Volksrepublik entflechtet Oligopole - Westen
fürchtet um Milliardäre
von Wolfram Elsner
Die westlichen Kapitalmedien machen sich seit
Ende letzten Jahres ernste Sorgen um das chinesische Kapital und die
chinesischen Milliardäre. So diagnostiziert McKinsey seit Längerem in seinen
Asien-Reports, dass die Kapitalrendite der chinesischen Konzerne, staatlicher
wie privater, dauerhaft unter Weltdurchschnitt liegt. Hoppla, wie schafft China
es denn, die Kapitalrendite zu begrenzen und vom „Weltmarkt“ abzukoppeln?
Nun, das Kapital hat in der Volksrepublik beizutragen zur nationalen und
Infrastrukturentwicklung. Das kostet und wirft kurzfristig keine Profite ab.
Nun aber kam es noch schlimmer: Da wurde letzten November von den chinesischen
Wettbewerbs- und Finanzbehörden einer der voraussichtlich größten Börsengänge
kurzfristig abgesagt: Die Ant Group, die
Finanztochter des IT-Konzerns Alibaba, sollte an den
Börsen von Shanghai, Shenzhen und Hongkong etwa 37
Milliarden US-Dollar einsammeln. Große Enttäuschung beim westlichen Kapital,
das sich hier massiv engagieren wollte. Die Börsenwerte von Ant
Group, Alibaba und anderen brachen nach der Absage
vorübergehend um 20 bis 30 Prozent ein.
Was war passiert? Die Ant Group hatte im Pandemiejahr
2020 geglaubt, besonders clever zu sein und den chinesischen Privathaushalten
trickreich schnelle, einfache Konsumkredite zur Verfügung zu stellen. Am Ende
waren es etwa 330 Milliarden Dollar für rund 300 Millionen Haushalte. Bis sich
herausstellte, dass es sich um Knebelverträge zulasten der Haushalte und um
Vermittlungen zulasten der regulären Banken handelte. Die hatten die Risiken zu
tragen, während die Ant Group nur 2 Prozent ihres
Kapitals hinterlegte. Mehrere Warnungen der Behörden wurden ignoriert.
Schließlich wurden die Führung der Gruppe und Alibaba-Gründer
Jack Ma vorgeladen. Die Hausaufgaben, die ihnen aufgetragen wurden, waren
umfangreich. Während die westlichen Medien damit beschäftigt waren, auf die
übliche dümmliche Art zu spekulieren, wo Jack Ma ist, „verschwunden, im
Gefängnis, verschleppt, oder gar tot?“, hatten Ma und Kollegen die
Kreditverträge zugunsten der Haushalte umzuschreiben, musste die Ant Group sich zu einer regulären und selbstständigen Bank
umstrukturieren – nun legalisiert, registriert, aber auch reguliert –
und mit eigenem Risiko ins reguläre Geschäft gehen. Nach Hausaufgabenerledigung
tauchte Ma ganz normal wieder auf – und verkündete weitere Unterstützung
für öffentliche Entwicklungsinitiativen.
Damit begann aber erst das große Aufräumen gegen die chinesischen IT-Oligopole:
Die 37 größten wurden vorgeladen.
Verträge zulasten der Haushalte waren nun
umzustrukturieren, ihre exklusiven Plattformen untereinander zu öffnen und
„interoperabel“ zu machen, Kopplungen von Verkaufsplattformen (etwa Alibabas Taobao) mit den eigenen
Bezahldiensten (etwa Alibabas Alipay)
aufzulösen, aber auch die Arbeitsbedingungen, etwa die der Kuriere von Meituan, zu verbessern und vieles mehr.
Da weht nun ein frischer antimonopolistischer,
konsumenten- und beschäftigtenfreundlicher Wind in China. Die Oligopole werden
einem echten, regulierten und überwachten Wettbewerb ausgesetzt.
Marktwirtschaft, wie sie sein könnte, und wie sie in einem Land auf dem Weg zu
einem Sozialismus der Zukunft konkret den Menschen nützt.
Im „Westen“ wäre Ähnliches undenkbar. Da war
mal was nach den Erfahrungen von Faschismus und Großkapital: Entflechtungen
fanden statt und haben kurzfristig die Machtverhältnisse geändert – und
ganz nebenbei längerfristig die Produktivität erhöht. Solche Erfahrungen sind
hier und heute tabu.
Die chinesischen Behörden haben dem Großkapital noch einmal deutlich gemacht,
wie die Machtverhältnisse in China sind.
Alle IT-Oligopole machen nun ihre Hausaufgaben.
Tencent und andere bauen nun auch die Sicherungen
gegen die Gefahren der Spielsucht chinesischer Jugendlicher in ihre
Spielesoftware ein, sie alle tragen die neue Linie der verstärkten
Rückverteilung und des „inklusiven Wohlstands“ für alle mit.
Wen wundert es da, dass die Chinesinnen und
Chinesen laut US-„Glückserhebungen“ inzwischen
international mit die glücklichste Bevölkerung sind und dass laut Studien von
US-Universitäten das Vertrauensniveau in der Volksrepublik – unter den
Menschen, gegenüber der Regierung und auch der KP Chinas – im
internationalen Vergleich mit das höchste ist.
Und Alibaba & Co.
werden am Ende an den Börsen wertvoller sein als zuvor.
https://www.unsere-zeit.de/westen-fuerchtet-um-milliardaere-161687/
15.10.2021