DEUTSCHE BUNDESBEAMTE FORDERN BUNDESREGIERUNG AUF, WAFFENLIEFEREUNGEN AN
ISRAEL EINZUSTELLEN
Sehr geehrter
Bundeskanzler Olaf Scholz,
sehr geehrter
Wirtschaftsminister Robert Habeck,
sehr geehrte
Außenministerin Annalena Baerbock,
sehr geehrter Justizminister
Marco Buschmann,
sehr geehrter
Finanzminister Christian Lindner,
sehr geehrte
Entwicklungsministerin Svenja Schulze,
wir richten uns
an Sie, weil wir als Bundesbeamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst
den Fundamentalprinzipien des Grundgesetzes verpflichtet sind. Art. 25 Satz 1
GG erteilt einen generellen Rechtsanwendungsbefehl in Bezug auf das
Völkerrecht. Diese Vorschrift bewirkt nach Aussage des BVerfG, dass „die
allgemeinen Regeln des Völkerrechts ohne ein Transformationsgesetz, also
unmittelbar, Eingang in die deutsche Rechtsordnung finden und dem deutschen
innerstaatlichen Recht im Range vorgehen.“ Israel begeht in Gaza Verbrechen,
die im evidenten Widerspruch zum Völkerrecht und damit zum Grundgesetz stehen,
dem wir als Bundesbeamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst
verpflichtet sind. Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt politisch,
wirtschaftlich und militärisch die völkerrechtswidrige Politik Israels in Gaza
und den weiteren völkerrechtswidrig besetzten palästinensischen Gebieten. Es
ist daher unsere Pflicht als Beschäftigte des Bundes, diese Politik der
Bundesregierung zu kritisieren und daran zu erinnern, dass die Bundesregierung
strikt die Verfassung und das Völkerrecht zu beachten hat.
Fast sechs
Monate ununterbrochener und exzessiver militärischer Gewalt seitens der
israelischen Besatzungsarmee (IOF) gegen die palästinensische Zivilbevölkerung
haben zu insgesamt über 100.000 verletzten, vermissten und getöteten Menschen;
über 1,9 Mio. Vertriebenen und zur vollständigen Zerstörung des Gazastreifens
geführt. Die auf den Angriff der Hamas auf Israel am 07.10.2023 folgende
Militäroffensive, die die israelische Regierung als „Selbstverteidigung“
deklarierte, ist in dem Ausmaß der Zerstörung in dieser kurzen Zeit einzigartig
und so massiv, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) mit Beschluss vom
26.01.20241 die Gewaltakte der IOF als „plausible Akte des Völkermords“
einstufte und
vorläufige
Maßnahmen gegen Israel zur Abwendung des sich bereits zu diesem Zeitpunkt abzeichnenden
Völkermordes der israelischen Regierung an der palästinensischen
Zivilbevölkerung anordnete. Der IGH entschied u.a., dass humanitäre Hilfe für
die hungernde Bevölkerung in Gaza ermöglicht werden müsse, sowie, dass
Anstachelung zum Völkermord unterbunden und bestraft werden muss. Das Argument,
die Hamas würde Zivilistinnen als menschliche Schutzschilde einsetzen,
rechtfertige nicht den Einsatz dieser exzessiven Gewalt. Dieser Auffassung
schlossen sich 15 von 16 IGH-Richterinnen an, darunter auch der
angesehene
israelische Richter Aharon Barak.
Die israelische
Regierung lässt seit Beginn ihrer Militäroffensive nahezu keine
lebensnotwendigen Lebensmittellieferungen in den Gazastreifen, begeht damit
Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verursacht gezielt den Hungertod von hunderttausenden im Gazastreifen festgehaltenen Palästinenserinnen. Israel benutzt den Hunger gezielt als Kriegswaffe! Bereits am 10.
Oktober 2023 bezeichnete Human Rights Watch daher den
Gaza-Streifen als eine humanitäre Katastrophe. 70 % der getöteten Palästinenserinnen sind Frauen und Kinder, was UNICEF daher am 19.01.2024 als einen
„israelischen Krieg gegen Kinder“ bezeichnete. Es sind zu viele dokumentierte
Kriegsverbrechen seitens der israelischen Soldatinnen als das wir sie alle
aufzählen könnten: sexualisierte Gewalt gegen palästinensische Frauen und
Mädchen, Folter an Gefangenen, Phosphorbomben, die gezielte Zerstörung ziviler
und humanitärer Einrichtungen sowie die gezielte Tötung von Mitarbeitenden von
Hilfsorganisationen, Gesundheitspersonal und Journalistinnen etc. Allein in den
ersten drei Monaten der Offensive im Gazastreifen hat Israel mehr als 45.000
Bomben eingesetzt. Dies entspricht vom Gewicht und der Zerstörung her mehr als
drei nuklearen Bomben, die über Hiroshima von den USA abgeworfen wurden. Der
Gazastreifen ist ein abgeriegeltes Territorium, aus dem niemand heraus oder hinein gelangt ohne die Erlaubnis der israelischen
Regierung. Das israelische Ziel war daher von vornherein klar: Die absolute
Zerstörung des Gazastreifens mit so vielen zivilen Opfern wie möglich. Die
ranghöchsten israelischen Amtsträger haben ihre Ankündigungen der ersten Tage
nach dem 7. Oktober 2023 innerhalb der letzten knapp sechs Monate in die Tat
umgesetzt:
Befeuert von
diesen menschenverachtenden Aussagen begehen israelische Soldat*innen
tagtäglich Kriegsverbrechen ungeheuerlichen Ausmaßes, die gefilmt und online
von diesen geteilt werden, auch weil sie keinerlei Sanktionierung zu befürchten
haben. James Elder, UNICEF-Sprecher, sagte am 22.03.2024: „Die Tiefe des Grauens übersteigt unsere Fähigkeit,
es zu beschreiben (…) Es ist eine vollständige Vernichtung“.
Am 18.03.2024
meldete Reuters die Tötung von über 13.000 Kindern und über 31.000 getötete
Menschen insgesamt. Tausende werden vermisst und befinden sich noch immer unter
den Trümmern, aus denen
sie nicht
geborgen werden können und lebendig begraben sind.
Am 9. November
2023 bezeichnete der Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres den Gazastreifen als den „größten Friedhof für
Kinder“. Der hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borell, konstatierte am 18.03.2024, dass „der Gazastreifen
vor dem 7. Oktober 2023 das größte Freiluftgefängnis der Welt war, seit dem 7.
Oktober 2023 ist es der größte Freiluftfriedhof der Welt.“
Die Verbrechen
des israelischen Militärs erstrecken sich auch ungestraft über den Gazastreifen
hinaus. Im Westjordanland wurden seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 350
Palästinenserinnen
getötet und mehr als 5.000 Palästinenserinnen gefangen genommen. Damit war 2023 das tödlichste
Jahr für Palästinenserinnen im Westjordanland seit dem Jahr 1948, der
Staatsgründung Israels, bei der 750.000 Palästinenserinnen aus ihren
Häusern vertrieben wurden und etwa 15.000 Palästinenserinnen getötet wurden. Vor dem 7.
Oktober 2023 wurden allein im Jahr 2023 mehr als 300 Palästinenserinnen, über 150
davon Kinder, durch die israelische Armee getötet. All diese Verbrechen
geschehen in einem rechtsfreien Raum, ohne dass Israel Sanktionen zu befürchten
hätte. Das ist kein demokratisches Handeln innerhalb eines funktionalen
Rechtsstaates. Israel ist ein Apartheidsstaat, das der
israelischen Bevölkerung Demokratie gewährt, während die nach internationalem
Recht illegal besetzte palästinensische Bevölkerung systematisch und
strukturell entrechtet wird. Die israelische Regierung hat weder den Beweis
angetreten, dass sie die Bestimmungen aus dem Beschluss des IGH vom 26.01.2024
umgesetzt hat, noch ist sie der kürzlich verabschiedeten Resolution des
VN-Sicherheitsrates vom 25.03.2024 mit Anordnung zu einem sofortigen
Waffenstillstand
nachgekommen.
Die
vorsätzliche Missachtung internationalen Völkerrechts durch Israel erfolgte
sogar mit Ansage durch dessen Premierminister Benjamin Netanjahu, der am
14.01.2024 verkündete:
„Niemand wird
uns aufhalten – nicht Den Haag, nicht die Achse des Bösen und auch sonst
niemand“. Trotz dieser Absichtserklärungen liefert die Bundesregierung
weiterhin Kriegswaffen nach Israel und verletzt damit eigene Vergaberichtlinien
und verstößt eklatant gegen internationales Völkerrecht. Der 7. Oktober 2023
wird als isoliertes Ereignis gesehen und daraus ein Selbstverteidigungsrecht
Israels abgeleitet, ohne die über 75 Jahre andauernde israelische Besatzung,
Ausbeutung und Unterdrückung der palästinensischen Zivilbevölkerung anzuerkennen
und zu kontextualisieren.
Unsere Pflicht,
der völkerrechtswidrigen Politik der Bundesregierung entschieden zu
widersprechen, leitet sich nicht zuletzt auch aus § 60 Bundesbeamtengesetz in
Verbindung mit Art. 25 GG sowie der Konvention über die Verhütung und
Bestrafung des Völkermordes und der Eilrechtsschutzentscheidung des IGH vom
26.1.2024 ab. Wir beziehen uns mit diesem Schreiben auch auf die „Erklärung der
transatlantischen Beamtinnen zu Gaza: Es ist unsere Pflicht, uns zu äußern,
wenn die Politik unserer Regierungen falsch ist“, veröffentlicht am 2. Februar
2024. Mit dem Schlagwort der „Staatsräson“ wird ein vermeintlich juristischer
Begriff kreiert, der sich weder definieren lässt noch irgendwo gesetzlich oder
verfassungsrechtlich verankert ist. Dieser Begriff wird sodann zur
Rechtfertigung der eigenen Politik immer wieder herangezogen und hat damit die
bedingungslose Unterstützung eines Unrechtsstaates zur Folge. Insbesondere
muslimische Mitbürgerinnen werden von der Bundesregierung unter Generalverdacht
gestellt und gezwungen, sich zu Israel zu bekennen oder andernfalls zu Unrecht
als Antisemit*innen an den Pranger gestellt und mit dem Entzug ihrer
Grundrechte bedroht. Damit schürt die Bundesregierung Angst, anstatt den
Begriff der Staatsräson zu definieren und sich dem in Deutschland
festverankerten strukturellen antimuslimischen Rassismus und dem Antisemitismus
ernsthaft anzunehmen. Sinnbildlich für diese Einseitigkeit ist die Missachtung
des Bundeskanzlers der Trauer der in Deutschland lebenden
palästinensischen
Angehörigen. Öffentliche Beileidsbekundungen gab es von ihm nur für
israelische
Angehörige.
Mit Blick auf
die historische Verantwortung Deutschlands im Zusammenhang mit mehreren von
Deutschland in der jüngeren Geschichte begangenen Genoziden sehen wir es daher
als Pflicht der Bundesregierung, hier ihrer historischen Verantwortung
nachzukommen und ihre völkerrechtswidrige und einseitige Unterstützung Israels
unverzüglich zu beenden und die Reputation Deutschlands, die hierdurch
empfindlich Schaden davon getragen hat, wenigstens
teilweise wiederherzustellen. „Nie wieder“ ist JETZT und deshalb fordern wir
die Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen unverzüglich einzuleiten bzw. aktiv
zu unterstützen:
Bedauerlicherweise
werden Stimmen, die das völkerrechtswidrige und menschenverachtende Vorgehen
der israelischen Regierung kritisieren, durch die Bundesregierung systematisch
ruhiggestellt und Kritiker*innen werden marginalisiert und kriminalisiert (z.B.
Berlinale 202413, wöchentliche Demonstrationen, Soziale Medien, etc.). Auch wir
befürchten im Zusammenhang mit unserer Meinungsäußerung eine Kriminalisierung
und Pönalisierung, weshalb wir die Namen der Unterzeichnenden bewusst nicht
offenlegen. Es ist verstörend und eine äußerst besorgniserregende Entwicklung,
dass die vom Grundgesetz geschützte Meinungsäußerungsfreiheit in Deutschland im
Jahr 2023 und 2024 so sehr eingeschränkt ist, dass wir uns zu diesem Schritt
veranlasst sehen.
Berlin, im
April 2024
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Friedliche
Grüße!
Helene+Ansgar Klein
Rosengarten
11, 52146 Würselen, Tel.: 02405 72112
'Aachener
für eine menschliche Zukunft' < www.ac-frieden.de >
Aachener
Bürgerinitiative "Gute Nachbarschaft mit Russland"
Kampagne: NATO raus - raus aus der
NATO < www.NATOraus.de >
Freidenker-Netzwerk
'Demokratischer Widerstand'
Neuer Krefelder
Appell - Den Kriegstreibern in den Arm fallen (https://peaceappeal21.de)
"Denn ist es erst einmal ein Verbrechen, die Wahrheit zu sagen,
während die Mächtigen Straflosigkeit genießen, wird es zu spät sein, den Kurs
zu korrigieren. Wir werden unsere Stimme der Zensur und unser Schicksal der
ungezügelten Tyrannei überlassen haben." Nils Melzer,
UNO-Sonderberichterstatter über Folter, in einem Artikel zum 'Fall' Julian Assange
"Unsichtbar macht sich die Dummheit, indem sie sehr große Ausmaße
annimmt." Bert Brecht
"Falls Freiheit überhaupt irgend etwas
bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie
nicht hören wollen." George Orwell
"Wer jetzt nicht auf die Beine kommt, könnte bald in die Knie
gezwungen werden." Milosz Matuschek
"Man
darf nicht nur dagegen sein, man muss etwas tun." Sophie Scholl
PS:
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