Friedensbewegung
Aktivist*innen besetzen Truppenübungsplatz Altmark
Bundeswehr soll Kriegsübung stoppen
19.09.2020
Pressesprecherin
Katja Tempel (Bild von JunepA via Flickr)
20
Antimilitarist*innen haben am Vormittag das Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ)
besetzt, um auf die Kriegsvorbereitungen in der Altmark aufmerksam zu machen.
Jährlich üben hier mehr als 20.000 Soldat*innen aus vielen
Nato-Mitgliedsstaaten den Kampfeinsatz im Ausland.
„Krieg beginnt hier“ steht auf einem der Banner.
Die Aktivist*innen
gelangten fast ungehindert auf den 230 km² großen Truppenübungsplatz. Ihr Ziel
war das ehemalige Heidedorf Salchau, dass 1936 für
die Truppenübungsplatznutzung weichen musste. Sie hängten Wäsche auf, begannen
den Boden zu beackern. „Wir machen diesen Ort wieder lebendig und damit
schützenswert, wie die gesamte Colbitz-Letzinger
Heide“ so Helmut Adolf.
„Und
gleichzeitig erinnern wir an alle Menschen, die wegen militärischer Konflikte
Flucht und Vertreibung erleiden mussten“ ergänzt Fedele
Friede.
Einige der
Kinder, die in Salchau aufwuchsen, lebten vor ein
paar Jahren noch. So auch Günter Horn. Als 1936 das Dorf geräumt wurde, um die
militärischen Versuche zu intensivieren, sei das für ihn der Auftakt des
Krieges gewesen. Das sei etwas, was er erst im Nachhinein so sehe. Er erzählte
bei einer Gedenkfeier darüber, wie er als 17-Jähriger eingezogen und an der
Ostfront verletzt wurde und dadurch knapp der russischen Gefangenschaft entkam.
Nach dem Krieg sei er Historiker geworden, „um die Gründe herauszufinden, wie
denn so ein unsäglicher Krieg mit so viel Leid beginnen konnte“, sagte er. Er
wünschte, er hätte es nicht getan, gestand er vor den Zuhörern. Die Gründe für
Kriege mögen manchmal vertretbar sein, wenn es beispielsweise um Schutz des
eigenen Landes gehe, sagte er. „Viel öfter sind sie es aber nicht. Ich kann nur
hoffen, dass Deutschland solche Zeiten nicht mehr erleben muss“, sagte der
90jährige im Jahr 2017. „Bitte vergesst unser Salchau
nicht“, schloss er seine Rede. (Quelle: Volksstimme 2012, 2017)
Daran
knüpfen die Besetzer*innen an: „Nie wieder Krieg“ darin sind sie sich mit
Günter Horn einig und genau deswegen haben sie als Ziel ihrer Aktion Salchau gewählt.
Der Truppenübungsplatz
Altmark zählt mit der genutzten Technik und seiner Größe zu den modernsten der
Welt. Kampfsituationen mit Panzern und im Nah- und Häuserkampf werden geübt und
per Übertragungstechnik an die Auswertezentrale übermittelt und bewertet. In
diesen Tagen übt dort ein Panzerbatallion aus
Thüringen für ihren tötenden Einsatz.
Bewusst wird
die Landschaft vegetationsarm gehalten und Übungsdörfer im Stil der
Einsatzgebiete gestaltet. Im nördlichen Zentrum des Platzes wurde für 140
Millionen Euro ein Feldflughafen und die Kampfstadt „Schnöggersburg“
gebaut. Dort gibt es Wohn- und Elendsviertel, ein Schwimmbad, einen Sakralbau,
die einzige U-Bahn in Sachsen-Anhalt. Hier lässt sich nicht nur der Krieg
anderswo üben, sondern auch die Aufstandsbekämpfung im eigenen Land.
Mit ihren
emissionsreichen Übungen gehören die militärischen Einheiten, die auf dem
Truppenübungsplatz trainieren, zu den größten Klimakillern. Aber nicht nur der
Übungsbetrieb schädigt das Klima, auch die Kampfeinsätze weltweit tragen zur
Klimakrise bei.
Die
„Gewaltfreie Aktion GÜZ abschaffen“ mobilisiert seit 2014 immer wieder zu
Besetzungen des militärischen Gebietes.
In ihr
arbeiten Menschen aus der BI OFFENe HEIDe, dem Jungen Netzwerk für politische Aktionen (JunepA) und weitere engagierte Friedensaktivist*innen mit.
Mit ihrer
Platzbesetzung fordern die Aktivist*innen, die Schließung des
Truppenübungsplatzes, die Abschaffung der Bundeswehr und die verstärkte
Ausbildung und Finanzierung von Friedensfachkräften.
Die Besetzung des Truppenübungsplatzes in der Altmark
dauert zur Zeit noch an.
Seit fast 24
Stunden halten Kriegsgegner*innen der “ Gewaltfreien Aktion GÜZ abschaffen“ das
kleine ehemalige Heidedorf Salchau im Herzen des
militärischen Übungsgeländes besetzt.
Am gestrigen Vormittags war es der Gruppe ohne Schwierigkeiten gelungen den
Platz zu betreten. Sie besiedelten Salchau und
verbrachten den Tag mit Workshops, Lesungen, Einrichten einer Leseecke und
legten einen Friedenspfad aus.
Die
Bundeswehr stoppte ihre Übungen, die Polizei stellte Personalien fest. Trotzdem
verbrachten die 20 Besetzer*innen die Nacht vor Ort unter freiem Himmel Salchau.
Sie
protestieren damit gegen die Kriegsvorbereitungen, die von diesem Platz
ausgehen und fordern die sofortige Schließung des GÜZ (Gefechtsübungszentrum)
und die Rückgabe der Colbitz- Letzlinger
Heide an die Bevölkerung.