Chile
Taubheit der chilenischen Regierung und politisches
Problem des Landes
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait, Juristin und Diplomatin a.D. vom 25.1.20
Strafanzeige gegen Sebastián Piñera wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Die Zustimmung zum amtierenden Präsidenten Chiles
Sebastián Piñera ist laut einer kürzlich
durchgeführten CEP-Umfrage (TVN, 16.1.20 und CNN-Chile, 17.1.20) auf ein
historisches Tief von 6% gesunken. In der Zwischenzeit reichte der
parlamentarische Parteienzusammenschluss der Opposition „Frente
Amplio“ eine zweite Strafanzeige gegen Sebastián Piñera wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein
(15.1.20). Die erste wurde vom Senator der Region Bío-Bío,
Alejandro Navarro Brain, wegen Menschenrechtsverletzungen eingereicht und am
Dienstag, den 17. Dezember 2019, vom 7. Garantie-Gericht zugelassen.
Amtierender Präsident mit 94% Ablehnung
Als das vorhergehende Regierungsoberhaupt, Michelle Bachelet, in einer CEP-Umfrage 17% Zustimmung der Bürger
erhielt, wurde sie von der Rechten ständig angegriffen und sogar zum Rücktritt
aufgefordert. Heute zeigt der rechte Flügel die inakzeptable Inkongruenz, Ruhe
zu fordern, anstatt den Rücktritt des amtierenden Präsidenten, der sich sogar
nur auf 6% Zustimmung berufen kann, aber bei 94% der Bürger auf Ablehnung
stößt. Dies ist das politische Problem, mit dem das Land konfrontiert ist. „Die
Zeit läuft ab, und Piñera weiß das", sagt
PPD-Präsident Heraldo Muñoz
(PPD = Partei für die Demokratie). "Die soziale Explosion ist eine
Rebellion der Mittelschichten, die durch die Angst vor schweren Krankheiten und
dem Alter hervorgerufen wurde, aufgrund eines Gesundheitssystems, das Ausgaben
bedeutet, die nicht gedeckt werden können, wenn man auf private
Gesundheitsfürsorge zurückgreifen muss, und unwürdige Renten, die den
Mittelstand wieder in eine Situation der Armut bringen können. Bislang wurden
diese Befürchtungen von der Regierung nicht ausgeräumt.“
Taubheit der Regierung
Senatorin Adriana Muñoz D'Albora (PPD) und Kandidatin zur Präsidentin des Senat im kommenden März sagte sinngemäß der Menschenrechtskommission:
<Wir haben in der letzten Sitzung die chemische Zusammensetzung des Wassers
aus eingesetzten polizeilichen Wasserwerfern analysiert. Es ist voller
Chemikalien, die für die Haut und die Gesundheit schädlich sind. Die Carabineros verfügen also über eine Reihe von Mitteln, die
nicht dazu dienen, von Demonstrationen abzuschrecken, sondern die Demonstranten
wirklich zu liquidieren. Es gibt Verfahrensanweisungen, die vor kurzem in
diesem Jahr herausgegeben wurden, die die Polizei und Carabineros
einfach unbeachtet lassen genauso wie ihre Führung den Präsidenten und den
Innenminister ignorieren. Es sind diese Leute, die Führung von Polizei und Carabineros, die diese Repressionsstrategien und sehr
schweren Menschenrechtsverletzungen praktizieren ließen. Hinsichtlich der
Menschenrechte ist die Lage dramatisch, und es gibt eine Inkonsequenz seitens
der Carabineros und der Regierung, die den sozialen
Protest weiterhin kriminalisieren, ihn weiterhin stark unterdrücken, mit
schlimmen Ergebnissen für unser Land.
Die Regierung stellt sich taub hinsichtlich der
Notwendigkeit, eine Sozialagenda umzusetzen, einen neuen Sozialpakt zu
schaffen, wie es die Bürger fordern. Es gibt keine Maßnahme, die die
Geschäftswelt berührt, es gibt überhaupt keine Maßnahmen, die darauf abzielen,
die Veränderungen zu verwirklichen, die Chile heute auf der Straße fordert. Es
gibt eine Taubheit in Bezug auf die Menschenrechte, auf die Sozialagenda, eine
Taubheit, die auf Regierungsebene wirklich unverständlich und inakzeptabel ist.
Sie verteidigen das Modell mit Zähnen und Klauen.
Der Präsident ohne jedes Bewusstsein und ohne
Sensibilität
Der Präsident hat kein Bewusstsein dafür, was in dem
Land geschieht und keine Sensibilität für die Forderungen der Menschen. Er
stellt sich taub, weil es ihm passt, er muss sein Modell verteidigen und der
rechte Flügel verteidigt ihn im Parlament.
Er ist ein Präsident, der nicht mit dem Land verbunden
ist, sondern mit der Finanzsphäre, mit der wirtschaftlichen Elite des Landes,
die diejenigen sind, die sich aufrütteln müssen, damit in diesem Land
Gerechtigkeit herrscht und wir vorwärts kommen und
Ungleichheit und Missbrauch hinter uns lassen können.
Sebastián Piñera hat die
Theorie des unsichtbaren Feindes geschaffen, den niemand sieht, er hat den sozialen
Protest verzerrt, indem er ihn mit Vandalismus und Plünderung gleichsetzt. Er
hat ständig versucht, den legitimen Protest mit Vandalismus zu verwechseln,
indem er ihn in eine Agenda der öffentlichen Ordnung verwandelt hat, in der
alle Verbrechen der Kapuzenfahrer, die im Strafgesetzbuch typifisiert
sind, enthalten sind, und so ein Land zu malen, das nicht existiert. In der
Tat, wo ist der Krieg, was ist der mächtige Feind der Hochtechnologie; das
konnte er bis jetzt nicht klären. Es gibt niemanden, der diese Charaktere, die
er in den Medien zu installieren versucht, darstellen kann.
Totale Inkompetenz des Präsidenten
Piñera ist
völlig inkompetent. Der Präsident kann nicht führen. Seine Vorschläge sind
Luftschläge, die die Radikalität und den Ernst der Probleme nicht treffen und
die in keinster Weise auf die Forderungen der Bürger
eingehen. Piñera bleibt bei dem herrschenden, völlig
diskriminierenden Modell, das Missbrauch erzeugt. Wir haben noch keinen
Präsidenten gesehen, der mit der Realität in Verbindung steht, die das Land am
18. Oktober bis heute massiv, mutig und entschlossen in den Mittelpunkt gerückt
hat. Ich sehe keine Führung des Präsidenten auf irgendeiner Ebene.
In Bezug auf die Menschenrechte sollte sich Piñera für das Geschehene entschuldigen. Er ist politisch
verantwortlich. Wie ist es möglich, dass in einem Rechtsstaat die Ordnungs- und
Sicherheitskräfte nicht der politischen Macht untergeordnet sind! Es ist
merkwürdig, dass in Bezug auf die Menschenrechte die Strategie der Repression
auf den Straßen hier das Sagen hat, dass der Generaldirektor der Carabineros mehr als der Präsident, mehr als der
Innenminister, das Sagen hat. Es gibt keine Führung irgendwelcher Art. Es
besteht ein effektives Machtvakuum. Dieses Machtvakuum hat alle Probleme mit Carabineros verursacht, die sich nicht an das Gesetz
halten. Sie hören nicht zu, weil es eine Rebellion der Carabineros
gibt. Sie schenken weder dem Präsidenten noch dem Innenminister Beachtung. Hier
führen wirklich die Carabineros mit einer Strategie der
brutalen Unterdrückung der Bürger.> (Senatorin Adriana Muñoz
D'Albora, Subtitel d. A.)
Völlig hohle und irreführende Reden
Weit davon entfernt, realistisch und
verantwortungsbewusst von seinem wachsenden Mangel an Glaubwürdigkeit und
Missbilligung auszugehen, verliert sich der Präsident in völlig hohlen und
irreführenden Reden, die ihn nicht nur lächerlich erscheinen lassen, sondern
auch die Wut und Unzufriedenheit der Chilenen weiter anfachen, wenn sie seine
unentschuldbare Sturheit, Taubheit und Blindheit sehen. Der Respekt vor der
höchsten Autorität des Landes ist verloren gegangen. Der Präsident hat dazu
Anlass gegeben, weil er sich weiterhin so verhält, als sei nichts geschehen,
und sein destruktives Regierungsprogramm fortsetzt, ohne auf die Forderungen
der Bürger zu reagieren. Piñera bewegt sich auf einem
anderen Planeten, und seine Angst lässt ihn etwas Unwahrscheinliches glauben
und sagen: "Das Schlimmste der Krise ist vorbei", während die Bürger
Ohnmacht und Frustration aufgrund seines Mangels an klaren, energischen und
sofortigen Antworten auf die Forderungen ansammeln, die seit dem 18. Oktober
letzten Jahres in massiven Märschen im ganzen Land zum Ausdruck gebracht
wurden. Seine Rede wird nicht mehr ernst genommen, und niemand will sie hören. Sie
hat ihre Ernsthaftigkeit und Relevanz verloren. Heute hat er auf nichts mehr
Einfluss. Der falsche Optimismus des Präsidenten wurde von seiner eigenen
Koalition und von der Opposition kritisiert. Senator Manuel José Ossandon (RN, Renovación Nacional, Regierungspartei) sagte: "Ich denke anders
als er (Piñera), das Schlimmste ist nicht nur die
Gewalt, die wir alle verurteilen und von der wir hoffen, dass sie verschwindet,
denn der Grund dieser sozialen Krise ist viel mehr als das. Das Schlimmste ist
immer noch in unserer Gesellschaft installiert, das Schlimmste ist immer noch
die Ungleichheit und der Mangel an Chancen. Das ist noch nicht vorbei.“
Glück mit Schulden verwechselt
Die soziale Explosion ist die Folge angestauten Unmuts
über die Jahrzehnte andauernder erniedrigender, missbräuchlicher
gesellschaftlicher Verhältnisse, die in der Regierungszeit von Pinochet
installiert wurden und mit denen sich alle nachfolgenden Regierungen mehr oder
weniger arrangierten. Der soziale Aufstand ist eine historische Forderung nach
besseren Lebensbedingungen und einer gerechten Verteilung des Reichtums. Es
wird jedoch nichts geschehen, bis Regierung und Opposition begreifen, dass das
andauernde praktizierte Gesellschaftsmodell korrigiert werden muss. Nach 30
Jahren des Duldens illegaler Missbräuche auf nationaler Ebene gibt es eine
gemeinsame Verantwortung aller Concertación-Parteien,
der vorhergehenden Regierungsparteien, die sich mit dieser missbräuchlichen
Praxis im Parlament arrangierten. Jenes andauernde Arrangement mit den
Verhältnissen aus der Pinochet-Zeit ist mit einer jungen Generation
zusammengebrochen, die ihre Eltern und Großeltern nicht mehr für immer
verschuldet sehen will, denn mit dem Glauben, dass die Mittelschicht durch
Schulden einen besseren Status und eine bessere Lebensqualität hätte, wird
Glück mit Schulden verwechselt.
Krise mit Strukturreformen überwinden
Chile ist in der Tat ein Land, das die Armut durch
Verschuldung versteckt und damit ein System der Ausbeutung aufrechterhält. Wenn
vor dem 18. Oktober geglaubt wurde, dass es dem Land gut geht, war das eine
Lüge. Nun ist die Wahrheit klar geworden, dass es
Chile eindeutig schlecht geht. Heraldo Muñoz, Präsident der PPD: "Es scheint, dass der
Präsident in einer Parallelwelt lebt.“ Abgeordneter Gabriel Ascencio,
Vorsitzender der Fraktion der Christdemokraten im Abgeordnetenhaus: „Präsident Piñera liegt absolut falsch und ist sich der von ihm
geführten Missregierung nicht bewusst.“ Alvaro Elizalde,
Vorsitzender der Sozialistischen Partei: „Der Präsident fährt mit der
psychologischen Haltung der Verleugnung fort“. Der Präsident der
Christdemokraten, Fuad Chahin: "Ich finde die
Äußerungen des Präsidenten gefährlich, weil er glaubt, die Krise ohne
Strukturreformen überwinden zu können".