Friedensbündnis Dresden
Tag der Opfer des
Nationalsozialismus
Mitteilung
von Teilnehmern der Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2015
in der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden (ehem. Richthof) zum Tag der Opfer des Nationalsozialismus -
Antifaschisten, die sich als Nachkommen ehemaliger Kämpfer gegen Faschismus und
Krieg, ehemaliger Häftlinge und Ermordeter
in der Pflicht sehen, neuen Entwicklungen von Antikommunismus,
Fremdenhass, Rassismus und Nationalismus
durch Wachsamkeit, Aufklärungsarbeit und Mobilisierung zum Widerstand
entgegenzutreten.
Wir bestehen darauf, dass die gesellschaftlichen Ursachen
für diese verhängnisvollen Entwicklungen nicht verschwiegen, sondern benannt
werden und die Zukunftsperspektive verkündet wird, wie sie im Schwur von Buchenwald vorgegeben ist:
„Die Vernichtung des Nazismus mit
seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und
der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden und
ihren Angehörigen schuldig.“
Wir anerkennen mehrheitlich, dass seitens der Redner auf der
Gedenkveranstaltung die Notwendigkeit des Zurückweisens von Fremdenhass und
Bedrohung Andersdenkender aus unterschiedlichen persönlichen Motiven benannt
wurde, auch wenn so manche Konsequenz offen blieb. Wir sind den Sängern des
Sächsischen Bergsteigerchores Kurt Schlosser für das Lied „Anmut sparet nicht
noch Mühe“ sehr dankbar. Es berührte zutiefst unsere Hoffnungen. Wir mussten
kein „Deutschland über alles“ ertragen.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus in Dresden würdig
und ehrenvoll die Heldentaten der Befreier gewürdigt werden und die Front der
Gegner der gegenwärtigen faschistischen Bewegung und der Beteiligung
Deutschlands an den imperialistischen Sezessions- und Rohstoffkriegen Zulauf
und Stärkung erfährt.
Schon bei diesem heutigen Anlass orientieren wir auf den 70. Jahrestag des Potsdamer Abkommens
der Siegermächte. Die Bundesrepublik schuldet seit ihrem Bestehen in
wesentlichen Bestimmungen seine Umsetzung! Sonst wäre ein
„Nationalsozialistischer Untergrund“ nicht möglich. Sonst würden Antifaschisten
nicht kriminalisiert und verfolgt; usw.
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung Gedenkstätte Münchner
Platz informierte das Dresdner Friedensbündnis an der steinernen Gedenkwand des
Campus über die Erklärung der
Lagergemeinschaften, Komitees und Interessenverbände ehemaliger Häftlinge zum 70. Jahrestag der
Befreiung der Konzentrationslager „ERBE ANTRETEN – VERMÄCHTNIS WEITERTRAGEN“, die
unsere uneingeschränkte Unterstützung findet.
Wir veröffentlichen hiermit diese Erklärung nachstehend.
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Erbe antreten – Vermächtnis weitertragen
Erklärung der Lagergemeinschaften, Komitees und Interessenverbände ehemaliger Häftlinge zum 70. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager
Vor 70 Jahren wurden die Häftlinge der Konzentrationslager durch
Angehörige der sowjetischen, amerikanischen, britischen, französischen und
polnischen Streitkräfte befreit.
Am
19. April 1945 versammelten sich ehemalige Häftlinge des selbstbefreiten
Konzentrationslagers Buchenwald zu einer Trauerkundgebung für ihre ermordeten
Kameraden und erklärten feierlich:
„Wir schwören
deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des
faschistischen Grauens: Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte
Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit
seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und
der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren
Angehörigen schuldig.“
Der
Schwur von Buchenwald ging in die Geschichte ein. Ehemalige Häftlinge anderer
Konzentrationslager, wie Auschwitz, Dachau, Mauthausen, Neuengamme, Ravensbrück
und Sachsenhausen schlossen sich ihm an.
Nach
ihrer Befreiung haben die ehemaligen Häftlinge Interessenverbände aufgebaut und
deren Arbeit jahrzehntelang maßgeblich gestaltet. Sie haben sich in den
zurückliegenden 70 Jahren immer wieder dafür engagiert, eine Wiederkehr
ähnlicher Verbrechen zu verhindern. Sie brachten insbesondere jungen Menschen
ihre Erlebnisse und Erfahrungen in den Lagern nahe. Sie erzählten von dem Leid,
das sie in ihrer eigenen Jugend erfahren mussten, von ihrem Widerstand und dem
ihrer verstorbenen und ermordeten Kameradinnen und Kameraden. Besonders wichtig
war es ihnen, an die Ursachen für diese Verbrechen zu erinnern und die
Täterinnen und Täter beim Namen zu nennen.
In
ihrem Vermächtnis „Erinnerung bewahren
– authentische Orte erhalten – Verantwortung übernehmen“ vom 25. Januar
2009 erklärten KZ-Überlebende, die die internationalen Komitees von neun Lagern
vertraten, öffentlich:
“ … Unsere Reihen lichten sich. In allen Instanzen
unserer Verbände, auf nationaler wie internationaler Ebene, treten Menschen an
unsere Seite, um die Erinnerung aufzunehmen: Sie geben uns Vertrauen in die
Zukunft, sie setzen unsere Arbeit fort. Der Dialog, der mit uns begonnen wurde,
muss mit ihnen fortgeführt werden. Für diese Arbeit benötigen sie die
Unterstüt-zung von Staat und Gesellschaft. … Die letzten Augenzeugen wenden
sich an Deutschland, an alle europäischen Staaten und die internationale
Gemeinschaft, die menschliche Gabe der Erinnerung und des Gedenkens auch in der
Zukunft zu bewahren und zu würdigen. Wir bitten die jungen Menschen, unseren
Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante
Welt fortzuführen, eine Welt, in der Antisemitismus, Rassismus,
Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben sollen. …“
Wir, die Freunde und Mitstreiter, die Hinterbliebenen und Angehörigen
der ehemaligen Häftlinge sowie alle bei uns Engagierten, zusammengeschlossen in
den vielfältigen Interessengruppen, Komitees, Lagerarbeitsgemeinschaften,
Lagergemeinschaften, Initiativgruppen und Freundeskreisen, erklären aus Anlass
des 70. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager, dass wir dieses Erbe
schon lange angetreten haben und das Vermächtnis weitertragen werden.
Wir verstehen uns als Bestandteil jener Kräfte, die die
Erinnerungskultur in Deutschland und auch international mitgestalten sowie
kritisch und engagiert begleiten. Daher fordern wir einen gleichberechtigten
Platz in den Gremien der für die Gedenkstätten zuständigen Stiftungen und
Institutionen.
Wir werden gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der anderen
Häftlings- und Opferverbände, der jüdischen Gemeinden, der Sinti und Roma, der
Zeugen Jehovas, der Schwulen- und Lesbenverbände, der „Euthanasie“- Geschädigten,
die seit vielen Jahrzehnten andauernde Arbeit fortsetzen.
Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um das Vermächtnis
unserer Freundinnen und Freunde, unserer Kameradinnen und Kameraden, unserer
Eltern und Großeltern nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ihre
Erfahrungen und ihr Leiden, ihr Widerstandsgeist und ihre Solidarität, ihr
Kampf und ihre Freude am Leben sind uns Ansporn und Verpflichtung.
Ihre
zentrale Forderung tragen wir weiter:
Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!
26.
Januar 2015
Unterzeichnende Verbände:
Lagergemeinschaft
Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer e.V.
Lagerarbeitsgemeinschaft
Buchenwald-Dora e.V.
Deutsches
Mauthausenkomitee Ost e.V.
Lagergemeinschaft
und Gedenkstätte KZ Moringen e.V.
Lagergemeinschaft
Ravensbrück / Freundeskreis e.V.
Lagerarbeitsgemeinschaft
KZ Sachsenburg e.V.
Sachsenhausen-Komitee
in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Arbeitsgemeinschaft
Neuengamme e.V.
Unterstützer:
Auschwitz-Komitee
in der Bundesrepublik Deutschland e.V.