wahlkampfhilfe nicht auch eine Übung für einen Angriff auf Iran? Ist es nicht eine Demonstration und Verkaufsveranstaltung für das israelische staatliche Rüstungsunternehmen Rafael Defense System, mit einer Trefferquote von fünfundsiebzig bis neunzig Prozent? Jeder Schuss vom "Iron Dome", dem israelischen mobilen Raketenabwehrsystem, kostet fünfzigtausend Dollar! Ich erwähnte ja schon Ende Oktober in meinem Kommentar das gemeinsame Manöver der USA und Israels. Das war die Übung für "Iron Dome", außerdem für die Raketenabwehrsysteme Arrow zwei und Patriot. Außerdem wurde noch ein neues System mit dem blumigen Namen "Davids Schleuder" getestet, das Raketen mit einer Reichweite von vierzig bis dreihundert Kilometern abfangen soll. Hier war das Beispiel von "Waffenvorstellungen" und deren Anwendungen, nur das makabere Training für das kommende Massaker.

Es ist also mehr als unanständig, wenn wir immer wieder die Gleichmachung der Angreifer und Angegriffenen vorgeführt bekommen. Hoffen wir, dass durch den Sturm des arabischen Frühlings sich die Großwetterlage so ändern wird, dass das israelische Regime noch einen anderen Wind zu spüren bekommt, dadurch zum "Umfallen" kommt und zum Einhalten gezwungen wird. Es ist falsch, wenn deutsche und andere Politiker behaupten, der jüdische Staat verteidige seine Sicherheit. Nein, er verteidigt nur die Besatzung und das Unrecht, das er schon seit Jahrzehnten täglich begeht! Die ethnische Säuberung muss gestoppt werden, die Angriffe und Massaker des jüdischen Staates müssen sofort gestoppt werden. Keine Waffen und sogenannte Verteidigungssysteme mehr an das Besatzerregime, keine Kooperationen mit diesem Regime. Wir vertreten keineswegs gemeinsame Werte, diese gibt es nicht mit einer zionistisch/rassistischen Gesellschaft, die alle Werte verloren hat.

Unterstützung des Rechtes auf Widerstand für das palästinensische Volk und endlich die Verwirklichung der UNO-Resolution 194, die das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge regelt! Solidarität mit dem palästinensischen Volk und der Bevölkerung in Gaza! Für einen gerechten Frieden in Palästina und einen gemeinsamen demokratischen Staat mit gleichen Rechten für Muslime, Christen und Juden!

Es ist zu hoffen, dass der bei den Verhandlungen in Kairo angekündigte "Überwachungsmechanismus" auch für das israelische Sicherheitskabinett gilt, denn Netanjahu und seine Regierung werden nicht ruhen, bis die Hamas-Regierung und ihre Repräsentanten ausgelöscht sind. (1) Waffenruhe ist kein Waffenstillstand, sondern ein Anfang, aber für wie lange? Mursi und die arabischen Staaten sind viel zu abhängig von westlicher Unterstützung, um frei agieren zu können. Was wird nach zwei Jahren sein? Was kam nach dem letzten israelischen Gaza-Angriff 2008? Die Palästinenser brauchen Sicherheit! Vor allen Dingen müssen die Menschen im Gazastreifen endlich frei von Blockade und Repressalien leben können, dann würde der jüdische Staat keine selbstgebastelten Raketen fürchten müssen. Die vielen tausend Kinder im Gazastreifen, die niemals aus dem größten Freiluftgefängnis der Welt raus konnten, müssen endlich frei wie alle anderen unbesetzten Kinder eine Zukunftsperspektive haben. Palestine has to be free from Jordan until the Red Sea. (PK)

(1) siehe die aktuelle Meldung in der NRhZ und http://www.spiegel.de/politik/ausland/waffenruhe-zwischen-hamas-und-israel-verzoegert-sich-a-868374.html 

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen.

Online-Flyer Nr. 381  vom 21.11.2012