Kommentar vom Hochblauen zum Gedicht von Günter Grass und dessen Folgen
Kollektive Oster/Pessach-Treibjagd ist eröffnet

Von Evelyn Hecht-Galinski

Ist Deutschland eigentlich noch zu retten? Mir scheint, dass sich hier in unserem Land eine gefährliche, erschreckende und hoch ansteckende Krankheit verbreitet - der Virus der Duckmäuser und Nachplapperer. Hat es nicht Tradition, Dichter und Denker zu verdammen, oder sie in die Emigration zu schicken? Schrieb nicht ein großer Vorgänger von Günter Grass, nämlich Carl von Ossietzky sinngemäß, nicht wer den Dreck verursacht, sondern der, der auf den Dreck hinweist, wird verdammt.

Wurde Thomas Mann, als er endlich den Nazis widersprach und mit seiner jüdischen Frau emigrierte, nicht auch in Deutschland verleumdet? Auch er ein Literaturnobelpreisträger, dem man zuhörte und der dadurch eine besondere Gefahr darstellte. Und nun haben wir endlich wieder einen Literaturnobelpreisträger, dem man zuhört. Stellt er deshalb auch eine Gefahr dar? Möge er noch viele Gedichte schreiben, die uns aufrütteln und uns zum Nachdenken anregen! Schwieg er, wie viele andere Intellektuelle, nicht viel zu lange? Warum eigentlich?

Ich fragte mich immer mal wieder, warum schweigt die geistige Elite, wenn es um Israel geht? Warum stehen wir, die es wagen den Mund aufzumachen, so allein? Gerade Günter Grass, ein Idol meiner Jugend, von der Blechtrommel bis zu allen seinen Spätwerken, hielt sich in diesem Punkt immer sehr zurück. Grass zog zwar für die SPD in den Wahlkampf, die sich auch sehr gern mit ihm schmückte, aber ihn jetzt kalt abserviert.

Drei Zeitungen veröffentlichten sein unten stehendes Gedicht, nämlich - welche Überraschung! - die Süddeutsche Zeitung, The New York Times und La Republica aus Rom. Klar, ein Mann wie Günter Grass verspricht Auflage, also druckten sie sein Gedicht. Man kann ja danach immer noch über ihn herziehen und ihn verdammen. Der Feuilleton-Krieg ist jedenfalls eröffnet und wird auch über die Oster/Pessach-Tage der Auflage gut tun.

Kurz nach 6:00 Uhr gestern morgen hörte ich von dem Gedicht und war begeistert! Weniger begeistert, war ich, als ich hörte, wer der erste Treiber war, der zur Jagd blies. Der beutedeutsche Pornoverfasser. Klar, der versteht sich aufs Jagen, aber dem Literaturnobelpreisträger brüchige Verse vorzuwerfen, grenzt schon an Blasphemie. Wer hier zu Größenwahn neigt, lassen wir einmal dahingestellt, aber nicht Grass hat ein Problem mit Juden, sondern Broder mit den Deutschen. Grass ist keineswegs der Prototyp des gebildeten Antisemiten, sondern einer der wenigen deutschen Dichter und Denker in den Fußstapfen von Heine, Goethe, Schiller und Fried. Ach hätten wir doch mehr von diesem Kaliber! Sicher findet Grass seinen Seelenfrieden auch mit dem jüngsten Aufgebot eines Rumpelstilzchen und dessen schon an das Obszöne grenzenden Speiungen.

Der Brechreiz, der mich überkommt, wenn ich die wüsten Rundumschläge dieser Israel-Versteher und Pro Israel-Politiker aller Couleur lese, lässt mich ernsthaft zweifeln, ob es diese Vertreter ihrer Zunft verdient haben, noch mal gewählt zu werden. Wofür sitzen sie im Bundestag? Um ihre Versorgung durchzusitzen und uns als Bürger einfach zu vergessen? Wollen wir Israels Sicherheit als Staatsräson, wenn es Angriffskriege und Präventivschläge plant - alles natürlich im Namen der Selbstverteidigung? Israel - dank auch unserer und der US-Hilfe bis an die Zähne bewaffnet - ein Atomstaat, der den Weltfrieden bedroht. Kommt es wirklich zum Erstschlag gegen den Iran, werden auch wir da hineingezogen. Wollen wir das? Werden wir gefragt?

Endlich hat es Günter Grass ausgesprochen - nur Fakten, aber das ist schon zu viel. Israel, der jüdische Staat, instrumentalisiert den Begriff des Holocaust aufs Schändlichste und schämt sich nicht, im Angedenken der ermordeten Juden, alle Juden für seine Zwecke zu missbrauchen. Warum, so frage ich, geht nicht ein Aufschrei durch die Parteien und den Blätterwald, um Günter Grass zu unterstützen? Weil es immer wieder die Vermischung von Antisemitismus und Antizionismus gibt, durch die man es immer wieder schafft, allen Kritikern den Maulkorb zu verpassen. Mussten nicht schon so viele Intellektuelle Israel verlassen, weil ihnen dort die Lebensgrundlage entzogen wurde? Für das, was Günther Grass als Literaturnobelpreisträger sagen musste, gebührt ihm der FRIEDENSNOBELPREIS!
(PK)