Bundesrepublik und Afghanistan

In der „Aktuellen Stunde des Bundestages zum geordneten Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan“ am 23. Juni 2021 verkündete der deutsche Außenminister Heiko Maas:

– „Vor allem die Taliban müssen zur Kenntnis nehmen, dass es ein Zurück ins Jahr 2001 nicht geben wird.“
– „Menschenrechte sind heute in der afghanischen Verfassung fest verankert, und daran darf auch niemand rütteln.“
– „Frauen führen heute ein viel freieres Leben und bekleiden politische und auch öffentliche Ämter.“
– „Afghanistan verfügt über eigene Sicherheits- und Polizeikräfte, übrigens nicht zuletzt dank des großen Engagements im Rahmen unseres bilateralen Polizeiprojektes.“
– „Auch das wird bleiben von diesem Einsatz: das Bild eines Deutschlands, das sich seiner Verantwortung stellt, das sicherheitspolitisch erwachsen geworden ist, auch in Afghanistan.“

Taliban-Machtantritt resultiert aus Fehleinschätzung der USA und ihrer Verbündeten

Die aktuelle Lage in Afghanistan, wo die Taliban an die Macht gekommen sind, ist auf eine Fehleinschätzung der Aufklärungsdienste der USA, Großbritanniens und ihrer Nato-Verbündeten zurückzuführen. Das erklärte Nikolai Patruschew, der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, gegenüber der russischen Zeitung „Iswestija“.

„Teilweise ist es das Ergebnis der Inkompetenz der Geheimdienste der USA, Englands und anderer Nato-Staaten, die offenbar nicht gezielt genug an die Sammlung und Analyse von Informationen herangegangen sind oder mangelhaft damit gearbeitet haben“, so
Patruschew zum plötzlichen Machtwechsel in Afghanistan.

„Die Zuversicht der US-amerikanischen militärischen und politischen Leitung und ihrer Verbündeten, dass sie die Situation in Afghanistan völlig unter Kontrolle hatten, hat zum Nichtwissen und zur Unterschätzung der realen Lage geführt.“

Dabei werfen die USA laut seinen Worten den anderen alle Misserfolge und deren Konsequenzen vor: „Sie werfen das Geschehene
Aschraf Ghani (dem aus Kabul geflüchteten Staatschef Afghanistans – Anm. d. Red.) vor, den sie selbst an die Macht gebracht haben, und reden von der schwachen Vorbereitung der afghanischen Armee.“

Ferner verwies Patruschew darauf, dass die USA und die Länder Europas ihr Personal aus Afghanistan evakuierten, wobei sie einen Großteil der Afghanen im Stich ließen, die mit ihnen zusammenarbeiteten.
„Für Washingtoner Fehler bezahlen einfache Afghanen“, präzisierte er. Patruschew fügte hinzu, dass die Lage in Afghanistan im Blickfeld des Sicherheitsrates liege und auf der Agenda der nächsten operativen Sitzung mit den ständigen Organisationsmitgliedern stehen werde. Im Rahmen dieser Sitzung sollen demnach „zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Stabilität in der Region“ behandelt werden.

US-Präsenz in Afghanistan
Im Hinblick auf den 20-jährigen Aufenthalt der Amerikaner in Afghanistan sagte Patruschew wie folgt:
„Während der Präsenz der amerikanischen Truppen hat sich die Zahl der Terroranschläge in Afghanistan um ein Vielfaches erhöht. Auf seinem Territorium fühlen sich Al-Qaida (auch Al-Kaida), IS (auch ,Islamischer Staat‘; Daesh), die Islamische Turkestan-Partei und andere Terrorgruppen frei, die das afghanische Territorium als Basis für die Erweiterung der Aktivitäten in zentralasiatische Länder, ins chinesische Xinjiang, in den Norden des Iran, in Richtung Indien betrachten, wobei sie in diesen Ländern ,schlafende Zellen‘ schaffen.“

Anstatt gegen den Drogenhandel gekämpft zu haben, hätten die USA in Afghanistan innerhalb von 20 Jahren ein Projekt zur Bildung eines globalen Drogenlabors umgesetzt.
„Die Produktion von Opiaten ist um mehr als das 40-Fache gestiegen“, so Patruschew.
Die USA, die große Geldsummen für die Versorgung ihrer Truppen ausgegeben hätten, hätten dabei keine Objekte der sozialen Infrastruktur und Zivilunternehmen errichtet.

Distanzschläge der Nato gegen Terroristen?
Patruschew äußerte sich zu den jüngsten
Aussagen des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg, wonach die Allianz die Möglichkeit von Schlägen aus der Distanz gegen internationale Terrorgruppen nicht ausschließen würde.
„Die Angriffe werden verübt, man wird spritzig Rede und Antwort vor der Weltgemeinschaft stehen; aber getroffen werden dadurch erneut die afghanischen Zivilisten.“

In den letzten 20 Jahren sollen Patruschew zufolge mehr als 40.000 Zivilisten ums Leben gekommen sein, ohne Berücksichtigung von Zehntausenden getöteten Kämpfern der Regierungskräfte.
„Das ist das Ergebnis der US-Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder“, betonte er.

 Quelle : https://snanews.de/20210819/taliban-machtantritt-fehleinschaetzung-usa-patruschew-3282818.html19.8.2021


Im Interview mit dem US-amerikanischen Nachrichtensender ABC sprach US-Präsident Joe Biden über den katastrophalen Verlauf des Abzugs der US-Streitkräfte aus Afghanistan. Biden unterschätzte erheblich die Geschwindigkeit, mit der die Taliban das Land zurückerobern würden.
Hier :
https://de.rt.com/nordamerika/122729-biden-spielt-fragen-zu-abgestuerzten-afghanen-herunter/