Überwachungsstaat
„Totalüberwachung unseres Privatlebens“ – Wagenknecht
über Google, Microsoft und Corona-App
von Marcel Joppa
Mit einer
Corona-App sollen bald Kontakte von Infizierten nachvollzogen werden. Welche
Daten dafür gespeichert werden, ist unklar. Die Linkepolitikerin Sahra
Wagenknecht sieht schon jetzt eine „Totalüberwachung unseres Privatlebens“
durch die Digitalkonzerne Amazon, Google, Apple, Microsoft und Facebook – und ihre Kooperation mit US-Geheimdiensten.
In Zeiten
von Corona greifen im Homeoffice immer mehr Menschen auf Video-Konferenzen
zurück. Auch Schüler am heimischen Computer benutzen die Software, um mit Lehrern
und Mitschülern Unterrichtsmaterial auszutauschen. Nebenher läuft die
Entwicklung einer Corona-App, die – wenn sie denn erscheint – allen kostenlos
zur Verfügung gestellt werden soll. Doch hinter all dem stehen gigantische
US-Digitalkonzerne, die ihre Daten mit US-Geheimdiensten teilen. Daran erinnert
auch die Linkepolitikerin Sahra Wagenknecht in ihrer wöchentlichen
YouTube-Rubrik „Bessere Zeiten – Wagenknechts Wochenschau“.
Deine Daten
in fremder Hand…
Mit einer
Smartphone-App sollen nach dem Wunsch der Bundesregierung ab nächstem Monat die
Kontakte von Corona-Infizierten nachvollzogen werden. Welche Daten dafür
gespeichert werden und wo – darüber wurde in den vergangenen Wochen viel
diskutiert. Die Sorge um Datenschutz in Politik und Medien sei zwar berechtigt,
aber laut Wagenknecht nicht nur im Zusammenhang mit dieser App:
„Wer
behauptet, die Corona-App sei der Einstieg in die Totalüberwachung, hat nicht
verstanden, in welcher Welt wir leben. Wir haben doch längst die
Totalüberwachung unseres Privatlebens!“
Der
Datensammelwut und Macht der fünf großen Digitalkonzerne Amazon, Google, Apple,
Microsoft und Facebook würden seit Jahren keine Grenzen gesetzt, so die
Bundestagsabgeordnete: „Das ist ein erheblicher Grund zur Sorge. Es
ist ein Skandal, dass Europa diese Geschäftsmodelle weiterlaufen lässt und man
sich in Abhängigkeit begibt. Man versucht noch nicht einmal, eine eigenständige
digitale Infrastruktur aufzubauen.“
Dein Leben
ist transparent…
Hauptsitz
der meisten US-Digitalkonzerne ist das Silicon Valley in Kalifornien.
Einst eine Außenstelle des Pentagons,
finanzierte der amerikanische Staat anfangs sogar in die Entwicklung dieser
Unternehmen. Heute hängen Google und Co. zwar nicht mehr direkt am Tropf der
Regierung, dennoch sind diese Konzerne darauf angewiesen, dass der Staat ihr
Geschäftsmodell nicht stört. Denn Eingriffe in die Privatsphäre sind eigentlich
auch laut US-Verfassung illegal. Wie sehr diese Einmischung in das Leben der
Nutzer funktioniert, wird anhand eines Zitats des ehemaligen CEO von Google,
Larry Page, schnell klar:
„Speicherplatz
ist billig, Kameras sind billig. Die Menschen werden enorme Datenmengen
generieren. Alles was du je gesehen, erfahren oder wovon du je gehört hast,
wird durchsuchbar werden. Dein ganzes Leben wird durchsuchbar.“ Doch im Gegenzug für die Tolerierung
dieses Geschäftsmodells lassen die Digitalkonzerne die US-Behörden an ihren
Erkenntnissen und Daten teilhaben. Wagenknecht nennt dies in ihrem
YouTube-Video „Überwaschungskapitalismus“.
CIA is watching you…
Auch all
das, was in den so genannten Clouds gespeichert wird, ist für die
US-Geheimdienste interessant. Eine der größten Clouds besitzt Amazon.
Im amerikanischen Gesetz „CLOUD Act“
von März 2018 wurde deshalb beschlossen, dass US-amerikanische Behörden das
Recht haben, automatisch Zugang zu sämtlichen Daten in den Clouds von
US-Unternehmen zu erlangen. Dazu müssen die Unternehmen nicht um Erlaubnis gefragt werden. Laut
Wagenknecht gilt das auch für Server von US-Unternehmen, die auf europäischem
Boden stehen: „Der Überwachungskapitalismus hat eine ganz enge Liaison mit
dem amerikanischen Staat. Und das ist bedenklich und gefährlich.“
Bei den
Daten gehe es nicht nur um Verhaltensmuster von Benutzern, sondern auch um
Verhaltensmanipulation. Facebook zum Beispiel brüste sich damit, wie sich bei
Veränderungen des News-Feeds auch das Verhalten der Nutzer verändere. Auch
entscheide ein Algorithmus darüber, was wir sehen, und nimmt damit auch
Einfluss auf die politische Meinungsbildung.
Ein großes
Geschäft…
Diese Macht
über eine Schlüsselinfrastruktur des 21. Jahrhunderts stellt laut Wagenknecht
ein großes Problem dar. Denn sie bringe Staaten in Anhängigkeiten: „Wenn
sich der gesamte Zugang zu mobilem Internet über zwei Anbieter vollzieht, die
komplett autonom entscheiden, dann heißt das, sie können nicht nur alle Daten
abgreifen, sondern sie können auch immer mehr Wirtschaftszeitungen auf ihre
eigenen Konten leiten.“
Wagenknecht plädiert deshalb für
eine eigene europäische digitale Infrastruktur, die nicht gewinnorientiert,
sondern gemeinnützig sei.
Die
Linkepolitikerin macht darauf aufmerksam, dass die SPD schon 2015 ein
Positionspapier veröffentlicht habe, in dem die Partei eine Diskussion über
eine öffentliche digitale Infrastruktur forderte. Passiert ist dann aber wenig.
Und es geht
weiter…
Währenddessen
nimmt die Macht der großen Internet-Konzerne weiter zu:
Die Grundlage der geplanten
Corona-App stammt von Google und Apple.
Dieser
technische Unterbau soll nun von Entwicklern hierzulande genutzt werden, um die
App maßgeschneidert für den deutschen Nutzer zu programmieren. Die Daten der
Nutzer sollen jedoch nicht bei großen Konzernen landen und zentral gespeichert
werden, so das Kanzleramt. Abschließend geklärt ist die Datensicherheit bislang
aber noch nicht.
https://de.sputniknews.com/deutschland/20200522327165671-wagenknecht-it-konzerne-cia/
22.5.2020