Bundesrepublik Sachsens
Ministerpräsident fordert bessere
Wirtschaftsbeziehungen
zu Russland
Scharfe Kritik an
Kretschmers Russland-Kurs durch Ischinger
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist nach
Russland gereist, um die Wirtschaftsbeziehugen mit dem Land wieder zu
intensivieren. Bei einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin lud er ihn nach
Dresden ein und sprach mit ihm über den Ukraine-Konflikt. Kein Verständnis für
diesen Kurs hat der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger.
Er kritisierte Sachsens Ministerpräsidenten scharf.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat den russischen Präsidenten
Wladimir Putin nach Dresden eingeladen. Ein Regierungssprecher erklärte, beide
Politiker hätten sich am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums in St.
Petersburg getroffen. Bei dem Gespräch sei es vor allem um die
Wirtschaftssanktionen gegen Russland und die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2
gegangen. Kretschmer habe auch die Ukraine-Krise angesprochen, sagte
Regierungssprecher Ralph Schreiber.
Kretschmer: Russland ist strategischer Partner
Kretschmer hatte schon im Vorfeld des Treffens für ein
Ende der Wirtschaftssanktionen und für bessere Beziehungen zu Russland geworben
und den Bau der Ostsee-Pipeline befürwortet. "Russland ist für Deutschland
ein strategischer Partner in Fragen der Wirtschaft und des
Technologietransfers", sagte er. Man müsse alles dafür tun, dass Russland
seine europäische Orientierung behält und sich nicht an Partnern wie China oder
Indien orientiert. Gerade für die ostdeutschen Länder mit ihren traditionellen
Verbindungen zu Russland seien die Sanktionen ein großes Problem.
Putin hat eine besondere Beziehung zu Sachsen. Vor dem Fall der Mauer arbeitete
er als Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB in Dresden. Hier kam auch
eine seiner Töchter zur Welt. Gern wird die Geschichte kolportiert, dass er im
Restaurant "Am Thor" Bier trank - nach Berichten von Zeugen
allerdings nur kleine Mengen. 2009 erhielt Putin den Orden des Dresdner
Semperopernballs. Drei Jahre zuvor unternahm er bei einem offiziellen Besuch in
Deutschland in Dresden spontan einen Spaziergang durch die Innenstadt und
mischte sich unters Volk. Kretschmer schenkte Putin bei dem Treffen in St.
Petersburg einen Bildband von Dresden und Radeberger Bier.
Sachsens Wirtschaft unterstützt den
Ministerpräsidenten
Unterstützung bekam Michael Kretschmer für sein
Vorgehen von der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft. "Mittelfristig
muss es unser Ziel sein, über Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen wieder zu
einer verlässlichen Partnerschaft mit Russland zu kommen. Dafür ist es aber
zwingend notwendig, dass sich die Bundeskanzlerin des Themas annimmt, es zur
'Chefsache' macht und der Dialog auf dieser Ebene fortgesetzt wird", sagte
Sprecherin Sandra Lange. Nach Angaben des Verbands war Russland einst ein
boomender Wachstumsmarkt für Sachsen. So verzeichneten die Exporte im Zeitraum
von 2010 bis 2013 einen Anstieg um 86 Prozent. Mit den Sanktionen brachen auch
die Exporte des Freistaats nach Russland ein. Hier musste die sächsische
Wirtschaft im Zeitraum von 2013 bis 2018 einen Rückgang um 60 Prozent
verkraften, während es in Deutschland insgesamt nur einen Rückgang von 32
Prozent gab.
Ischinger: Holen Sie sich Rat, sonst schaden Sie
deutschen Interessen
Kein Verständnis für die Forderungen des sächsischen
Ministerpräsidenten hat hingegen der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz,
Wolfgang Ischinger. Auf Twitter machte er seinem Ärger Luft und schrieb:
"Herr Ministerpräsident, haben Sie einen außenpolitischen Berater? Falls
ja, sofort feuern. Falls nein: das AA kann Ihnen sicher einen Fachmann
vermitteln. Sie brauchen guten Rat, der auch garnicht teuer ist. Sonst schaden
Sie sich selbst, und den dt außenpolitischen Interessen."
AKK: Kein Spielraum für Abschaffung der Sanktionen
Gegen ein Ende der Russlandsanktionen spricht sich
auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer aus. Als Reaktion auf die Forderung
von Michael Kretschmer sagte sie der "Bild am Sonntag": "Die
Wirtschaftssanktionen sind die Reaktion auf das völkerrechtswidrige Verhalten
der russischen Regierung auf der Krim und in der Ostukraine. Solange sich am
russischen Verhalten dort nichts ändert, gibt es auch keinen Spielraum für eine
Änderung in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit", so Kramp-Karrenbauer.