Frankreich und Deutschland

Für Europa Achse Paris-Berlin-Moskau entscheidend

Treffen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Bregançon, Frankreich, am Montag 19.8.2019

von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D. am 24.8.19

Erfolgreiches Treffen Macron-Putin in Macrons Sommerresidenz, SZ öde und leer

Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung hat das erfolgreiche Treffen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin mit dem Präsidenten Frankreichs Emmanuel Macron in der Sommerresidenz des französischen Präsidenten am Montag 19.8. verpasst, so wie viele andere internationale Ereignisse, die auf neue internationale Verhältnisse hindeuten. Keine Wahrnehmung, kein Kommentar darüber. So öde und leer manifestiert sich der Ungeist in deutschen Redaktionen.

Macron: Russland im Europarat Stimmrecht zurückzugeben

<Russland ist ein Teil Europas. Frankreich möchte seine internationalen Beziehungen nicht ohne Russland gestalten. Russland sei „ein notwendiger Partner“ und „großer Nachbar“, mit dem Frankreich in einem „offenen, fordernden und respektvollen Dialog“ stehe. Da der „Multilateralismus“ weltweit angegriffen werde, müssten „neue Formen der Zusammenarbeit erfunden“ werden, gemeinsam mit Russland. Die Beziehung Russlands zu Frankreich und zur Europäischen Union sei entscheidend dafür, dass neue Wege gefunden würden.> So klipp und klar aus dem Elysée-Palast. Präsident Macron betont erneut, dass Frankreich sich dafür einsetzt, Russland sein Stimmrecht im Europarat zurückzugeben. „Russland hat seinen Platz in Europa ...“, sagte er.

Unklar bleibt Rolle Frankreichs in der Weltpolitik

Allerdings ist die Rolle Frankreichs in der Weltpolitik von Präsident Macron nicht klargestellt. Wenn es um Sicherheit und Stabilität in Syrien geht, muss sich Frankreich zuerst an das Völkerrecht halten und nicht dagegen verstoßen. Dazu muss sich Paris völlig von den Unruhestiftern und Gewalttätigen im Nahen Osten distanzieren und seine diplomatischen Beziehungen mit der legitimen amtierenden Regierung Syriens wiederherstellen. Was Russland betrifft, müssen die EU-Sanktionen eingestellt werden. Als internationaler Vermittler wird Frankreich von niemanden gebraucht. Der Dialog mit Russland ist von jeder europäischen Regierung, sowohl von der Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch vom US-amerikanischen Präsident Donald Trump direkt zu pflegen, trotz allen Geschreis und gehässiger Propaganda der tendenziösen Mainstream-Medien. Wozu ein Vermittler? Russland ist immer offen gewesen für den Dialog mit allen Ländern der Welt.

EU als Subjekt in der Weltpolitik ohne Fremdbestimmung

Für eine eigenständige Europäische Union als Subjekt in der Weltpolitik ohne Fremdbestimmung ist die Achse Paris-Berlin-Moskau entscheidend, ja unausweichliche Voraussetzung. Wenn Paris den ersten offiziellen Schritt in diese Richtung tut, um die europäischen Beziehungen zu Russland zu normalisieren, sollten sich deutsche Medien nicht in den Weg stellen. Sonst lassen sie sich von fremden Mächten instrumentalisieren gegen das Interesse Deutschlands und Europas.

Wir erleben einen historischen Moment der internationalen Ordnung, der sich durch eine tiefe Krise der Demokratie auszeichnet. Der zeitgenösische Multilateralismus muss verteidigt werden, indem er erneuert wird. Man dürfe „vor der Verrohung der Welt nicht zurückweichen“. So Frankreichs Präsident.

 

Zeit der Feindseligkeit gegenüber Russland vorbei

John Laughland, britischer Doktor der Philosophie (Oxford University), Germanist und Publizist, der an Universitäten von Paris und Rom gelehrt hat, kommentiert sachlich und treffend das bemerkenswerte präsidentielle Treffen Macron-Putin (sinngemäß übersetzt aus dem Englischen d.A.):

<Die Zeit für Blockade und Feindseligkeit gegenüber Russland ist vorbei. Selbst die Substanz des Treffens zeigt, wie sehr sich die Dinge geändert haben. Wenn Emmanuel Macron sagt, dass Russland essentiell ist, um verschiedene Krisen in der Welt zu lösen – Iran, Ukraine, Syrien, der INF-Vertrag – war er dabei, eine 180-Grad-Wende in der Politik Frankreichs und des Westens zu melden. Das heißt, die Weltordnung ist wiederherzustellen. (Krieg, Intervention und Aggression sind definitiv ad acta zu legen, d.A.).

Während der letzten fünf Jahre beharrten nicht nur die EU sondern auch Washington und vor allem London darauf, dass Russland ein Problem sei, nicht die Lösung eines Problems. Das häufig wiederholte Mantra über “eine auf Regeln basierte internationale Ordnung” war eine Art, Russland dafür anzuklagen, solche Regeln zu brechen – über die territoriale Integrität in Ukraine, über chemische Waffen in Syria und Salisbury, und so weiter.

Präsident Macron ging weiter, indem er sagte, dass das Hauptproblem in der Welt nicht länger Russland sei, sondern die Vereinigten Staaten von Amerika. Man muss zwischen den Zeilen lesen, aber hier liegt der Schlüssel. Macron:

Heute erlebt die Welt einen historischen Moment. Wir sollten über Wege nachdenken, diese Welt und diese Ordnung wieder auszubauen. Dies bedeutet, wir sollten neue Kooperationsmechanismen finden, die nützlich für uns alle sein werden. In diesem Fall spielen die Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union eine schlüssige und entscheidende Rolle. Wir glauben an ein Europa, das sich von Lissabon bis Wladiwostok ausbreitet.”

Die Bedrohung des Multilateralismus kommt laut Macron nicht aus Moskau. Sie kommt aus Washington, das vom Nuklearabkommen mit dem Iran zurücktrat, vom INF-Vertrag (der 1987 geschlossene Vertragüber Intermediate-Range Nuclear Forces) und vom Klima-Abkommen. Dies veranlasste, dass das französisch-US-amerikanische Verhältnis ein sehr schwieriges Terrain betrat.

Europa von Lissabon bis Wladiwostok” ist eine klare Anknüpfung zu Präsident De Gaulle's “Europe vom Atlantik bis zum Ural,” was eine gewisse Distanz zu den USA aufzeigte.

 

Anstelle der Feindseligkeit zu Russland, worauf das transatlantische Verhältnis beruht, beruft sich Macron auf eine neue „Architektur von Sicherheit und Vertrauen“ zwischen der EU und Russland. Es fällt schwer, sich eine dramatischere Wende als diese in der internationalen Politik vorzustellen, denn die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind bisher im Gegenteil von offen feindseligen Erklärungen seitens der EU geprägt gewesen.>

Seit 1945 erlebt die Öffentlichkeit eine gezielte, dumme weil unnötige Konfrontation mit Russland (damals die Sowjetunion), eine verkehrte Welt unter dem Diktat des Westens, zuerst mittels des von den USA und ihren Vasallenregierungen konstruierten Kalten Kriegs, dann das Trugbild eines aggressiven Russlands nach der kurzen Ära Gorbatschow/Jelzin. Diese verkehrte Realität ist jetzt endlich zu erkennen, gerade deshalb, weil das US-Diktat der aufeinander folgenden US-Regierungen Clinton/Bush/Obama/Trump immer noch rund herum versucht, eine Friedensordnung in Europa, ja eine europäische Sicherheitsordnung zu verhindern, obwohl es eine rein europäische Angelegenheit ist.

 

Widerstand Deutschlands und Europas ist angesagt

Mittels Druck und Erpressung betreibt die US-Administration eine Unterwerfungspolitik der EU-Staaten. Gegen diese US-Politik der erpresserischen Unterwerfung ist Widerstand angesagt, Deutschlands und Europas Widerstand. Dazu müssen sich die Deutschen emanzipieren. Gegen das Unrecht, gegen eine unmenschliche Politik ist Widerstand angesagt! Die amtierende CDU/CSU/SPD-Regierung hat sich dessen schuldig gemacht, umso mehr da sich ihre CDU-Volkspartei als christlich bezeichnet!

Menschenrechte”, “Demokratie” und “Freiheit” als Tarnung

Westliche Länder haben sich daran gewöhnt, “Menschenrechte”, “Demokratie” und “Freiheit” als Tarnung zu benutzen, um unzählige Attentate durch Kriege und Massaker in deren Namen zu verüben. Fakten, nicht Parolen zählen. Die Fakten sprechen für sich selbst und klagen die Attentäter an. Sie diskreditieren den Westen vollständig. Wir erleben die Degeneration des Rechtsstaates in ein Unrechtsregime durch den Bruch von Recht und Grundgesetz. Präsident Macron sprach diese „Verrohung“ an.

Gemeinsame europäische Sicherheitsordnung

Ein „starkes Europa“ erfordert, sich für eine starke einheitliche europäische Außenpolitik einzusetzen als die wichtigste außenpolitische Aufgabe der EU-Regierungen. Ein deutsch-russischer Vorschlag für eine gemeinsame europäische Sicherheitsordnung liegt seit der Kohl/Genscher-Regierung im Kanzleramt und im deutschen Außenministerium, aber kaum ein Außenpolitiker geht darauf ein, obwohl die Verwirklichung dieser gemeinsamen europäischen Sicherheitsordnung gewiss von einem emanzipierten Deutschland und einem starken Europa abhängt. Hier muss Paris anknüpfen, und Berlin darf nicht länger vernachlässigen, dieses europäische Sicherheitsprojekt zusammen mit Russland und Frankreich zu verwirklichen.

Der vormalige außenpolitische Berater von Kanzler Gerhard Schröder, der deutsche Diplomat Michael Steiner, Botschafter Deutschlands bei den Vereinten Nationen und zuletzt Botschafter in Indien, bestätigt diesen wichtigen Standpunkt, indem er sachlich argumentativ für die Notwendigkeit einer echten starken Außenpolitik Europas plädiert. „Dies setzt zwingend eine starke Europäische Union voraus.“ („Nur ein starkes Europa kann seine Werte und seinen Wohlstand schützen.“ von Michael Steiner, SZ 8.1.18) Hiermit hat die SPD den Ansatzpunkt, sich in der Koalition für ein rechtmäßige starke Außenpolitik durchzusetzen.

Die Zeit für fremde transatlantische Dominanz, Bestimmung und Manipulation ist vorbei

Die andauernden Auseinandersetzungen in der Ostukraine, der Umgang mit Russlansd, der terroristische Krieg in Syrien, der Handelsstreit zwischen den USA und China und die Eskalation zwischen Washington und Teheran sind Gesprächsthemen für das G-7 Treffen in Biarritz an diesem Wochenende (24./25.8.). Die Rückkehr Russlands zum Gipfel der Industrieländer wird von Frankreichs Präsident Macron befürwortet. So wie niemand für die USA spricht, außer die USA selbst, darf niemand für Europa oder Frankreich sprechen außer die europäischen Regierungen und Frankreich selbst. Die Zeit für fremde transatlantische Dominanz, Bestimmung und Manipulation ist vorbei. Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass die ungerechten Sanktionen gegen Russland von einer US-Regierung bestimmt und angeordnet wurden. Die EU zeigte sich erbärmlicherweise infantil, als sie sich dagegen nicht behauptete.

Erfolgreiche Besuche Putins in europäischen Hauptstädten

John Laughland weiter: <Die Wende beim präsidentiellen Treffen in Bresançon kam aber nicht von allein. Putins Besuche in europäischen Hauptstädten sind erfolgreiche Ereignisse, (die leider hierzulande unbeachtet blieben, d.A.). – Der russische Präsident fuhr nach Rom in Juli, wo die Liga Nord wie die 5-Sterne-Bewegung freundlich zu Russland sind; er war in Wien letztes Jahr, wo der damalige Vizekanzler ein dezidierter Unterstützer Moskau war, und dessen Außenministerin Putin zu ihrer Hochzeit in August 2018 eingeladen hatte, wo beide tanzten; und Putin besuchte Finnland, das derzeit die EU-Präsidentschaft innehat. Von dort direkt nach Frankreich für das präsidentielle Treffen mit Macron am Montag 21. August.>

Diese Reihe von internationalen Ereignissen zeigt, dass sich die Dinge geändert haben, nicht zuletzt in der Ukraine und Syrien, zwei neuralgische Krisen-Punkte. In der Ukraine öffnet sich nach Petro Poroshenko ein kleines Zeitfenster der Gelegenheit für ein Friedensabkommen, während in Syrien die syrische Armee den Krieg gewonnen hat und das ursprüngliche Ziel des Westens, Assad zu stürzen, in Lumpen zerfetzt wurde.

Die europäischen Attacken auf die Moskauer Innenpolitik klingen höchst scheinheilig im Licht der fürchterlichen Gewalt, die die französische Polizei auf die demonstrierenden Gelbwesten ausübt.

Das humanitäre Gerede über Syrien ist sicherlich genauso absurd und scheinheilig in Anbetracht, was wir über den missbräuchlichen westlichen Überfall auf Libyen 2011 wissen und die Untaten der Dschihadisten in Syrien, die von westlichen Ländern unterstützt werden. Das Gespräch des Präsidenten Frankreichs mit einem höchst professionellen Gast wie Wladimir Putin in Bresançon signalisiert einen glorreichen ruhmvollen Sommer nach einem langen Winter von Stagnation und Unzufriedenheit in Europa.

Substanz und klare Positionen von den Verantwortungsträgern in der EU gefragt

Am aller wichtigsten ist es jetzt, dass die neuen Weichenstellungen für die Weltpolitik auf der Grundlage des Völkerrechts stark und firm bleiben. In diesem Zusammenhang sind die Worte von Emmanuel Macron zu verstehen: „Wir müssen den Schwung der G7 wiederfinden, das man sich wirklich austauscht und Dialoge führt, in denen man wirklich etwas sagt.“ Er selbst habe schließlich genug an Verhandlungen über Dokumente mitgearbeitet, „die am Ende keiner liest und die das Ergebnis von endlosem Zank“ seien. Damit ist klar, was neben Macron sicherlich alle Europäer erwarten: Substanz und klare Positionen von den Verantwortungsträgern, um die internationalen Krisen richtig anzupacken. Europa ist dazu gefragt, nicht die USA.