Bundeswehr- Israel
Kampfdrohnen d. Bundeswehr fliegen m. Raketen aus
Israel u.Verschlüsselung aus Deutschl.
Matthias Monroy am 21.8.2016
Airbus soll Hauptauftragnehmer für den
deutsch-israelischen Drohnen-Deal werden. Der Konzern verfügt dann über 13 alte
und neue Drohnen des Typs „Heron“ für die Bundeswehr. Ab Frühjahr 2019 wäre die
Bewaffnung garantiert. Nun klagt der konkurrierende US-Drohnenhersteller
General Atomics vor der Vergabekammer des Bundes.
Die deutschen bewaffneten Drohnen werden mit der
üblichen Munition des israelischen Herstellers ausgeliefert. Dies teilte die
Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mit. Demnach sollen die
„Heron TP“ jene Waffen tragen, die von Israel Aerospace Industries (IAI) für
die israelische Luftwaffe in das System integriert sind.
IAI produziert
beispielsweise lasergesteuerte Luft-Boden-Raketen in Eigenregie.
Bisher war unklar, ob die fünf anvisierten Drohnen Lenkbomben oder Raketen
europäischer Hersteller tragen. Laut der jetzigen Antwort war dies stets
ausgeschlossen, weshalb auch keine Marktsichtungen vorgenommen oder Studien
durchgeführt wurden.
Weiterführende Informationen zur Bewaffnung, deren
konkrete Ausgestaltung derzeit verhandelt wird, sind „ohne Ausnahme“ als geheim
eingestuft. Dies ist eine Bedingung der israelischen Regierung. In der Antwort
erklärt die Bundesregierung lediglich, dass der Hersteller eine Prognose zur
„risikoarmen Integration der Bewaffnung“ vorgelegt hat. Sowohl die Munition als
auch die Beförderung an Bord der „Heron TP“ in ihrer neuesten Version „Block 2“ birgt demnach ein niedriges technisches Risiko.
Viel mehr weiß die Bundeswehr angeblich nicht: Trotz
Nachfrage kann die Bundesregierung immer noch nicht angeben, über welche
Aufhängepunkte für welche Art von Waffen die „Heron TP“ überhaupt verfügt.
Gespräche mit „nationalen Anbietern der Kryptierung“
Beim Einbau von Verschlüsselungssystemen könnten
demgegenüber deutsche Hersteller zum Zuge kommen. Das Verteidigungsministerium
hat hierzu laut eigener Aussage Gespräche mit „nationalen Anbietern der
Kryptierung“ geführt. Im Rahmen einer zwischen Deutschland und Israel
abzuschließenden Vereinbarung soll die Regierung in Tel Aviv die benötigte
Infrastruktur besorgen.
Gründe für eine mögliche Bevorzugung deutscher
„Kryptierung“ nennt das Verteidigungsministerium nicht, sie liegen womöglich in
der „Operation Anarchist“: Das Magazin The Intercept machte vor zwei Jahren
bekannt, dass der britische Geheimdienst GCHQ mehrfach den Funkverkehr israelischer Drohnen abgehört und Videos
mitgeschnitten hatte, darunter auch bei mutmaßlich bewaffneten
Einsätzen.
Die vertrauenswürdige Verschlüsselung ist ein
wesentlicher Faktor der Kaufentscheidung für Drohnen. General Atomics, der
US-amerikanische Konkurrent im Rüstungswettlauf mit bewaffneten Drohnen, hat
sein Erfolgsmodell „Predator“ deshalb für den europäischen Markt mit einer verschlüsselten
und von der NATO zertifizierten Funkverbindung des deutschen Elektronikkonzerns
und Geheimdienstzulieferers Rohde & Schwarz ausgestattet.
Geplanter Vertragsschluss Anfang 2017
Neues gibt es auch zum Zeitplan der Beschaffung
deutscher Kampfdrohnen. Im Herbst sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein.
Hauptauftragnehmer ist die Rüstungssparte „Defence and Space“ des
Airbus-Konzerns, der die israelischen Drohnen in Deutschland vermarktet. Der
Vertragsschluss ist für Anfang 2017 geplant. Bis dahin müssen IAI und Airbus
allerdings noch einige Bedingungen erfüllen, etwa den Nachweis der Zulassungsfähigkeit.
Eine Regierungsvereinbarung zwischen Deutschland und
Israel soll dann im Bendler-Block in Berlin unterzeichnet werden.
Genau zwei Jahre nach Vertragsschluss, also Anfang
2019, sollen die ersten beiden „Heron TP“ ausgeliefert werden. Sie tragen
elektro-optische Sensoren im visuellen und infraroten Spektralbereich sowie
Radarsensoren für die Erkennung bewegter Ziele. Die nach derzeitigem Stand drei
weiteren Drohnen würden innerhalb von weiteren neun Monaten bereitgestellt.
Diese könnten dann mit Bomben und Raketen ausgerüstet sein, denn Airbus soll
„27 Monate nach Vertragsunterzeichnung“ für die Bewaffnungsfähigkeit
garantieren.
Auch Übungsflüge in Israel?
Die Drohnen werden nach ihrer Fertigstellung nicht
nach Deutschland überführt.
Das
Verteidigungsministerium bestätigt, dass sowohl die Stationierung als auch der
„Grundbetrieb“ der „Heron TP“ in Israel erfolgt. Auch die Ausbildung der
deutschen Besatzungen soll in Israel vorgenommen werden. Hierzu gehören
vermutlich auch regelmäßige Übungsflüge, die von den Drohnenpiloten zum Erhalt
ihrer Fluglizenz gefordert werden.
Von Israel aus würden die Drohnen in Einsatzgebiete
der Bundeswehr verlegt.
Die
„technisch-logistische Betreuung“ wird dabei ebenfalls von Airbus übernommen.
Der Konzern ist überdies zuständig für die Bereitstellung der Anlagen zur
Steuerung der Drohne sowie zur Datenübermittlung. Hierzu gehören breitbandige
Satellitenverbindungen, mobile Relaisstationen sowie Bodenstationen zur
Auswertung der Daten. Offen ist, ob bei Einsätzen oder Übungsflügen auch
ortsfeste Relaisstationen in Israel genutzt werden.
Nach den neuen Plänen betreibt Airbus bald mindestens
13 Drohnen für die Bundeswehr.
Für den Einsatz in Afghanistan verfügt Airbus schon
jetzt über fünf Drohnen des Typs „Heron 1“, von denen zwei als Reserve
vorgehalten werden. Weitere drei Exemplare soll Airbus für den Einsatz in Mali
beschaffen.
Wie in Afghanistan ist Airbus in Mali für die
Ausstattung der Drohnen, Instandsetzungsmaßnahmen und die Schulung der Piloten
verantwortlich. Ob der Konzern die „Heron 1“ in Mali auch startet und landet,
ist nicht berichtet. Auf dem afghanischen Flugplatz Masar-e Scharif übernimmt
die Bundeswehr das Cockpit von den Airbus-Technikern erst in einer Höhe von
1.000 Fuß.
Konkurrent klagt bei Vergabekammer des Bundes
Die genauen Gesamtkosten für die fünf Drohnen nebst
erforderlichen Anlagen am Boden sind noch unbekannt, bislang ist die Rede von
600 Millionen Euro. Trotz der Auswahlentscheidung für die „Heron TP“ hat Airbus
noch kein verbindliches Angebot vorgelegt, die Bundeswehr konnte deshalb noch
keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vornehmen.
Das Verfahren wird insbesondere von der Luftwaffe heftig kritisiert. Dort
wird die neue Version der US-amerikanischen „Predator“ bevorzugt.
Auch deren Hersteller General Atomics will sich mit
einer Vergabe ohne Ausschreibung nicht abfinden und lässt die Auswahlentscheidung für die „Heron TP“ deshalb vor der Vergabekammer des
Bundes überprüfen.
Die Auswahl der „Heron TP“ begründet das
Verteidigungsministerium mit einer „gesamtplanerischen Betrachtung“, wonach die
israelische Drohne unter anderem schneller verfügbar sei. Außerdem soll Airbus
befähigt werden, weitere Erfahrung in der Entwicklung und im Betrieb von
Drohnen zu sammeln. Der Konzern führt ein Konsortium von Firmen aus
Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, das bis 2025 eine bewaffnungsfähige
„Eurodrohne“ realisieren könnte. Dieses Jahr hat das Verteidigungsministerium
hierzu eine erste Vorstudie beauftragt.
Über den Autor/ die
Autorin
Wissensarbeiter, Aktivist und Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP. In Teilzeit Mitarbeiter des MdB Andrej Hunko. Publiziert in linken
Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien, bei Telepolis, Netzpolitik und in
Freien Radios. Alle Texte und Interviews unter digit.so36.net, auf englisch digit.site36.net, auf Twitter @matthimon. Viel zu selten auf der Straße (dafür im Internet)
gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus. Kein Anhänger von
Verschwörungstheorien jeglicher Couleur. Freut sich nicht über Kommentare von
AnhängerInnen der genannten Phänomene. Benutzt das (altmodische) Binnen-I trotz
Gepolter nervtötender Maskulisten.